Die Dänin Asta Nielsen war der weibliche Star des deutschen Stummfilms. Weniger bekannt ist, dass sie nach Beendigung ihrer Schauspielkarriere zahlreiche Erzählungen geschrieben hat. In der wunderbaren Reihe Lieblingsbücher von Kat Menschik illustriert erscheinen nun fünf kurze Texte in der gewohnt liebevoll-aufwendig gestalteten Aufmachung des Galiani Verlags: dreiseitiger silbriger Buchschnitt, Glanz-Prägung und in frischen Blau-Tönen gehaltene Illustrationen mit roten Akzenten.
Die Erzählungen von Asta Nielsen sind vorwiegend humorvoll und leicht, oft ein wenig übermütig. Eine wird nach einem Start als heitere Kindheitserinnerung zu einer melancholischen, ja traurigen Geschichte über die ältere Schwester. Sie bleibt aber die Ausnahme. In der ersten Erzählung wird ein Besuch, den Nielsen mit ihrem Freund Alfred Kindt bei einem Geigenbauer im Berliner Umland macht, geschildert. Er gibt dem Bändchen seinen Namen. Während der Gastgeber sich und seine Familie im Paradies beheimatet fühlt, sind Autorin und Freund sehr froh, wieder nach Berlin zurückzukehren.
Ein Weihnachtsfest
Eine weitere Erzählung über ein Weihnachtsfest, das Nielsen wegen Dreharbeiten in Italien mit ihrer kleinen Tochter Jesta in Massa, unweit der Steinbrüche von Carrara feiert, trägt neben heiteren und turbulenten auch nachdenkliche und melancholische Züge, da es das letzte gemeinsame Fest vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs sein wird und auch nicht so unbeschwert verläuft wie erhofft.
„An diesem Abend wusste Gott sei Dank noch keiner von uns, das uns beim nächsten Weihnachtsfest ein schrecklicher Krieg trennen würde, der die Menschen dazu zwang, in jenen feinde zu sehen, mit denen sie nur in Frieden leben wollten, und der Freunde dazu brachte, einander mit Waffen in den Händen entgegenzutreten. Dieser Weihnachtsabend war der letzte während vieler, vieler Jahre, wo es den acht hier versammelten Nationen erlaubt war, die Erde als ein gemeinsames Vaterland zu betrachten.“
Zwei der Erzählungen handeln von Asta Nielsens Freund, dem Dichter Joachim Ringelnatz, und sind besonders lebhaft. In der einen gerät der 50. Geburtstag des Freundes völlig außer Kontrolle und wartet Nielsen mit wahren Slapstick-Szenen auf. Im letzten Text, dem Hiddensee-Tagebuch, erzählt sie vom Besuch des Dichters und seiner Frau in Nielsens Sommerhaus auf Hiddensee. Hieran hat sich Kat Menschik mit ihren sommerlich leichten, maritim anmutenden Zeichnungen augenscheinlich orientiert. Herausgekommen ist eine Perle der Buchgestaltung, ein wunderschönes kleines Buch mit leichtfüßig erzählten, klugen Geschichten voll mit einem turbulenten, trockenen Humor.
Beitragsbild: Asta Nielsen Haus auf Hiddensee von Kerstin Riemer auf Pixabay
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Asta Nielsen – Im Paradies
illustriert von Kat Menschik
Galiani-Berlin April 2023, gebunden, 112 Seiten, € 22,00