Kanada wirft als künftiges Gastland der Frankfurter Buchmesse (so sie denn wie geplant stattfinden kann) zaghaft seine Schatten voraus. In einigen Verlagen erscheinen bereits kanadische Autor*innen mit ihren aktuellen Büchern. Auch wenn das Land sich bisher nicht annähernd so aktiv und mitreißend präsentiert wie das Norwegen im vergangenen Jahr getan hat, habe ich doch einige Titel in den Frühjahrs-Programmen entdeckt. Einer davon stammt von Alix Ohlin, „Robin und Lark“.
„Rotkehlchen und Lerche“, das sind die beiden unterschiedlichen Halbschwestern, um deren Beziehung der Roman kreist. Die ältere Lark ist dabei die Ich-Erzählerin – von Kind an klug, still, vernünftig. Nach dem Tod von Robins Vater, muss sie sich schon früh um ihre jüngere Schwester kümmern, da die nun alleinerziehende Mutter Marianne sich weder ausreichend um ihre Töchter sorgen will noch kann. Zu sehr ist sie mit ihrem eigenen Kummer, Leben und Vorankommen beschäftigt.
Die Mädchen kommen auch ganz gut allein zurecht, in großer Nähe. Lark unterstützt die kreative, offene Robin in ihrer Liebe zum Klavierspiel, wofür diese ein außergewöhnliches Talent besitzt. Am Ende der Highschool erhält Lark ein Stipendium für das Worthen College in den USA. Für sie eine große Chance, auch um der übermächtigen Verantwortung für ihre kapriziöse Schwester zu entkommen.
Der Traum vom unabhängigen Studentenleben währt aber nicht allzu lange. Dann steht Robin vor der Tür. Sie hält es zuhause nicht länger aus, hat ständig Streit mit der Mutter. Lark kümmert sich natürlich.
Auch den nächsten Schritt gehen die Beiden gemeinsam. Lark wird an der Filmhochschule in New York angenommen, Robin findet einen begehrten Platz an der dortigen Juillard School. Irgendwann kommt es aber zum Bruch zwischen den Schwestern, Robin wirft ihre Karriere hin und taucht ab. Lark hingegen wird die Assistentin eines bekannten Filmemachers und zieht mit ihm in die amerikanische Provinz. Die beiden werden schließlich ein Paar.
Alix Ohlin erzählt die Kindheit und Jugend von Robin und Lark chronologisch, sehr konventionell und nur aus der Ich-Perspektive der älteren Schwester. Das ist sehr gut und schön zu lesen, ruhig und flüssig und erstreckt sich bis in die Dreißiger ihrer Protagonistinnen, behandelt dann das Wiedersehen der Beiden, Larks heftigen Kinderwunsch und Robins Leidenschaft für Wölfe.
Es ist ein nachdenkliches, sanftes Buch über eine „unauflösbare Verbundenheit“. Im Original heißt es „Dual Citizens“ und weist daraufhin, was die Autorin vielleicht noch darstellen wollte, nämlich das Leben in zwei Staaten. Auch die 1972 in Montreal geborene und nun in Vancouver an der dortigen Universität lehrende Ohlin hat lange Zeit in den USA gelebt, an der Harvard University ihren Abschluss gemacht. Leider geht diese im Titel ausgedrückte Intention im Buch ziemlich unter und ist im Deutschen gar nicht mehr zu erkennen. So bleibt man als Leser*in ein wenig ratlos zurück, was einem dieses Buch außer einer Schwesterngeschichte eigentlich erzählen will. Das ist trotz des genauen Blicks darauf und des angenehmen Tons nicht ganz zufriedenstellend, aber insgesamt nur ein kleiner Einwand.
Eine weitere Besprechung bei Buch-Haltung und bei Letteratura
Beitragsbild: Meles1 / CC BY-SA via Wikimedia Commons
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Ein Gedanke zu „Alix Ohlin – Robin und Lark“