Javier Cercas – Blaubarts Burg

Als der Spanier Javier Cercas 2019 mit Terra Alta den ersten Teil einer geplanten Krimireihe veröffentlichte, hat das manchen überrascht. Vielleicht war es für den Autor meist zeithistorischer und politischer Texte nach einem wahren Shitstorm, der den erklärten Gegner des katalanischen Separatismus 2017 in seiner Heimat traf, an der Zeit, sich literarisch neu zu verorten. Mit Blaubarts Burg ist nun bereits der dritte Teil der nach der abgelegenen Terra Alta-Region benannten Reihe, in der Javier Cercas seine Protagonisten beheimatet, erschienen.

Melchor Márin ist nach Etappen in Barcelona, nach einer glücklichen Ehe und dem tragischen Tod seiner Frau Olga aus dem Polizeidienst ausgeschieden und arbeitet nun als Provinzbibliothekar. Hier kann er seine Liebe zur Literatur ausleben, die er während einer Haftstrafe durch die Lektüre von Victor Hugos Roman „Die Elenden“ entdeckt hat – Melchors Vorgeschichte wird ausführlich, aber nicht ungeschickt in den neuen Roman hineingewebt, so dass auch Cercas-Neulinge mithalten können. Sein Leben mit der fast erwachsenen, 17jährigen Tochter Cosette und an der Seite einer reichen Erbin, die in Teil 1 eine wichtige Rolle gespielt hat, verläuft ruhig, aber glücklich. Nur die hartnäckigen Nachfragen Cosettes zum Tod ihrer Mutter, der kein Unfalltod war – wie man ihr immer gesagt hatte – sondern vorsätzlich herbeigeführt wurde, beschäftigen ihn doch sehr.

Deswegen ist er auch sehr beunruhigt, als Cosettes Freundin Elisa vom gemeinsamen Urlaub auf Mallorca allein zurückkommt. Zuerst vermutet er, dass sie sich aus Wut über sein langes Schweigen von ihm zurückziehen will und auch die eingeschaltete Guardia Civil auf der Insel wiegelt ab. Da die Umstände aber immer dubioser werden, auch Elisa keine Nachrichten mehr empfängt und sich die Spur von Cosette verliert, reist Melchor nach Mallorca und forscht dort selbst nach. Sein ehemaliges Team in Terra Alta steht ihm zur Seite, auch der Revierleiter Blai unterstützt ihn. Nur die Polizei vor Ort blockt.

Abgründe einer Ferieninsel

Der Titel des Romans verrät vielleicht schon ein wenig zu deutlich, in welche Richtung sich die Krimihandlung entwickeln wird. Aber wie immer bei Javier Cercas ist auch in Blaubarts Burg nicht der eigentliche „Fall“ das Wichtigste. Es geht hier um gesellschaftliche und politische Verwerfungen, darum, wie durch Korruption und Filz eine ganze Gesellschaft unterhöhlt werden kann, Recht und Gerechtigkeit käuflich werden.

Auch wenn es in Blaubarts Burg in erster Linie um die Bedrohung von Mädchen und Frauen geht, hat Javier Cercas wieder einen ziemlich maskulinen Krimi geschrieben. Auch wenn die beteiligte Polizeibeamtin als sehr taff dargestellt wird. Man verzeiht es dem Autor, besonders, weil er diesmal fast ganz auf die in den ersten beiden Teilen vorkommende, oft unnötig blutige Brutalität verzichtet. In Blaubarts Burg wandelt Javier Cercas eher auf den Spuren von Ocean`s Eleven. Das ist manchmal vielleicht ein wenig überkonstruiert, macht aber Spaß zu lesen. Und ein bisschen Showdown gibt es dann doch noch.

Javier Cercas hat sich mit diesem dritten Teil warm geschrieben. Ich bin gespannt, ob es tatsächlich bei der Trilogie um Melchor Márin bleibt. Ich wäre zumindest einem Band 4 nicht abgeneigt.

 

Beitragsfoto: Cap Formentor/Mallorca by Myléne via Pixabay

 

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Javier Cercas - Blaubarts Burg.

Javier Cercas – Blaubarts Burg
Übersetzt von: Susanne Lange
S. FISCHER Verlag Juli 2023, 432 Seiten, gebunden, € 25,00

 

 

 

 

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