Dominique Manotti – Abpfiff

Dominique Manotti – Abpfiff – im Zentrum der Fußball

Hin und wieder kommt bei mir schon leises Erstaunen auf, mit welch stoischer Haltung Skandale in allen Bereichen der Fußballwelt hingenommen werden. Ob es sich um Korruptionsverdacht, gerne zu „Einflussnahme“ bagatellisiert, oder Geldwäschegerüchte handelt, ob Weltmeisterschaften an fragwürdige Orte vergeben werden oder Funktionäre Geldgeschäfte tätigen, für die Manager oder Banker schon längst von der Gesellschaft zumindest moralisch geächet werden, mehr als ein kurzes aufgeregtes Geraschel, gefolgt von meist lässigem bis resigniertem Schulterzucken ist da in der Regel nicht zu vernehmen. Milliardengeschäfte, Geschacher um Übertragungsrechte, Vermarktungszirkus, modernes Legionärstum, unangemessenes bis kriminelles Verhalten sowohl von den Sportlern als auch von Fans – handelt es sich um Fußball ist das Urteil darüber meist vergleichsweise milde. Nun, Liebe und Leidenschaft tragen nun mal nie zu einem klaren Urteil bei. Und Fußball ist tatsächlich in der Lage beides breitflächig zu entfachen.

„Und weil das so ist, kann vielleicht nur eine Frau auf die komplett idiotische Idee kommen, einen Krimi zu schreiben, in dessen Zentrum ein Fußballklub steht.“

Dominique Manotti auf der Leipziger Buchmesse 2017

So der Krimirezensent Elmar Krekeler herrlich polemisch in seiner Kritik zum Buch „Abpfiff“ von Dominique Manotti in der „Welt“.

Dominique Manotti ist die „Grande Dame“ des französischen Krimis, des „Noir“, der die düsteren, weniger schönen Seiten der Gesellschaft beleuchtet. Sie ist in all ihren Krimis, die seit den Neunziger Jahren erscheinen – die gewerkschaftlich sehr engagierte Historikerin war damals bereits 50 Jahre alt – sehr politisch. Es sind die Verstrickungen von Politik und Geld, der gnadenlose Kampf um Macht und Einfluss und Ruhm, die sie interessieren, sei es in der Welt der Banken, großer Konzerne oder eben in einem der großen Fußballvereine.

Der fiktive Club FC Lisle-sur-Seine war einst ein kleiner Provinzverein bevor ihn sein ehrgeiziger und skrupelloser Vorsitzender, der Bauunternehmer Reynaud nicht nur als Sprungbrett zum Bürgermeisteramt nutzte, sondern weitaus größere Ambitionen damit verband. Durch geschickte, nicht immer saubere Geschäfte, Geld und Geschick hat er den einstigen Amateurverein kurz vor den Gewinn der Meisterschaft geführt.

In den Fokus der Polizei und speziell des Commissaire Daquin, den der Leser bereits aus den Vorgängerbänden „Hartes Pflaster“ und „Zügellos“ kennen könnte (2015 erschien mit „Schwarzes Gold“ ein Prequel), gerät der Verein, als Drogenfahnder Romero, Freund und Kollege Daquins, zusammen mit der Schwester des Platzwartes auf offener Straße erschossen wird. Als auch dieser kurze Zeit später ermordet aufgefunden wird, scheinen alle Spuren auf dem Fußballplatz zusammenzulaufen. Dabei ist der Fußball für Manotti nur eine der Institutionen, die vorgeblich für das Wohl der Gesellschaft, in Wahrheit aber nur für die eigenen Taschen arbeitet, und die die Autorin in ihren Büchern so gern seziert. Spricht hier nur der ermittelnde Richter, oder doch auch ein wenig die Autorin?

»Ich habe Fußball immer verabscheut. Diese Brutalität, diese Spieler, die man kauft und verkauft wie Vieh, diese tobenden Massen, diese Leute, die sie manipulieren …ein Sport …« »Fürs Volk, Herr Richter, fürs Volk.«

„dieser Noir über den Fußball spielt in den Neunziger Jahren. Die Situation hat sich nicht wirklich geändert. Viel Spaß beim Lesen.“ so Dominique Manotti in ihrer Widmung

Was Manotti jedenfalls interessiert, sind die Verstrickungen von Geld und Macht, in allen Ebenen der Gesellschaft. Es sind „die da oben“, die mit aller Rücksichtslosigkeit um ihren Erhalt kämpfen, es sind einige von „denen da unten“, die versuchen, auch dorthin zu gelangen, egal mit welchen Mitteln, und es sind die Vielen, die dafür die Rechnung zu zahlen haben. Dominique Manotti hat nie verborgen, eine „linke“ Autorin zu sein.

Ihre Krimis sind fabelhaft recherchiert und konstruiert, schnell, knapp, nüchtern erzählt. Mit Daquin hat sie eine äußerst ungewöhnliche Hauptfigur geschaffen. Er ist Macho, durch und durch, homosexuell, promiskur, gebildet, dem Schönen zugeneigt, aber auch durchaus gewaltbereit. Die Ermittlungsmethoden sind nicht immer ganz legitim. Ein echter Sympathieträger ist er gewiss nicht.

Außer den Daquin-Krimis hat Dominique Manotti noch andere Polit- und Wirtschaftsthriller geschrieben, die in Deutschland alle im Argument Verlag Hamburg erscheinen, in seiner Ariadne Krimireihe, die Schriftstellerinnen gewidmet ist, und  „für relevante Spannungsliteratur und für die Genrekompetenz eines politischen Verlags, in dem Krimis Fenster zur Welt sind.“ (Verlagswerbung) steht.

Die Mischung aus politisch brisanten Themen, journalistisch präzise dargestellten Zusammenhängen und literarischer Eleganz machen Dominique Manottis Bücher zu dem Besten, was zur Zeit im Bereich Wirtschafts- und Politkrimi geschrieben wird.

Beitragsbild Pixabay CC0

 

Dominique Manotti - Abpfiff.

DOMINIQUE MANOTTI – Abpfiff

ARIADNE KRIMINALROMAN 1197
Argument Verlag, gebunden, 230 Seiten, 17,00

 

 

 

 

2 Gedanken zu „Dominique Manotti – Abpfiff

  1. Pingback: Lektüre Juni 2017 – LiteraturReich
  2. Als großer Fan ist es mir fast schon unangenehm, dass ich ausgerechnet ihren Krimi im Fußball-Milieu noch nicht gelesen habe. Danke, dass du mich nochmal daran erinnerst…;-)

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