Lektüre Februar 2024

Nun sind bereits zwei Monate im Jahr 2024 vorüber. Der Frühling klopft zaghaft an die Tür und die Leipziger Buchmesse steht vor selbiger. Außer den nachfolgenden Romanen habe ich fleißig für den Bloggerpreis für Literatur – Das Debüt 2023 gelesen, um wieder ein herausragendes Buch zusammen mit anderen Bloggerkolleg:innen zu küren. Ich habe mich mit der von der Redaktion bestimmten Shortlist reichlich schwer getan, freue mich aber, dass der einzige Roman, der mich wirklich überzeugen konnte, auch gewonnen hat: Birobidschan von Tomer Dotan-Dreyfus. Zu den Bewertungen der anderen Titel findet ihr einen Beitrag unter Das Debüt 2023. Den zweitplatzierten Roman Tunnel von Grit Krüger hatte ich auch bereits besprochen.

Die Lektüre im Lesemonat Februar 2024 war eher durchschnittlich – gute, solide Romane ohne das ganz große Aha-Erlebnis. Bis auf die Neuentdeckung einer Klassikerin: Lucy Gayheart von Willa Cather (1934) konnte mich doch sehr für sich einnehmen. Meine Lieblingsbücher des Monats waren diesmal die feinen, kleinen: ein schön illustriertes Jugendbuch Und die Welt sie fliegt hoch von Sarah Jäger und ein Lieblingsbuch aus der von Kat Menschik liebevoll herausgegebenen illustrierten Reihe – besonders schöne, herzenswarme Geschichten.

 

Stephan Schmidt - Die SpieleStephan Schmidt – Die Spiele

Stephan Thome – das Pseudonym von Stephan Schmidt – stand 2009 und 2012 mit seinen Gesellschaftsromanen Gegenspiel und Fliehkräfte und 2018 ein drittes Mal mit seinem historischen Roman Gott der Barbaren auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Gewonnen hat er ihn leider bisher nicht. Nun steigt er unter seinem eigentlichen Namen und bei einem neuen Verlag ins Krimigeschäft ein. Die Spiele heißt sein Roman, der sich um Machenschaften rund um die Vergabe der Olympischen Spiele 2032 dreht. Dabei lässt er reale Personen wie die Ex-Kanzlerin Angela Merkel oder den Präsident des Internationales Olympisches Komitee Thomas Bach auftreten und erlaubt sich sogar, fast in ihre Köpfe hineinzukriechen. Ich finde so etwas immer ein wenig heikel, hier gelingt es aber weitgehend. Lediglich die Scherze, die sich der Autor mit dem Ex-Innenminister Horst Seehofer erlaubt, sind reichlich albern.

Im Mittelpunkt stehen fünf Personen. Thomas Gärtner ist ein nicht sehr erfolgreicher Journalist, der 2021 zur gleichen Zeit nach Shanghai reist, in der dort die Verhandlungen über besagte Olympische Spiele stattfinden. Beworben hat sich ein Verbund europäischer Staaten und eine afrikanische Delegation. Gärtner reist ohne Akkreditierung an, da sein ehemaliger Freund, der mosambikanische IOC-Funtionär Charles Morandi, ihm angeblich wichtige Dolumente zukommen lassen will. Ein solches inoffizielles Verhalten ist in China nicht ganz ungefährlich, Gärtner ist sich dieses Risikos bewusst, braucht aber dringend eine gute Story.

Neben dem zweifelhaften Charles Morandi, der viele Jahre seines Lebens als Vertragsarbeiter in der DDR verbracht hat und nach deren Zusammenbruch um seinen Lohn betrogen wurde – die Geschichte der „Madgermanes“ war mir bisher nicht bekannt -, und der nun die Olympischen Spiele mit nicht ganz sauberen Mitteln nach Mosambik holen will, steht noch Lena Hechfellner im Mittelpunkt des Romans. Sie ist Mitarbeiterin des deutschen Konsulats in Shanghai und kennt Thomas Gärtner von früher. Ferner spielt noch ein Spiegel-Journalist namens Sascha Daniels, der seinem Chef auch einen brandaktuellen Beitrag über die Olympia-Konferenz liefern sol, eine Rollel. Der fünfte Protagonist, der chinesischer Polizeibeamten Luo, tritt auf den Plan, als Charles Morandi tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden wird. Thomas Gärtner war am Abend zuvor bei ihm, kann sich aber an nichts erinnern. Als dringend tatverdächtig wird er festgenommen.

Die Ermittlungen der chinesischen Polizei, des deutschen Konsulats und der Delegation rund um die Bundeskanzlerin führen in die Vergangenheit von Lena, Thomas und Charles, in den Stress deutscher Zeitungsredaktionen und den chinesischen Polizeiapparat. Stephan Schmidt entfaltet einen komplexen Plot um IOC-Machenschaften und den chinesischen Überwachungsstaat und vermag über weite Strecken zu fesseln, auch wenn so manche Entwicklung vorhersehbar ist. Die Witzeleien über den eisenbahnbegeisterten, immer etwas neben sich stehenden Seehofer könnte man noch weglächeln, was gar nicht geht, sind die grottenschlechten Sex-Szenen und Kommissar Luos stete Ausrufe „Fick die Schwiegermutter!“. Das mag im Chinesischen vielleicht eine gebräuchliche Redensart sein (who knows?), im Deutschen wirkt das total deplaziert.

So bleibt ein etwas zwiespältiges, überwiegend aber doch positives Fazit.

 

Christine Vescoli - MutternichtsChristine Vescoli – Mutternichts

Mutternichts – eine Mutter droht nach ihrem Tod ins Nichts zu verschwinden. Die Erzählerin, ihre Tochter, hat es versäumt – und das ist so sehr Klischee wie jedem vertraut – mit ihr über ihr Leben vor dem Muttersein zu reden. Aus kindlichem Desinteresse, aus Scheu, Angst oder auch Respekt vor dem Schweigen. Denn die Mutter war immer eine große Schweigerin, eine, die sich schon zu Lebzeiten wegduckte, klein machte. Aber warum war das so? Sicher, die Familie war bitterarm. Wir hören Geschichten über Bauernhöfe in Südtirol, die gerade so das Nötige für die Bauern abwarfen. Über Familien voller Kinder, sich krank schuftender Frauen, die nahezu immer schwanger gewesen sein müssen, über Erben, die immer nur an den ältesten Sohn fielen. Die jüngeren mussten sich irgendwo sonst verdingen oder bei der Verwandschaft unterkriechen, abhängig von deren Wohlwollen. Für Frauen blieb nur die Option, sich gut zu verheiraten.

Die Urgroßmutter der Erzählerin musste bereits ihre Kinder fortgeben, nachdem ihr Mann im Bach ertrank – Unfall oder Freitod? Und auch die Großeltern gaben die Mutter mit vier Jahren zu Verwandten, mit acht Jahren wurde sie zur „Dirn“, zum Mädchen für alles auf einem anderen Hof. Es müssen Tage voller emotionaler Kälte, Hunger und Arbeit gewesen sein. Erschwert noch durch die Tatsache, dass die Geschwister daheimbleiben durften. Warum musste sie gehen, warum haben die Eltern sie nicht haben wollen? Die Mutter sprach nicht darüber, sprach überhaupt nicht viel. Die Tochter hat sie nie gedrängt. Und nun ist sie tot, so unspektakulär gegangen wie sie gelebt hat.

Die Tante gibt ein wenig Auskunft, ein Foto verleiht den vielen Familienmitgliedern ein Gesicht, ein Besuch beim alten Hof illustriert ein wenig ihr Leben. Trotzdem bleibt sie der Tochter oft ein Mutternichts, das ihr doch so vertraut ist.

„Ich weiß, manchmal bleibt die Zunge im Mund wie tot liegen. Liegt hinter geschlossenen Zahnreihen begraben und rührt sich nicht mehr. Ich weiß, wann. Ich erkenne Mutter in mir wieder. Ich bin nicht Mutter. Aber manchmal sind wir die gleiche Frau, getrennt durch die Zeit.“

 

Iris Wolff - LichtungenIris Wolff – Lichtungen

Die Geschichte von Kato und Lev, die sich schon fast ihr ganzes Leben kennen und (unterschiedlich stark) lieben, denen die rumänische Revolution dazwischen kam, weil Lev blieb und Kato fort wollte und die sich zu Beginn des Romans zusammen auf den Heimweg machen, was immer dieses „heim“ bedeuten mag – diese Geschichte von Kato und Lev wird von Iris Wolff chronologisch rückwärts erzählt. Kapitel für Kapitel nähern wir uns der Kindheit von Lev, dem Aufwachsen in der deutschsprachigen Minderheit in Siebenbürgen. Ich mochte dieses Erzählprinzip schon in Inger-Maria Mahlkes Archipel und finde es auch hier sehr gelungen.

 

Michael Köhlmeier - Das PhilosophenschiffMichael Köhlmeier – Das Philosophenschiff

Philosophenschiffe – es gab deren vermutlich mindestens fünf – fuhren im September und November 1922 von verschiedenen sowjetischen Häfen gen Westen. An Bord: missliebige Intellektuelle aus Wissenschaft und Kultur – Professoren, Studenten, Ärzte, Schriftsteller, Kunstschaffende und eben Philosophen. Diese von Lenin persönlich angeordneten Abschiebungen ins Ausland betrafen unbequeme und „verdächtige“ Personen der sowjetischen Intelligenzija, denen man nichts Konkretes vorwerfen konnte, derer man sich aber unbedingt entledigen wollte. Vermutlich ließen sich auch nicht alle Oppositionellen oder zumindest politisch unzuverlässigen Bürger klammheimlich liquidieren, so dass man einen anderen Weg suchte. Der großartige Fabulierer Michael Köhlmeier hat nun Das Philosophenschiff hinzuerfunden.

Als Rahmenerzählung wählt er ein Gespräch zwischen seinem Ich-Erzähler und einer Hundertjährigen im Mai 2008. Anouk Perlemann-Jacob, 1908 in Sankt Petersburg geboren, ist dort gutbürgerlich aufgewachsen. Der Vater war ein erfolgreicher Architekt, die Mutter Ornithologin. Beide waren politisch nicht aktiv, verkehrten aber nach einem Aufenthalt in Paris mit Mitgliedern der russischen Bohème. Grund genug, sie auf einem der Philosophenschiffe 1922 des Landes zu verweisen.
Wohl gemerkt: Die Fakten und viele der erwähnten Persönlichkeiten sind real. Anouk Perlemann-Jacob, das Philosophenschiff mit dem sie und ihre Eltern zur Ausreise gezwungen wurden und die nachfolgenden Geschehnisse entspringen der Fantasie von Michael Köhlmeier.
Und so erfahren wir auf höchst unterhaltsame, heitere Weise von ganz grausigen, ungeheuerlichen Dingen. Vom Wüten der sowjetrussischen Geheimpolizei Tscheka, von Radikalisierung und wahrhaftem Verfolgungswahn der noch nicht fest im Sattel sitzenden bolschewistischen Machtelite, von Massenerschießungen und Verfolgung der Intelligenzija.
Leseempfehlung!

 

Suzie miller - Prima facieSuzie Miller – Prima Facie

Die australische Dramaturgin Suzie Miller hat mit ihrem Theatermonolog Prima Facie einen Riesenerfolg gelandet und einen Nerv getroffen. Bei dem Buch handelt es sich nun um die Romanfassung.
Protagonistin ist die erfolgreiche Londoner Strafverteidigerin Tessa Ensler, leidenschaftliche Vertreterin des englischen Rechts bis sie selbst zum Opfer wird.
Prima Facie bedeutet in der Juristensprache „dem ersten Anschein nach“ und ist eine im britischen Common Law gebräuchliche Vorgehensweise. Dabei legt die Staatsanwaltschaft dem Richter Fakten über den Fall vor, die der Verteidiger, ein Barrister, dann auf Widersprüche, Lücken, Ungereimtheiten untersuchen und gegebenenfalls auseinandernehmen kann. Dabei werden die Zeugen der Anklage einem Kreuzverhör vor einer Geschworenenjury unterzogen. Kommen Zweifel an den Anklagepunkten zutage, kann die Klage abgewiesen werden. Das ist besonders bei Anklagen, die ohne eindeutige Beweise geführt werden, von großer Bedeutung. Das ist leider bei vielen Fällen sexueller Gewalt so.
Tessa hat selbst viele Anklagen aufgrund dieser Praxis abschmettern können. Sie liebt ihre Auftritte vor Gericht. Dabei ist ihr zunächst gleich, ob die von ihr vertretenen Mandanten schuldig oder unschuldig sind. Sie betrachtet sich als Dienstleister, als jemand, der die Geschichten der Verdächtigen möglichst positiv darstellt. Das System sorgt dann schon selbst für Gerechtigkeit. So Tessas Glaube.
Als Tessa von einem Kollegen vergewaltigt wird, steht sie plötzlich auf der anderen Seite.
Suzie Miller präsentiert und nur eine Sicht, die von Tessa Ensler. Da gibt es, anders als im Roman von @bettinawilpert „nichts was uns passiert“, der ein sehr ähnliches Thema hat und den ich nochmal ganz dringend empfehlen möchte, wenig Ambivalenz.
Nun kann man natürlich sagen, dass es bei sexueller Gewalt keine Ambivalenz braucht, aber das macht die Geschichte leider ein wenig zu glatt und vorhersehbar.
Trotzdem: Das Buch ist lesens- und empfehlenswert. Es liest sich gut, schnörkellos und wirft wichtige Fragen auf. Eine Verfilmung ist geplant.

 

Willa Cather – Lucy Gayheart

Ein brillanter Roman aus dem Jahr 1934 und für mich die Entdeckung einer amerikanischen Klassikerin. Lakonisch-poetisch, von großer sprachlicher Schönheit und Empathie präsentiert sich die Geschichte der talentierten Musikstudentin Lucy Gayheart vor der Kulisse ihrer Prärieheimat in Nebraska und ihrem Studienort Chicago so heiter wie dramatisch. Große Empfehlung!

 

 

Menschik-Kornmüller-Das HausJacqueline Kornmüller/Kat Menschik – Das Haus verlassen

Ich habe eindeutig ein neues Lieblingsbuch aus der ohnehin ganz wunderbaren, nun auf 17 Bände angewachsenen Reihe der „illustrierten Lieblingsbücher bei Galiani. Das alte Haus aus Feldsteinen inmitten eines großen blühenden, leicht verwilderten Gartens in der Oststeiermark, das die Autorin Jacqueline Kornmüller nach zehn glücklichen Jahren, in denen sie es liebevoll renoviert hat, plant zu verlassen, schaut uns auf dem Cover von Illustratorin Kat Menschik inmitten eines sattgrünen, wimmelnden Gartens direkt an. Es hat ein äußerst freundliches „Gesicht“ und die unteren vier Fenster sind warm erleuchtet. Man ahnt auf den ersten Blick, dass das nicht so leicht werden wird mit dem Verlassen.
Dabei fühlt Kornmüller, dass ein Aufbruch ansteht, dass es sie mal wieder hinaustreibt in die Welt, an andere Orte als diesen. Eine alte Unruhe ist wieder zu spüren. Und dann ist da noch die Umgebung, die immer „blauer“ wird ringsum. Mit den Nachbarn spricht die Erzählerin schon lange nur noch das Nötigste. Also wird eine Annonce im Internet aufgegeben und schon bald trudeln die Interessenten ein. Die Nachfrage nach dem herrlich gelegenen, romantischen Haus ist zum Glück groß. Aber das Haus lebt. Es spricht mit seiner Besitzerin und hat eindeutig ein Wörtchen mitzureden.
So einfach wird das also nicht mit dem Verkauf. Da ist viel Liebe im Spiel. Und das Haus hat so seine Eigenarten. Manche Interessenten
winken deshalb gleich ab, andere ziehen Sachverständige zu Rate und bei manchen klappt die Finanzierung nicht oder der Partner zieht nicht mit. Je mehr Menschen durch das Haus ziehen, umso mehr wird der Erzählerin dessen Einzigartigkeit und Schönheit bewusst.
Jacqueline Kornmüller hat einen so wunderbaren, warmherzigen Text geschaffen und Kat Menschik hat Das Haus verlassen so gewohnt schön illustriert, farblich herrlich geschmackvoll abgestimmt und mit bronzefarbenem, metallisch glänzendem Schnitt und Titelprägung versehen, dass dieses Büchlein ganz sicher ein Herzensbuch bleiben wird.
Und das Haus mit seiner lakonischen, trockenen Art hat mein Herz sowieso im Sturm erobert. Vielleicht würde ich sogar das Gewölbebad mögen.

 

Sarah Jäger-maus-und-die-welt-sie-fliegt-hochSarah Jäger – Und die Welt sie fliegt hoch

Der neue Kinder- und Jugendroman von Sarah Jäger, üppig und auf jeder Seite fein illustriert von Sarah Maus, ist ein Buch, das das Herz leichter macht. Und das, obwohl es sehr weit weg ist von allem Heile-Welt-Tralala und eigentlich eher melancholisch, wenn nicht gar traurig ist. Auch die schönen, empathischen Zeichnungen von Sarah Maus sind in Schwarz-Weiß gehalten und verbreiten stellenweise einen dunkel-düsteren Nebel rund um die Worte von Sarah Jäger in Und die Welt sie fliegt hoch“. Und doch macht dieses Buch glücklich. Ein klein wenig zumindest. Und das über alle Altersschranken hinweg.

Ava und Juri waren einst in der gleichen Grundschulklasse. Nun sind sie 14 und Ava schickt Juri ganz plötzlich, nach Jahren der Funkstille eine Textnachricht. Der Text des ganzen Buchs besteht aus den Nachrichten der Beiden, die jeweils auf einer der gegenüberliegenden Seiten platziert sind, so dass man abwechselnd links und rechts liest. Jede Doppelseite ist mit den Zeichnungen von Sarah Maus versehen, die auch für sich alleine ganz zauberhaft sind. Es gibt wenige Bücher, die so tröstlich, warmherzig und Hoffnung machend vom Leben erzählen, das manchmal schön ist, aber manchmal auch ganz schön hart. Gerade eben für 14-Jährige. Aber eigentlich gilt das genauso auch für 58-Jährige und jedes Lebensalter.

 

Lorena Simmel - FerymontLorena Simmel – Ferymont

Die 1988 geborene Schweizer Autorin Lorena Simmel führt uns in ihrem Debütroman Ferymont in eine Region ihres Heimatlandes, an das man bei „Schweiz“ nicht zuerst denkt, das aber 30% der Fläche ausmacht, das weitaus am bevölkerungsreichste Teil des Landes ist und sich vom Bodensee quer bis zum Genfer See hinzieht: das Schweizer Mittellland. Dank des günstigen Klimas der Beckenlage zwischen Jura und Alpen und den fruchtbaren Böden ist sie die wichtigste Landwirtschaftsregion der Schweiz. Und dahin geht es auch in Simmels Roman.

Die Ich-Erzählerin ist Studentin in Berlin, stammt aber aus dem kleinen Ort Ferymont im Mittelland. Hier arbeitet sie in den Semesterferien als Saisonarbeitskraft auf den Feldern und lernt ihre Heimatregion auf eine ganz neue Art und Weise kennen. Sie trifft auf Arbeitskräfte wie Darek, Konrad oder Daria aus Moldau. Für sie ist das eine besondere Erfahrung, bei ihrer Tante in der komfortablen Villa zu wohnen, Seminare in der Stadt zu besuchen und gleichzeitig mit den Menschen zusammenzuarbeiten, die unter teilweise wirklich schlechten Bedingungen, fern von den Familien sehr hart arbeiten. Schöne Landschaftsbeschreibungen, glückliche Sommermomente, aber auch eine klare Kritik am kapitalistischen System  und den Produktionsmethoden der modernen Landwirtschaft (eine Szene in einer Geflügelfarm ist regelrecht verstörend, auch wenn man darüber schon viel gehört hat). Das alles fügt sich zu einer ruhigen Erzählung ohne große Höhepunkte.

 

 

 

 

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