Theres Essmann – Federico Temperini

Das Schöne am Bloggersein ist unter anderem, dass immer wieder einmal Bücher ins Haus flattern, die man ansonsten vielleicht übersehen hätte. Meist von kleineren Verlagen, die nicht so im Fokus der Aufmerksamkeit stehen – der der Medien, aber auch der eigenen. Bücher, die anderen Blogger*innen oder Leser*innen am Herz liegen und die sie einem deswegen an dasselbe legen möchten. Unlängst erreichte mich auf diesem Weg „Federico Temperini“ von Theres Essmann.

Da ich der Empfehlenden literarisch vertraue und mir laut Klappentext „eine berührende Geschichte über Vergänglichkeit und Verlust“, „feinste Erzählkunst“ und „eine makellos wunderbar geschriebene Novelle“ versprochen wurde, ließ ich mich gerne darauf ein.

„Federico Temperini“ ist das Erzähldebüt der 1967 geborenen Theres Essmann. Und, um es vorweg zu nehmen, es ist ganz wunderbar gelungen.

im taxi mit jürgen krause

Erzählt wird von Jürgen Krause. Das Studium an der Hochschule für Verwaltung abgebrochen, die Ehe mit Irene gescheitert, der Kontakt zum halbwüchsigen Sohn Leo eher so naja, fährt Jürgen seit mehr als 15 Jahren Taxi. In seiner Freizeit hängt er mit seinen Kumpels Klaus und Wolfgang in der griechischen Taverne von Maria ab. Auch wenn Maria waschechte Kölnerin ist, macht sie das beste Gyros weit und breit.

Friedhof Melaten Köln
Friedhof Melaten Köln by Georg Sander (CC BY-NC 2.0) via Flickr

Aus diesem phlegmatischen, wenig beglückenden Dasein reißt Jürgen zu Beginn der Novelle ein Anruf. Ein Herr Federico Temperini wünscht einen Chauffeur, für gelegentliche Fahrten in die Philharmonie, auf den Friedhof Melaten oder auch mal an einen See. Hauptsächlich geht es aber zu Konzertbesuchen. Federico Temperini ist ein Liebhaber klassischer Musik, pflegt eine nahezu obsessive Liebe zum „Teufelsgeiger“ Niccolò Paganini, war wohl früher selbst einmal Geiger.

Und während sich Jürgen Krause und der elegante, alte Herr Temperini von Fahrt zu Fahrt näher kommen, der Fahrgast von der Rückbank auf den Beifahrersitz wechselt, erfahren wir so einiges aus dem Leben von Krause, kaum etwas von Temperini, aber sehr viel über klassische Musik und Niccolò Paganini. Und das völlig unangestrengt, fast schwebend. Das Vermittelte geht in der Musikalität der Novelle auf.

Behutsam, schnörkellos und tatsächlich in „feinster Erzählkunst“ erzählt Theres Essmann in „Federico Temperini“ von Vergänglichkeit, Genie und Einsamkeit, von Vater-Sohn-Beziehungen, gescheiterten Lebensentwürfen und dem Mut weiterzumachen. Sie lässt ihre Geschichte bittersüß enden. Ein schönes, ein erstaunlich gelungenes Debüt!

 

Weitere Besprechungen bei Sätze und Schätze, Leseschatz, Petras Bücherapotheke und bei Wolfgang Schiffer

 

Beitragsbild: Paganini Variationen von Eugène Delacroix 1832 via Wikimedis commons

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Theres Essmann - Federico Temperini.

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Theres Essmann-Federico Temperini
Novelle
Klöpfer, Narr Februar 2020, 164 Seiten, Hardcover mit Lesebändchen, 18 Euro

3 Gedanken zu „Theres Essmann – Federico Temperini

  1. Über den zweiten Absatz freue ich mich persönlich natürlich sehr, vor allem aber darüber, dass Du diese Erzählung so genießen konntest.

    Herzliche Grüße, Birgit

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