Anna Kim hat mit „Die große Heimkehr“ ein großartiges Buch vorgelegt, das sich mit der Geschichte Koreas, mit Schwerpunkt auf die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1962, beschäftigt, am Mittwoch 05.04.2017 war sie im Kabinett im Literaturhaus Frankfurt zu Gast.
Moderatorin des Abends war Sabrina Wagner, die zu Beginn kurz Kims Werdegang und die Vielseitigkeit ihrer bisher erschienenen Bücher skizzierte.
Nach dem Koreabild gefragt, mit dem Anna Kim aufgewachsen ist (die Österreicherin ist im Alter von zwei Jahren mit den Eltern zunächst nach Deutschland, dann nach Österreich emigriert), erzählt die Autorin, dass sie von klein auf fast nur mit westlicher Kultur umgeben war. Der Vater studierte westliche Malerei, die Mutter deutsche Literatur und Philosophie, so dass Anna sehr wenig Berührung mit Korea hatte, was sie auf die negativen Erfahrungen ihrer Eltern mit ihrem Heimatland zurückführt. Schon als kleines Kind musste die Mutter in den Wirren der Teilung und des Koreakrieges fliehen. Sie erzählte ihrer Tochter hin und wieder davon in märchenhaftem Ton, was diese aber als kleines Mädchen eher langweilte.
Auf das aktuelle Buch kommend, fragte Sabrina Wagner, wer die rätselhafte Protagonistin Eve Moon für Anna Kim sei. Für diese ist es besonders wichtig, dass Eve als ziemlich einzige der Figuren nicht nur auf die Geschehnisse reagiert, sondern versucht, zu agieren, sehr emanzipiert und selbstbewusst handelt. Auch personifiziert sie die Frage von Illusion und Wahrheit, die im Buch eine große Rolle spielt.
Wichtig war für Anna Kim vor allem der geschichtliche Aspekt ihres Romans. Die Frage war, wie viel Geschichte und Politik steckt in einem Individuum und lässt sich das überhaupt trennen. Das ist natürlich eine Form der Geschichtsschreibung und der Autorin ging es in erster Linie auch um deren Dekonstruktion. „Geschichte gehört letztlich demjenigen, der sich Gehör verschafft.“ Auch der Hauptprotagonist Yuno, der den Roman als Lebensbeichte einer ihm Fremden, der jungen Deutschen mit koreanischen Wurzeln Hanna, erzählt, warnt: „Glauben sie mir nicht alles, was ich erzähle“. Nicht umsonst geht es im Roman wie in der koreanischen Geschichte zu einem Gutteil auch um Propaganda. Yuno fällt es leichter, seine Geschichte einer Person zu schildern, der „die Grammatik dieser Gesellschaft fremd ist.“
Zum Schluss fragt Sabrina Wagner nach Billie Holiday, die den Soundtrack des Romans liefert, immer wieder ertönen ihre melancholischen, träumerischen Lieder. Und ja, Anna Kim liebt Billie Holiday und sieht in ihnen, vor allem ihrer einfachen, poetischen Sprache, eine große Inspirationsquelle für ihren Roman.
Zwei Textpassagen liest die sympathische Autorin, dann ist dieser schöne Abend mit Anna Kim im Literaturhaus Frankfurt auch schon zu Ende. Für die Lektüre des Buches war er sehr erhellend.
ich bin auf dieses buch sehr gespannt, es liebt bei mir oben auf´m schreibtisch, leider komme ich noch nicht direkt zum lesen….
Mir hat es sehr gut gefallen. Die Thematik war mir auch weitgehend unbekannt. Viel Freude, wenn es dann soweit ist. Viele Grüße, Petra