The Hogarth Shakespeare Project
By John Taylor (Unknown) [Public domain], via Wikimedia Commons
2016 war erneut ein Shakespeare Jahr. 400 Jahre sind seit seinem Tod vergangen, seine Stücke sind aber so aktuell wie eh und je. Das zeigt ein Blick auf die Programme der großen und kleinen Theater landauf und landab. Zahlreiche Film- und Literaturadaptionen sind über die Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte immer wieder entstanden und haben den Menschen „ihren“ Shakespeare präsentiert.
Die Britisch-US amerikanische Hogarth Press hat den 400. Todestag zum Anlass genommen, eine originelle Reihe ins Leben zu rufen: The Hogarth Shakespeare Project. Namhafte Autoren wurden gebeten, Stücke des großen Dramatikers auszuwählen und neu zu erzählen. Dabei wurde ihnen frei gestellt, wie eng sie sich an die Vorlage halten wollten. Bisher haben acht Autoren zugesagt. Ihre Adaptionen werden in 28 Ländern erscheinen, in 21 Sprachen übersetzt werden. Ein interessantes, großes Projekt.
In Deutschland übernimmt der Knaus Verlag die Veröffentlichung der Werke.
Begonnen hat Jeanette Winterson mit ihrer Version des „Wintermärchens“ und Howard Jacobson mit der Neuerzählung des „Kaufmanns von Venedig“. Geplant ist bis in den Herbst 2018, wenn Gillian Flynns Version des „Hamlet“ erscheinen soll.
Auch schiefgelesen hat sich mit dem Hogarth Shakespeare Projekt beschäftigt. Hier findet ihr wunderbare und ausführliche Zusammenfassungen des Inhalts von Original und Nachdichtung!
Begonnen habe ich mit dem Beitrag einer meiner Lieblingsautorinnen, Ann Tyler. Vielleicht war die Erwartung zu groß, aber ganz überzeugen konnte mich ihre Fassung „Der widerspenstigen Zähmung“ leider nicht.
Ann Tyler – Die störrische Braut
Jeanette Wintersons „Cover-Version“ des „Wintermärchens“ hat mir mit ihrem spielerisch-engen Umgang mit dem Original sehr gut gefallen.
Jeanette Winterson – Der weite Raum der Zeit
Howard Jacobson beschäftigt sich in seiner Version des „Kaufmanns von Venedig“ sehr ernsthaft mit dem Thema des Jüdischseins in einer christlichen Gesellschaft.
Der vierte Beitrag ist die sehr amüsante Version vom „Sturm“, die Margret Atwood veröffentlichte. Man merkt der Autorin die Freude an, die sie beim Verfassen gehabt haben muss. Außerdem trägt der Band auch zum Verständnis des Originals bei.
Edward St. Aubyn – Dunbar und seine Töchter
Liebe Petra,
hat Shakespeare, gerade auch angesichts seiner anhaltenden, dramatischen Beliebtheit, solche Reanimationsvariationen nötig? Ich bin bei solchen literarischen Auftragswerken ziemlich skeptisch, das hat immer einen leicht parasitären Beigeschmack … indes als schreibkreative Übung mag dies nicht uninteressant sein.
Bereits Charles Lamp (1775 – 1834) schrieb gemeinsam mit seiner Schwester Mary Lamp (1764 – 1847) das schöne Büchlein „Tales of Shakespeare“ (auf Deutsch: „Shakespeare für Eilige“), in welchem zwanzig der besten Shakespeare-Stücke einfühlsam in Prosa nacherzählt werden, damit man einen schnellen Überblick über die Handlung und Stimmung des jeweiligen Stückes bekommen kann.
Das Buch ist beim Aufbau Verlag nach wie vor lieferbar:
http://www.aufbau-verlag.de/index.php/shakespeare-fur-eilige-2954.html
Original oder Adaption, das ist hier die Frage 😉
Bibliophile Grüße
Ulrike von Leselebenszeichen
Liebe Ulrike! Deine Skepsis ist absolut angebracht. Ich sehe allerdings in dem Projekt eine absolute Verbeugung vor der Kunst des großen Meisters und keinerlei parasitäre Einverleibung. Quasi ein Geburtstagsgeschenk. Die Bücher haben von Shakespeare lediglich die Idee und entwickeln daraus eine gänzlich eigene Geschichte. Das ist mal mehr und mal weniger gelungen. Ich finde sie aber gerade in ihrer Gesamtheit sehr spannend. Vor einigen Wochen sah ich in unserem Theater „The taming of the shrew“ in einer sehr eigenwilligen, aber wunderbaren Version einer kleinen englischen Theatertruppe, davor habe ich Anne Tylers Adaption des Stoffs gelesen und etwas länger davor das Stück in der Schlegel-Tieckschen Ausgabe kennengelernt. Den Merchant durfte ich sogar im Globe erleben. Gerade diese Mischung macht mir Spaß und zeigt mir die Aktualität Shakespeares. Das er eine Reanimation nötig hat, würde auch ich bestreiten. Er ist und bleibt aktuell. Das von dir empfohlene Büchlein werde ich mir merken. Denn manchmal braucht man doch eine kleine Gedankenstütze 😉 Ich grüße dich und wünsche wunderschöne Wochenendtage. Petra
Ich schließe nicht grundsätzlich aus, daß eine solche Verarbeitung Shakespeares ihm auch die Ehre geben kann. Und Deine genannten positiven Erfahrungen bestätigen diese Möglichkeit. 🙂
Solange es nicht zu solch hypersubjektiven Auswüchsen wie das sogenannte Regietheater führt. 😉
Das Büchlein „Shakespeare für Eilige“ ist wirklich eine nützliche und lesevergnügliche Gedankenstütze, um sich die Essenz shakespearscher Theaterstücke wieder ins Bewußtsein zu holen.
Ein heiteres Wochenende wünsche ich Dir.