Lektüre März 2025

Meine Lektüre im März 2025 war von einem neuen Leserhythmus geprägt. Da bei mir immer wieder hochinteressante Sachbücher liegengeblieben sind, weil sich Romane vorgedrängt haben, die ich zum größten Teil besprechen möchte – LiteraturReich ist ja in erster Linie ein Literaturblog -, habe ich mir eine und später eine zweite Extra-Lesezeit eingerichtet. Seit Anfang März habe ich mir morgens zum Frühstück Reden von Thomas Mann aus dem Band Deutsche Hörer! vorgenommen und war sehr erstaunt darüber, wie leidenschaftlich und von tiefem Hass gegenüber dem Naziregime der mir doch eher als kühl und pedantisch erschienene Mann dort via BBC seit 1940 an die Deutschen appellierte. Sehr eindrückliche Lektüre, ich glaube ich habe noch nie so viele Markierungen verwendet.

Die zweite zusätzliche Lesezeit für die Lektüre habe ich mir schon seit Anfang 2025 abends vor dem Einschlafen geschaffen. Dort lag vorher die Podcast-Zeit, die besteht immer noch, aber erst nach der (meist leider recht kurzen) Zeit, die ich ausdrücklich Sachbüchern widme. Sind das auch jeden Abend nur 15 oder 20 Seiten, möchte ich die mittlerweile nicht missen, denn Sachbücher geben mir im Moment viel, wobei ich das Genre im März auf Essays, Kolumnen und sogar Anthologien erweitert habe.

 

Weiterlesen „Lektüre März 2025“

Anne Enright – Vogelkind

„The wren, the wren“ lautet der Originaltitel des neuen Romans Vogelkind der irischen Booker-Preisträgerin Anne Enright und ist auch der Titel eines Volkslieds über den kleinen, gesangsstarken Zaunkönig. „Vogelkind“, so nennt der Vater Phil seine Tochter Carmel. Und Vögel spielen eine sehr große Rolle, nicht nur hier in der Romanhandlung, sondern auch in den Naturgedichten von Phil McDaragh, der als einer der großen Dichter Irlands galt. Er ist ein fiktiver Charakter, aber Anne Enright streut immer wieder „seine“ Gedichte zwischen die einzelnen Kapitel, ergänzt durch altirische Lyrik.

Der versttorbene Phil McDaragh ist die große Leerstelle, um die das Buch und das Leben seiner zwei Protagonistinnen kreist. Da ist einmal seine Tochter Carmel, die den Verlust schon ihr ganzes Leben spürt, seitdem ihr Vater die Familie Knall auf Fall verlassen hat, um in den USA als gefeierter irischer Dichter zu residieren. Seine Frau Terry lag zu der Zeit geschwächt durch Krebserkrankung und Brustamputation danieder. In späteren Interviews formulierte er diese Episode in seinem Leben immer so: seine Frau sei krank geworden und und die Ehe habe das einfach nicht überlebt. Als wäre das eine ganz unvermeidbare Entwicklung gewesen. Wie die Familie durch sein Fortgehen zerbrochen ist und das Leben sowohl seiner Tochter als auch seiner nachgeborenen Enkelin dadurch bestimmt wurde, dem nähert sich Anne Enright sprachgewaltig, ironisch, überraschend.

Eine Leerstelle

Carmel war damals 12, ihrer älteren Schwester Imelda fiel die Pflege der erkrankten Mutter zu. Imelda blieb bis zum viel späterem Tod von Terry an diese gebunden, Carmel hingegen entwickelte sich zu einem unabhängigen, eigenständigen und pragmatischen Menschen. Zu Männern fasste sie allerdings nie viel Vertrauen, zog ihre Tochter Nell später allein groß. Carmel und Nell, die als Ich-Erzählerin Anfang 20 auftritt, erhalten abwechselnd eigene Kapitel, die auch durchaus unterschiedliche Perspektiven auf die Familie und die Welt enthalten.

„Wir gehen nicht durch die gleiche Straße wie der Mensch an unserer Seite. Wir können nicht mehr tun als ihm zu sagen, was wir sehen. Wir können auf Dinge zeigen und versuchen, sie zu benennen. Wenn wir es geschickt anstellen, erlebt unsere Begleitung die Welt auf eine neue Weise, und dann kommt es zu einer echten Begegnung.“

In den in der dritten Person gehaltenen Carmel-Kapiteln schauen wir in deren Kindheit und Jugend zurück. Ich-Erzählerin Nell arbeitet als Verfasserin von Social Media Posts für Travel-Influencer:innen und hat ihren Platz im Leben noch nicht richtig gefunden. Zu Felim entwickelt sie eine toxische Beziehung, zu ihrem nie gekannten, verstorbenen Großvater eine fast zärtliche Bindung. Phil McDaragh bekommt später im Roman unverhofft ein eigenes Kapitel, in dem er von seiner Kindheit erzählt. Anne Enright schafft für beide Protagonistinnen je eigene, stimmige Sprachen. Das ist auch sehr gut von Eva Bonné übersetzt worden. Vogelkind ist im typischem unsentimental-trocken-komischen Stil von Anne Enright verfasst. Klug und sprachlich sehr überzeugend. Dennoch konnte mich das Buch nicht ganz mitnehmen. Die Protagonist:innen blieben mir fremd und meistens unverständlich. Einen wirklichen Zugang zu ihnen konnte mir die Autorin leider nicht verschaffen.

 

Beitragsbild by Huhu Uet, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

___________________________________________________________________________________

Anne Enright - Vogelkind.

Anne Enright – Vogelkind
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Penguin 2025, Hardcover, 304 Seiten, € 24,00

 

 

 

 

 

 

 

 

Christine Wunnicke – Wachs

Historische Romane sind gern opulent, faktenreich, sinnlich und seitenstark. Es sei denn, sie stammen von Christine Wunnicke. Nicht dass ihre Romane dies alles – mit einer Ausnahme – nicht auch sind. Und doch sind die stets um ziemlich skurrile Gestalten und etwas abseitige Begebenheiten kreisenden Geschichten der 1966 geborenen Autorin ganz anders als man bei diesem Genre erwarten würde. Vor allem haben sie meist unter 200 Seiten. Und das ist auch bei dem neuesten Buch von Christine Wunnicke, Wachs betitelt und mit zunächst irritierendem, mit Zeichnungen von Passionsblumenblüten und einer Guillotine geschmücktem Cover im Berenberg Verlag erschien, nicht anders.

Wachs erzählt von zwei Frauen, die historisch verbürgt und sogar einigermaßen berühmt sind. Es handelt sich einmal um Marie Marguerite Bihéron, die von 1719 bis 1795 in Paris lebte und einer zu damaligen Zeiten gänzlich ungewöhnlichen Profession nachging. Einer für Frauen sehr ungewöhnlichen Betätigung. Zwar wurden schon seit der Antike Obduktionen durchgeführt, aber erst mit der Aufklärung und ihrem Drang nach Wissen und der damit verbundenen Lockerung religiöser Vorstellungen boomten diese Leichenöffnungen und waren öffentliche Lehrveranstaltungen an toten Körpern gern – auch von der Damenwelt – besuchte „Events“. Diese Obduktionen allerdings als Frau selbst durchzuführen, war eher außergewöhnlich. Und doch war Marie in dieser Disziplin eine Meisterin und die von ihr hergestellten Wachsmodelle von Organen oder ganzen Körpern genossen internationalen Ruhm. Und das eine oder andere Modell war als Ausstellungsstück auch in verschiedenen Königspalästen anzutreffen. Auch der Philosoph und Schriftsteller Denis Diderot war einer ihrer „Schüler“.

Christine Wunnicke lässt Wachs mit einer so eindrücklichen wie skurrilen Anekdote beginnen. Darin wird die erst dreizehnjährige Halbwaise Marie, Tochter des verstorbenen Apothekers, in einer Kaserne vorstellig und verlangt eine Leiche zu kaufen. Leichen gäbe es beim Militär, hat sie gehört. Und sie möchte nun gerne eine zum Sezieren. Es ist tatsächlich makaber zu hören, wie leicht interessierte Anatomen damals an Leichen kamen. Aber hier wird Marie nicht fündig. Nach dieser Episode springt der Roman ins Jahr 1793.

Revolutionäre Zeiten

Die französische Revolution ist da im vollen Gange und es beginnt die Terrorherrschaft der Guillotine. Auch die Königin, die ebenfalls im Besitz eines von Maries Modellen war, hat wie ihr Mann ihren Kopf bereits verloren. Marie selbst ist alt und gebrechlich und lebt mit ihrem Ziehenkel Edmé, der sie pflegt und versorgt, zusammen. Mit ihnen bekommen die Leser:innen einen tiefen, sinnlichen, manchmal auch drastischen Blick in das revolutionäre Paris präsentiert. Marie hängt den Erinnerungen an ihre wissenschaftlichen Jahre und ihre Bekanntschaft, Freundschaft, Liebe mit der Pflanzenmalerin Madeleine Basseporte nach.

Madeleine ist die zweite Protagonistin des Romans und 18 Jahre älter als Marie. Sie war offizielle Zeichnerin am Jardin du Roi (später Jardin des plantes) und sehr anerkannt. Sie korrespondierte mit dem berühmten Naturforscher Carl Linné. Inwiefern Marie und Madeleine tatsächlich ein Liebespaar waren, ist nicht bekannt. Die beiden Forscherinnen und Künstlerinnen lebten aber viele Jahre zusammen. Basseporte starb schon 1780, am Ende des Ancien Régimes.

Poetisch und klug, witzig und geistreich und immer sehr unterhaltsam erzählt Christine Wunnicke von diesen beiden Frauen in zehn kurzen Kapiteln, die immer wieder von der erzählten Zeit des Jahres 1793 zurückspringen in die Kindheits-, Jugend- und Frauenjahre von Marie. Sie benutzt für ihre Geschichte dieser Selbstermächtigung zweier unerschrockener Frauen einen unangestrengt leicht altertümlichen Ton. Ein kunstfertiges, sehr schön zu lesendes kleines Buch.

 

Beitragsbild: Syringa vulgaris by Françoise Basseporte (1701-1780), Public domain, via Wikimedia Commons

____________________________________________________________________________________


Christine Wunnicke - Wachs

.

Christine Wunnicke – Wachs
Berenberg Verlag 2025, 192 Seiten, Halbleinen, fadengeheftet, 134 Seiten

 

 

 

 

Jurica Pavičić – Mater dolorosa

Der kroatische Autor Jurica Pavičić überzeugte mich bereits mit seinem Roman Blut und Wasser, der ebenso wie der jüngst erschienene Mater dolorosa an der Grenze von Gesellschaftsroman und Krimi angesiedelt ist und einen genauen, kritischen Blick auf die moderne kroatische Gesellschaft wirft. Im neuen Werk steht wieder nicht das Verbrechen und der Täter im Mittelpunkt, auch geht es nicht in erster Linie um Ermittlungsarbeit und Aufklärung. Die Auswirkungen der Tat auf die Menschen, die direkt oder indirekt in das Geschehen involviert sind, und ihre soziokulturelle Umgebung, in der sie passierte, sind das, was den Autor interessiert.

Mater dolorosa

In Mater dolorosa ist das Opfer eine junge Frau, Tochter eines einflussreichen Mannes, die nach einer Clubnacht tot in einem verlassenen Fabrikgebäude gefunden wird. Weder die Tat selbst noch die Beweggründe des Täters, der den Leser:innen schon früh präsentiert wird, werden genau beschrieben. Drei Personen – der Kommissar Zvone, Mutter und Schwester des Täters – erhalten nacheinander die Perspektive. Die beiden letzteren, aber eigentlich auch der Polizeibeamte ahnen früh, wer der Mörder war. Während die Mutter ihren geliebten Sohn aber innerlich verteidigt, ihm dieses „Einflüstern des Teufels“ fast schon verzeiht und bemüht ist, die Indizien, die gegen ihn sprechen könnten, nicht nur zu beseitigen, sondern sogar, sie einem ins Fadenkreuz der Ermittlungen gelangten früheren Sexualstraftäter unterzuschieben, zweifelt die Schwester, ist hin und her gerissen zwischen Solidarität und liebevollen Erinnerungen an den kleinen Bruder auf der einen und Verantwortung und Abscheu vor der Tat auf der anderen Seite.

Der Täter selbst bekommt dagegen wenig Raum. Der Gewissenskonflikt der Familienmitglieder und das Dilemma des Ermittlers, der auch schon früh von der offiziell bevorzugten Theorie des rückfällig gewordenen Sexualstraftäters abkommt und den jungen Arbeits- und Antriebslosen verdächtigt, ihn aber mangels belastbarer Indizien nicht belangen kann – psychologisch überzeugend zeichnet Jurica Pavičić in Mater dolorosa ein spannendes Bild nicht nur der Figuren, sondern dahinter auch der kroatischen Gesellschaft. Wieder ein sehr überzeugender Roman von Jurica Pavičić, den ich allen Krimifreund:innen sehr ans Herz lege.

 

Gunnar von Kaliber.17 hat den Roman auch bereits gelesen

Beitragsbild CC0 via pxhere

___________________________________________________________________________________

Jurica Pavičić - Mater dolorosa.

Jurica Pavičić – Mater dolorosa
aus dem Kroatischen von Blanka Stipetic
Schruf & Stipetic Januar 2025, Klappenbroschur, 356 Seiten, EUR 16,90

 

 

 

 

Elisabeth Reichart – Komm über den See

Komm über den See von Elisabeth Reichart erschien bereits 1988, wurde 2001 neu aufgelegt und macht nun zum dritten Mal einen Anlauf, Leser:innen zu gewinnen – als Neuerscheinung im Salzburger Otto Müller Verlag. Erzählt wird die Geschichte von Ruth Berger, deren Mutter nach dem „Anschluss“ von Österreich Widerstand leistete und daran zerbrach.

„Vor jeder Erinnerung das Wissen: Alle Sätze in dieses Gestern können nur Brücken zu Inseln sein, was sie verbinden, es bleibt für immer getrennt.“

Ruth ist ein Kriegskind und ohne Vater aufgewachsen. Eine ihrer frühesten Erinnerungen ist, wie die Mutter auf offener Straße von Gestapomännern verhaftet wurde. „Lauf weg!“ rief sie ihrer kleinen Tochter zu und diese schlug sich tatsachlich bis in ihr einsames Zuhause durch. Verbrachte die Tage und die Bombennächte zusammen mit ihren Puppen im Keller und wartete auf die Rückkehr der Mutter. Erst lange nach dem Krieg erfuhr sie, was damals wirklich passierte. Die Mutter blieb traumatisiert, schwieg wie so viele ihrer Generation. Nicht nur die Gesellschaft, auch der Vater wandte sich von der von der Folter und Internierung im KZ gezeichneten Frau ab.

„´Mich ekelt vor dir` – der Ekel war zu hören, wie ihr Weinen zu hören war, ihr nächtelanges Weinen.“

Die Lehrerin

Nun lebt Ruth als Geschichts-und Englischlehrerin nicht mehr in Wien, da sie dort keine Stelle erhielt, sondern in Gmunden im Salzkammergut. Dorthin hatte ihre Mutter Beziehungen, zum Beispiel zu einer gewissen Anna Zach. Es stellt sich heraus, das beide Frauen im Widerstand aktiv waren und die Mutter irgendwann gezwungen wurde, Anna zu verraten. Vor ihren Schulklassen möchte sie Anna als Zeitzeugin befragen, aber der Direktor der Privatschule, an der sie eine befristete Stelle erhielt, will davon nichts wissen. Wie reaktionär und geschichtsvergessen die damalige österreichische Schul- und Politiklandschaft gewesen sein muss, ist erschreckend. Ruth wird als Frau und als engagierte, fortschrittliche Lehrerin gnadenlos geschuriegelt. Eine von alten Männern beherrschte Welt lässt ihr wenig Raum. Die österreichische Provinz hängt weiterhin faschistischem Gedankengut an, wovon auf die öffentlichen Medien, z.B. der ORF betroffen sei.

„(…) nehme sich eben der freie ORF die Freiheit, auf die Arbeit eines freien Redakteurs über den Umgang eines freiheitlichen Politikers mit der nationalsozialistischen Vergangenheitt freiwillig zu verzichten.“

Elisabeth Reichart arbeitet in Komm über den See mit Rückerinnerungen, Assoziationen und Träumen und zahlreichen literarischen Querverweisen, immer wieder auf Wolfgang Borcharts „Draußen vor der Tür“, auf Adalbert Stifter, auf Sarah Kirsch, von deren Gedicht „Anziehung“ der Titel stammt.

 

Anziehung

Nebel zieht auf, das Wetter schlägt um.
Der Mond versammelt Wolken im Kreis.
Das Eis auf dem See hat Risse und reibt
sich. Komm über den See.

 

Der Text macht es den Lesenden nicht leicht. Meine Lesehaltung schwankte stets von interessiert zu genervt zu fasziniert. Es ist einer der Texte, die man wohl ein zweites Mal lesen muss, um ihm nahe zu kommen. Ich hoffe, er findet diese Mal eine geneigte Leserschaft. Er hätte es verdient. Ist er doch teils so aktuell wie vor fast vierzg Jahren.

„Die Rechten breiten sich immer mehr und mehr aus. Soll alles wieder von vorne anfangen, nur in anderen Kleidern? Dass es diese Frauen gab, hier und überall, darauf kommt es doch an.“

 

_________________________________________________________________________________

Elisabeth Reichart - Komm über den See.

.

Elisabeth Reichart – Komm über den See
Otto-Müller-Verlag Februar 2025, 200 Seiten, kartonierter Pappband, € 25

 

 

 

 

Fernando Aramburu – Der Junge

Der alte Nicasio macht sich jeden Donnerstag auf den mühsamen Weg zum Friedhof von Ortuella, einer Kleinstadt unweit von Bilbao im Baskenland. Den Berg hinauf und zu den Grabnischen, in denen die Überreste der 50 Kinder ruhen, die am 23. Oktober 1980 bei einer Propangasexplosion in ihrer Schule ihr Leben verloren. 50 fünf- und sechsjährige Kinder, 50 Familien im Leid in der kleinen Stadt. Eine Tragödie, die ins kollektive Gedächtnis einging und die der baskische, in Deutschland lebende Autor Fernando Aramburu als Ausgangspunkt für seinen Roman Der Junge wählt.

Weiterlesen „Fernando Aramburu – Der Junge“

Arno Frank – Ginsterburg

Ginsterburg – eine ganz durchschnittliche (fiktive) Kleinstadt in Deutschland, mit einer romantischen Altstadt, einem Provinzschlösschen am Wasser, einer englischen Parkanlage und den typischen mittelständischen Fabriken. Eine deutsche Stadt, wie sie landauf, landab existierten und von denen viele während des Bombenkriegs in den Jahren 1940 bis 1945 zerstört wurden. Ginsterburg in den Jahren 1935, 1940 und 1945 und seine Bewohner:innen stehen im neuen, gleichnamigen Roman von Arno Frank im Mittelpunkt. Den Alltag im Nationalsozialismus, die Veränderung einer Gesellschaft unter einer menschenverachtenden Diktatur, die Schritte, die zum vollständigen, auch moralischen Zusammenbruch einer Nation der „Dichter und Denker“ führte, beleuchtet der Wiesbadener Autor in seinem genau recherchierten Roman. In der Villa Clementine erzählte er im Februar über den Entstehungsprozess. Weiterlesen „Arno Frank – Ginsterburg“

Anna Langfus – Gepäck aus Sand

Wie sehr es mich freut, wenn Romane von Autorinnen neu oder wiederentdeckt werden, die zu ihrer Entstehungszeit nicht ausreichend gewürdigt, verkannt oder erst gar nicht veröffentlicht wurden, habe ich schon oft geschrieben. Gerade in den letzten Jahren hat sich da sehr viel getan und so manche Perle wurde da entdeckt. Mit dem Roman Gepäck aus Sand der polnisch-französische Schriftstellerin Anna Langfus, der nun in neuer Übersetzung von Patricia Klobusiczky und edler Ausstattung in der Anderen Bibliothek erschienen ist, kann das deutschsprachige Lesepublikum nun erneut eine solche Perle entdecken. 1962 wurde der Roman in Frankreich mit dem Prix Goncourt geehrt. In Deutschland fand die Übersetzung wenig Beachtung. Es war wohl zu früh, man wollte nicht lesen, was Langfus zu erzählen hatte. Weiterlesen „Anna Langfus – Gepäck aus Sand“

Lektüre Februar 2025

 

Der zweite Monat im Jahr 2025 ist nun auch schon wieder Geschichte. Leider hat sich bei mir bezüglich meines Zeitmanagements auch noch nicht viel geändert. So gern ich wieder mehr Zeit für das Stöbern in anderen Blogs oder das sorgfältigere Bearbeiten meines Facebook-Accounts aufbringen würde – wie ich es zu Jahresanfang geplant hatte -, ich komme einfach nicht dazu. Das dringend nötige Redesign meines Blogs muss wohl auch noch eine Weile warten. Gelesen wird zumindest unvermindert weiter. Weswegen ich euch auch eine schöne Zusammenstellung meiner Lektüre im Februar 2025 präsentieren kann.

Weiterlesen „Lektüre Februar 2025“

Peter Kurzeck – Frankfurt Paris Frankfurt

Als Peter Kurzeck im November 2013 verstarb, war gerade mal der fünfte von geplanten zwölf Teilen seiner großen autobiografischen Romanreihe Das alte Jahrhundert im erschienen. Vorabend heißt der dicke Wälzer und Kurzeck stand damit 2011 auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Dieser über 1000seitige Roman erzählt in einer großen Rückblende vom mittelhessischen Staufenberg der 1950er und 60er Jahre, in dem die Familie Kurzeck nach ihrer Vertreibung aus dem Sudetenland wohnte. Ausgangspunkt für alle Bände sind stets die Jahre 1983 und 1984, kurz vor bzw. nach der Trennung von Freundin Sibylle, der Mutter seiner Tochter Carina. Von dort schweift die Erinnerung aber immer wieder auch nach Südfrankreich, wo Peter Kurzeck lange Zeit in Uzès lebte, und im jüngst erschienenen Band Frankfurt Paris Frankfurt in die französische Hauptstadt, wohin sie (u.a.) im Herbst 1977 reisten. Weiterlesen „Peter Kurzeck – Frankfurt Paris Frankfurt“