Giulio Cisco – Der Dank des Vaterlandes
„Wenn ihr nach Campòn kommt, schaut euch das Kriegerdenkmal an. Ihr geht vom Capitello della Salute hinauf zum Platz vor der Kirche, dann seht ihr es schon, auf der linken Seite, vor der Schule. Eine große Italia in Bronze mit einer Fahne in der rechten Hand. Mit ihre linken hält sie einen Lorbeerkranz über einen einfachen Soldaten mit nacktem Oberkörper. Auf dem Sockel stehen die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen Väter, auf dem Gedenkstein daneben die Namen der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Söhne. Lest. Ich bitte euch.“
So endet der 1988 erschienene Roman mit den Namen der neunzehn Jungen, deren Geburt 1921 im kleinen venetischen Dorf Campòn eine Sensation war.
Wie die meisten Bewohner sind sie allesamt irgendwie miteinander verwandt oder verschwägert, so tragen sie auch nur fünf verschiedene Familiennamen. Im Dörfchen geht es bescheiden, rustikal und recht handfest zu. Ein Hauch von Don Camillo und Peppone weht durch das Buch. Das ist zunächst recht vergnüglich zu lesen. Es sind einfache Handwerks- und Bauernjungen, die da heranwachsen, nur einer schafft den Sprung aufs Gymnasium.
Sie alle aber melden sich mehr oder weniger freiwillig im Juni 1940, als Italien an der Seite von Hitlerdeutschland in den Krieg eintritt. Kriegsbegeistert oder gar Faschist ist kaum einer von ihnen.
Was darauf folgt, wird mit einer unerbittlichen, oft bitterbösen Lakonie erzählt.
Egal wohin sie die Kriegshandlungen auch verschlagen haben, ob nach Afrika oder Russland, nach Sizilien, Neapel oder Albanien, der grausame, sinnlose „Heldentod“ erwischt sie überall. Selten wurde so eindrücklich, so ergreifend und gleichzeitig so ohne große Worte, so lapidar von den Grausamkeiten und der Absurdität des Krieges erzählt. Und die gnadenlose Zufälligkeit des Todes, die Aneinanderreihung seiner Spielarten zeigt umso deutlicher den Wert eines jeden Lebens.
Ich schließe mich an. „Lest. Ich bitte euch.“ Bücher wie Der Dank des Vaterlandes von Giulio Cisco kann es nicht genug geben, können nicht zu oft gelesen werden. Umso bedauerlicher, dass das Buch nur noch antiquarisch zu haben ist. Eine Neuauflage wäre unbedingt zu begrüßen.