Bastian Kresser – Als mir die Welt gehörte

Das Erstaunliche ist, dass es diesen Victor Lustig wirklich gab. Der 1890 geborene Lustig war österreich-ungarischer Herkunft, von großer Intelligenz und umfassender Ausbildung. Er sprach fünf Sprachen. Dass er mit 22 Jahren bereits 5x im Gefängnis sitzen, sich etliche fiktive Identitäten zulegen und auf Überseedampfern Geld mit Betrügereien bei Glücksspielen machen sollte, war in keiner Weise vorgezeichnet oder vorhersehbar. In die Geschichte ging er schließlich ein als „der Mann, der den Eiffelturm verkaufte“. Und das gleich zwei Mal. Seine überraschende Geschichte erzählt der österreichische Autor Bastian Kresser auf so unterhaltsame wie spannende Weise in seinem Roman Als mir die Welt gehörte.

Und warnt gleich zu Beginn:

„Glauben Sie mir kein Wort.“

Das passt natürlich zu seinem Ich-Erzähler Lustig, der seinerseits konstatierte:

„Ich kann ehrliche Menschen nicht verstehen. Sie führen ein hoffnungslos langweiliges Leben.“

Langweilig ging es nun wirklich nicht zu bei Victor Lustig, und zur Freude der Leser:innen auch nicht bei Bastian Kresser. Mit viel Freude am Detail lässt er den Trickbetrüger und Hochstapler aus seinem Leben erzählen, von seiner Jugend, den aufregenden Jahren in Frankreich und den USA bis zu seinem atemberaubenden Coup um das Wahrzeichen von Paris und seinen Gefängnisjahren in Alcatraz, wo ihn eine Art Freundschaft mit dem berühmten Gangsterboss Al Capone verband. Die Fakten sind genau recherchiert, aber natürlich lässt sich Autor Kresser daneben genug Freiheit, seine Geschichte fesselnd und überraschend zu erzählen.

Victor Lustig bei seiner Vernehmung 1935
Victor Lustig bei seiner Vernehmung 1935
Ein abenteuerliches Leben

Bereits dem kleinen Victor war seine Heimat im böhmischen Arnau zu eng. Seine Großmutter wies ihm den Weg zum Erfolg:

„Nur ein guter Zuhörer erfährt die Wahrheit.“

Und so lernte bereits der kleine Victor zu erkennen, was Menschen zu hören und zu glauben begehrten, wie man ihr Vertrauen gewinnt und zu überzeugen versteht. Schon als sehr junger Mensch verließ er seine Heimatstadt und das Elternhaus. Mit kleinen Taschendiebstählen und Hütchenspielen in Paris fing es an, der Verkauf erfundener „Geldvervielfältigungsmaschinen“ und umetikettierter vermeintlicher Spitzenweine in den USA brachte ihm jede Menge Geld ein. Ein gehöriges Maß an Selbstüberschätzung ist wohl jedem Hochstapler zu eigen und Lustig legte sich gleich einmal den Titel eines Grafs zu. Der Erfolg seiner Betrügereien und die Türen, die ihm als vorgeblichem Aristokrat gerade in den USA offen standen, animierten ihn zu immer dreisteren Projekten.

Zwar wurde der zweite Eiffelturm-Verkauf entdeckt, aber Viktor Lustig gelang knapp die Flucht. Wirklich das Genick brach ihm der massenhafte Druck von Falschgeld, der die amerikanische Wirtschaft fast ins Schwanken brachte. Der Secret Service wurde auf den Fall angesetzt und schließlich der Verantwortliche geschnappt. Noch am Tag vor seinem Prozess gelang ihm die Flucht aus dem Gefängnis in New York. Kurze Zeit später wurde er aber wieder festgenommen und 1935 zu 15 bzw. 20 Jahren Haft verurteilt (da schwanken die Angaben), die er im Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz verbüßte.

Zehn gebote eines Hochstaplers

Viktors Charme und Fähigkeit, die Menschen für sich einzunehmen, ist überliefert, die Fakten hat Bastian Kresser für Als mir die Welt gehörte recherchiert. Sein Roman über diesen faszinierenden Menschen ist fiktiv. Er endet am Tag von Al Capones Entlassung 1939. Lustig selbst starb 1947, übrigens nur wenige Wochen nach Capone, an einer Lungenentzündung. Das ist eine der wenigen Tatsachen, die über den Mann mit den fast fünfzig Identitäten wirklich verbürgt ist. Zehn Gebote eines Hochstaplers hat er hinterlassen.

  1. Sei ein geduldiger Zuhörer.
  2. Sehe niemals gelangweilt aus.
  3. Sei niemals betrunken.
  4. Warten Sie, bis der andere seine politische Meinung preisgibt, dann stimme zu.
  5. Warte, bis die andere Person ihre religiöse Position preisgibt, dann habe dieselbe.
  6. Sprich niemals über Krankheiten, es sei denn, jemand trägt eine sorge an dich heran.
  7. Lass deine Wichtigkeit wortlos offensichtlich sein.
  8. Erkundige dich niemals nach persönlichen Angelegenheiten anderer Menschen, sie werden von sich aus alles verraten.
  9. Schneide sexuelle Themen an, vertiefe sie aber nur, wenn die andere Person ein starkes Interesse daran zeigt.
  10. Sei niemals schmutzig oder unordentlich.

Und Stoff für den unterhaltsamen, spannenden, hinreißenden Roman Als mir die Welt gehörte von Bastian Kresser.

_____________________________________________________

*Werbung*

bastian-kresser-als-mir-die-welt-gehoerte.

.

Bastian Kresser – Als mir die Welt gehörte
Braumüller Verlag März 2023, gebunden, 368 Seiten, € 26,00

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert