Meine Lektüre im April 2017 war wieder gänzlich gelungen. Ich freue mich immer, bei der Auswahl meiner Lektüre ein gutes Händchen zu haben und selten gänzlich daneben zu greifen.
Einzig Florian Huber – Hinter den Türen warten die Gespenster. Das deutsche Familiendrama der Nachkriegszeit konnte mich nicht überzeugen. Zwar ist das Thema sehr wichtig und interessant, aber Huber kann seine Herkunft vom Fernsehjournalismus bestimmter Art nicht verleugnen und Formate à la Guido Knopp sind leider nicht so meins. Geschichte anhand von Einzelschicksalen zu verdeutlichen ist sicher eine Methode, mir fehlten aber die neuen Aspekte, der zwingende Aufbau, die mitreißende Darstellung. Einige wenige bereichernde Gedanken, ansonsten hätte ich mir das Buch eher schenken können.
Ganz anders Natascha Wodin – Sie kam aus Mariupol, das mich ganz mitgenommen hat mit seiner Suche nach der Vergangenheit einer Mutter, die sich früh das Leben nahm und von deren Herkunft, Verwandschaft und Lebensweg die Autorin nur sehr vage Informationen hatte. Eine Reise durch das grausame 20. Jahrhundert, durch russische Revolution, Stalinismus, Zwangsarbeitertum im Dritten Reich und Flüchtlingsdasein im Nachkriegsdeutschland.
Ganz anders Margaret Atwood – Hexensaat: Eine herrlich verspielte, geistreiche, wilde Adaption von Shakespeares „Tempest“ im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projects.
Helen Garner – Drei Söhne erzählt eine True Crime Story über einen Vater, der – möglicherweise, wahrscheinlich? – seine drei kleinen Söhne tötete, indem er sein Auto in einen Baggersee lenkte. Ein reiner Indizienprozess, von der Autorin aufmerksam und einfühlsam beobachtet.
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Sehr einfühlsam lässt Barney Norris – Hier treffen sich fünf Flüsse fünf Menschen, die durch einen Unglücksfall momentweise verbunden sind, aus ihrem Leben erzählen, von ihren gescheiterten Beziehungen, Einsamkeiten, Suchen, Ängsten und Zweifeln. Ein sehr schönes Debüt!
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Und schließlich die erstaunliche Rachel Cusk – Outline, die ein Buch schrieb, das fast nur aus Erzähltem besteht, direkte, indirekte, erlebte Rede, Monologe, Dialoge, Selbstreflexionen. Die zuhörende Erzählerin bleibt im Hintergrund und erhält doch Konturen. Überraschend! Den Nachfolgeband „Transit„habe ich bereits begonnen.
Und bisher gefällt er mir sogar noch besser!
Insgesamt also eine sehr schöne Lektüre im April 2017.
Wie schön, dass du Rachel Cusk so magst wie ich! Freuen wir uns auf Band 3!
Viele Grüße!