Lektüre April 2024

Ostern, eine wunderbare Woche in Venedig und das Lesefestival „Frankfurt liest ein Buch“ liegen nun auch schon wieder hinter mir. Letzteres brachte mir einen wunderbaren Einblick in das „Neue Frankfurt“, eine Architektur- und Designinitiative die seit den späten 1920er Jahren ein neues, demokratisches und gesundes Bauen für große Bevölkerungsgruppen umsetzte und damit aber auch Städteplanung, Grünflächenplanung und Design umfasste. Unter Bürgermeister Ludwig Landmann und den Architekten Ernst May und Martin Elsässer entstanden so erstaunliche Bereiche, die auch heute noch das frankfurter Stadtbild prägen, hinter dem „Mainhattan“-Bild der Stadt aber doch ziemlich untergehen. Für mich war das eine Entdeckungstour im wahrsten sinn und ich war auf vier Veranstaltungen und einer privaten Streiftour durch die Stadt. Wenn es die Zeit erlaubt, mache ich dazu gern einen Beitrag. Das Buch, das gelesen wurde, war übrigens „Zebras im Schnee“ von Florian Wacker.

Auch sonst standen interessante und teils recht umfangreiche Bücher auf der Liste meiner Lektüre im April 2024.

Meri Valkma - Deine MargotMeri Valkama – Deine Margot

Eine 1980 geborene Finnin schreibt einen Roman über den Untergang der DDR – das mag zunächst verwundern. Meri Valkama lebte allerdings, wie die Protagonistin in ihrem Debütroman Deine Margot, als Kind einige Jahre in der Ost-Berlin, wo ihr Vater – auch das eine Übereinstimmung – als Korrespondent einer linken finnischen Zeitung tätig war.

Markus Siltanen, seine Frau Rosa und die zwei und vier Jahre alten Kindern Vilja und Matias ziehen 1983 in eine Berliner Plattenbauwohnung. Während Markus begeistert von den ostdeutschen Idealen ist, lebt seine Frau relativ isoliert, bis sie die Ostdeutsche Inge kennenlernt. Markus wiederum lernt die Kindergärtnerin seiner Tochter Vilja kennen und verliebt sich in sie. Als Rosa Jahre später hinter die Affäre kommt, zwingt sie Markus zur Rückkehr nach Finnland. Markus und Luise bleiben heimlich in Briefkontakt und sehen sich erst nach dem Fall der Mauer  wieder. Für Vilja ist die Zeit in Ost-Berlin nur ein sehr schwacher Schemen. Nach dem Tod des Vaters findet sie die Briefe von Markus und Luise. Sie  machen Vilja neugierig und so kehrt sie 2011 nach Berlin zurück, um herauszufinden, was es damit auf sich hat und wer ihr Vater wirklich war.

Um mit dem Positiven anzufangen: Ich habe das Buch trotz inhaltlicher Einwände und einigen Patzern der Übersetzung bis zum Ende gelesen. Und das trotz stolzer 540 Seiten. Auch wenn es sprachlich manchmal holperte, hin und wieder gefährlich nah den Kitsch streifte und teilweise zu detailliert war, hielt mich doch eine gewisse Spannung bei der Stange. Dabei waren mir – jetzt kommen wir zum Inhalt – sämtliche Protagonisten zutiefst unsympathisch. Dazu schien mir das DDR-Bild, vielleicht wegen der linken Position der Autorin, deutlich zu positiv. Insgesamt also ein etwas durchwachsenes Urteil, ganz überzeugen konnte mich das Buch nicht.

 

volha-hapeyeva-samotaVolha Hapeyeva – Samota
Die Einsamkeit wohnte im Zimmer gegenüber

In ihrem poetischen Roman Samota, was auf Deutsch „Einsamkeit“ bedeutet, nähert sich die belarussische Autorin Volha Hapeyeva diesem Gefühl ebenso wie der menschlichen Fähigkeit Empathie zu empfinden, dem Begriff der Zeit und der Erinnerung. Sie bewegt sich dabei auf verschiedenen Zeitebenen und folgt drei Hauptfiguren, der verunsicherten, einsamen Vulkanologin Maja, die als Ich-Erzählerin auftritt und von einem Forschungsaufenthalt in Japan erzählt. Dort begegnet sie einer Frau, die so ganz anders als sie tickt, der Tierpsychotherapeutin und Verfasserin von Glückskekssprüchen Helga-Maria. Diese ist umtriebig und zupackend, erscheint aber im Verlauf des Romans immer unwirklicher. Es kommt der Verdacht auf, dass diese Helga-Maria nicht real, sondern nur eine weitere Ebene von Maja sein könnte. Der dritte Protagonisten ist der hochempfindsame, schwärmerische Sebastian, der einer anderen Zeitebene, vermutlich um 1900, entstammt. Verknüpft ist dieser Sebastian mit dem anderen Handlungsstrang dadurch, dass er schwärmerische Liebesbrief an Helga-Maria schreibt. Einer Figur, die durch die andere Erzählebene eigentlich 100 Jahre später verortet ist.

Fantastisch, geheimnisvoll und sehr locker verwebt – es dauert eine Weile, bis man sich grob in der Geschichte, die alle Eindeutigkeiten meidet, zurechtfindet. So etwas kann Spaß machen, hier fiel es mir recht schwer, mich zu orientieren und in das Buch hineinzufinden.

 

Isabelle Autissier - Aqua altaIsabelle Autissier – Aqua alta

Aqua alta – das jährliche Winterhochwasser begleitet Venedig schon seit seiner Gründung in der Lagune. Es kommt durch bestimmte Winde, durch die Gezeiten, niedrigen Luftdruck und weniger als man denkt durch Regen zustande. Seit 1872 wurden über 300 davon erfasst, in jüngster Zeit hat sich ihre Frequenz bedeutend erhöht. Klimawandel, der die Meeresspiegel ansteigen lässt, intensive Grundwasserentnahme, die Vertiefung der Fahrrinnen für immer größere Schiffe und die bis 2021 erlaubte Durchfahrt von riesigen Kreuzfahrtschiffen haben dazu geführt, dass nicht nur die Lagune als lebendes System, sondern auch die zum Teil auf Millionen unterirdischer Eichenpfähle errichtete Stadt mit ihren prächtigen Palazzi, Kirchen und dem Dogenpalast extrem gefährdet ist.

Isabelle Autissier hat das Horrorszenario eine Untergangs der Stadt in den Mittelpunkt ihres neuen Romans Aqua alta gestellt. In nüchternem, fast ein wenig reportagehaftem Ton beginnt sie mit dem Untergang und richtet den Fokus auf einen der nur wenigen Überlebenden der Katastrophe, den Stadtrat Guido Malegatti. Dieser betrauert den Tod seiner Frau Maria Alba. Die achtzehnjährige Tochter Lea gilt als vermisst. In der Folge wird die Familie vor dem Untergang vorgestellt, inklusive ihrer diversen Konflikte.

Das geschieht leider recht schablonenhaft. Guido ist der macht- und geldgierige Politiker, aufgestiegen aus einfachsten, bäuerlichen Verhältnissen und mit Baugeschäften zu Reichtum gekommen, der die drohende Katastrophe stets leugnet. Maria Alba ist die träge, leicht arrogante Frau aus sehr altem, aber leider verarmtem Adel, die ihre Stadt aus Geschichtsbewusstsein wegen ihrer Noblesse liebt. Lea ist die verwöhnte, rebellische Jugendliche, die sich auf die Seite von Umweltaktivisten schlägt und eine Affäre mit ihrem viel älteren Professor beginnt. Unsympathisch und eindimensional sind sie eigentlich alle drei.

Trotzdem habe ich Aqua alta mit Interesse gelesen, vielleicht aber nur, weil ich mich gerade in Venedig befand und das Buch wichtige Dinge anspricht, auch wenn leider einiges bereits schon wieder ein wenig überholt ist. Aqua alta ist aber durchaus eine Leseempfehlung für alle, die sich für Venedig und/oder Umweltfragen interessieren. Literarisch hat es eher wenig zu bieten.

 

Danie Schreiber - Die Zeit der VerlusteDaniel Schreiber – Die Zeit der Verluste

Ein weiteres Buch, das ich während meines Venedig-Aufenthalts gelesen habe, und das sich direkt mit der Lagunenstadt, diesmal aber nur als Kulisse und Spiegel, beschäftigt, ist Daniel Schreibers literarischer Essay Die Zeit der Verluste. Zwei Jahre nach dem Krebstod seines Vaters, in einer Zeit, die nach der Pandemie, durch Krieg in der Ukraine (und nun auch in Nahost) und an vielen Orten weltweit, Klimawandel, massenhafte Fluchtbewegungen, erstarkendem Rechtsextremismus und zunehmender Fragilität von Demokratie überall durch das Gefühl vom Verlust von Gewissheiten, der Illusion von Stabilität und Beständigkeit geprägt ist, widmet sich Schreiber diesem sowohl privaten als auch gesellschaftlichen Gefühl, das viele von uns sehr verunsichert.

Geschildert wird ein Tag, den der Autor im Rahmen eines zweiwöchigen Stipendiums in Venedig verbracht hat. Ein nebeliger Tag, der gut zum Thema Verluste passt und die Stimmung Schreibers nach dem Tod des Vaters und einer Zeit der beruflichen Überlastung perfekt passt. Er besucht die Friedhofsinsel San Michele, bestaunt seine Lieblingsgemälde von Veronese, Tiepolo und Tizian in der Galleria dell`Academia und verliert sich nicht nur in assoziativen biografischen Splittern und philosophischen Betrachtungen, die sich auch auf diverse literarische und wissenschaftliche Quellen berufen, sondern auch im Gewirr der venezianischen Gassen und Kanäle.

Wir alle verdrängen zu gern unsere Trauer. Im Persönlichen, weil sie uns sonst überwältigen würde und der gesellschaftliche Codex dies auch (zumindest nach einer gewissen Zeit) fordert. Aber auch als Gesellschaft lassen wir die Trauer über Dinge, die uns lieb waren und sind, oft nicht zu. Schreiber betont aber, dass man sich der Trauer stellen muss, weil sie sich sonst anhäuft und uns an die Grenzen der Resilienz führt. Das ist weder für ein Individuum als auch für eine Gemeinschaft zweckdienlich. Wir brauchen Vertrauen, um unsere Handlungsfähigkeit zu bewahren. Kunst und Literatur und Freundschaften sind Mittel, um sich mit Der Zeit der Verluste auseinanderzusetzen.

Daniel Schreiber stellt mehr Fragen als er mögliche Antworten gibt. Er ist das typische suchende Ich, dem man gern durch die faszinierende Lagunenstadt und seine Betrachtungen folgt. Leider bleibt es manchmal ein wenig oberflächlich, ergeht sich in Gemeinplätzen oder verharrt bei Alltagsverrichtungen. Besonders stark ist das Buch, wenn der Autor dann doch wieder nahe heranrückt, sei es an den geliebten Vater oder die faszinierende Stadt. Dann entwickelt es eine große Intensität, die auch dann nicht nachlässt, wenn man sie inmitten der Stadt der Trauer, die Venedig für Daniel Schreiber ist, liest.

 

Natascha Wodin - Der Fluss und das MeerNatascha Wodin – Der Fluss und das Meer

Natascha Wodin hat mich mit ihren autofiktionalen Romanen über Mutter (Sie kam aus Mariupol) und Vater (Irgendwo in diesem Dunkel) tief berührt. Auch die fünf Erzählungen in Der Fluss und das Meer sind wieder eindeutig autobiografisch. Drei ältere Geschichten wurden dafür überarbeitet, eine erschien bisher nur in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, eine ist bisher unveröffentlicht. Die Traumata ihrer eigenen Kindheit als Tochter zweier selbst traumatisierter ehemaliger russisch-ukrainischer Zwangsarbeiter bestimmen alle Erzählungen und hüllen sie in eine tiefe Melancholie. Sie sind dunkel, teils drastisch, schonungslos und radikal ehrlich. Angst, eine kaum zu bewältigende, alles umgebende und schwer zu benennende Angst, begleitet die Ich-Erzählerin und bedrückt auch die Lesenden.

Gewalt, Armut, Lieblosigkeit und Ausgrenzung bestimmten die Kindheit der Erzählerin. Als sie elf Jahre alt war, nahm sich die Mutter das Leben. Sie „ging“ in die Regnitz, einem eher kleinen Fluss in Franken. Durch den Main-Donau-Kanal fließt das Wasser mittlerweile bis ins Asowsche Meer, bis nach Mariupol, der Heimatstadt der Mutter. In der titelgebenden Erzählung Der Fluss und das Meer schreibt Natascha Wodin darüber und schlägt den Bogen zur jüngsten Zerstörung der Stadt in Russlands Angriffskrieg.

In einer weiteren Geschichte erzählt Wodin von sich als junger Frau, die mit 19 Jahren eine Ehe mit einem Mann aus gutem Haus einging, um ihrer tristen Barackensiedlung, der großen Armut der Eltern und ihrer Ausgrenzung als „Russenlusch“ im Bayern der 1960er Jahre zu entkommen. Die Nachbarin im wohlhabenden Münchner Vorort, die – vermutlich psychisch krank – sich und Haus und Garten immer mehr verwahrlosen lässt, erinnert sie an ihre Herkunft und wird von ihr regelrecht gehasst. Die Erzählerin zeigt sich schonungslos erschreckend gehässig. Ihre Geschichte ist im Nachhinein an diese Nachbarin, Frau Meisinger, adressiert. Völlig ohne Reue, das verstört.

In der dritten Geschichte hat sich die Erzählerin in die Einsamkeit des Schreibens zurückgezogen und nimmt, vermittelt durch eine alte Schulkameradin, Briefkontakt zu einem Mann auf, der wie sie aus der Provinzstadt F. stammt und nun nach einem Selbstmordversuch entmündigt in der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie lebt. Zwischen den Beiden kommt es zu einer Art düsterer Liebesbeziehung, gegründet auf das Gefühl des Ausgegrenztseins und der Liebe zur Musik.

In der vierten Geschichte geht es zurück in die 1970er Jahre. Die Erzählerin lebt mittlerweile mit einem Freund aus dem bürgerlich-linken Spektrum und dessen Schwester in einer WG und unternimmt mit ihnen eine Reise nach Sri Lanka. Sie leidet dort unter der Hitze, den Umständen, diversen Erkrankungen und fühlt sich dem Elend der Tropen näher als ihrer eigenen deutschen Identität. Auch hier wieder Gefühle des Fremdseins. Mir war diese Geschichte zu larmoyant. Genauso wie die letzte Geschichte, wo es um die Angststörung geht, die sie mithilfe eines Psychotherapeuten in den Griff zu bekommen versucht, dann aber in einer klassischen Übertragung eine fast schon besessene Liebe zu diesem Dr. Simon entwickelt.

Ich bewundere die schonungslose Ehrlichkeit der Autorin in ihren Geschichten, ihren kargen, lakonischen Stil. Einige sprachen mich an, meistens war mir das Ganze aber zu sehr Aufarbeitung, zu sehr Psychologisierung der eigenen Verfasstheit.

 

Elizabeth Strout - Am MeerElizabeth Strout – Am Meer

Zu Beginn des neuen Romans von Elizabeth Strout (ihr neunter mittlerweile; der dritte mit der Schriftstellerin Lucy Barton als Erzählerin) stehen wir am Anfang der Corona-Pandemie. Es ist die erste Märzwoche 2020 und Lucys Ex-Mann William, der Wissenschaftler, Parasitologe ist, ahnt, was da auf die Welt zukommen wird. Er überredet Lucy, New York zu verlassen und mit ihm in ein Haus an der Küste von Maine zu ziehen. Lucys alte Bekannte Elsie Waters und Williams bester Freund Jerry sind bereits am Virus verstorben, Williams Bekannter Bob Burgess bietet ihm ein Haus im kleinen Städtchen Crosby (wir kennen es als Heimatort von Olive Kitteridge aus Strouts vielleicht erfolgreichstem Roman Mit Blick aufs Meer) günstig an. Aus geplanten Wochen werden Monate, wir begleiten Lucy und William in ihrem Lockdown, treffen hin und wieder Bob Burgess – mit Masken und reichlich Abstand natürlich – verfolgen die Sorge um die gemeinsamen Töchter, besuchen Williams im letzten Roman aufgetauchte Halbschwester Lois Bubar und Lucys in prekären Verhältnissen lebende Geschwister Pete und Vicky und bekommen nebenbei die Ereignisse dieses Jahres wie ein düsteres Hintergrundrauschen mit: der Mord an George Floyd im Mai, die Massenproteste, die Wahl Joe Bidens im November 2020 und der Sturm aufs Kapitol im Januar 2021. Nicht nur die Pandemie, sondern auch der zunehmende Riss in der amerikanischen Gesellschaft beunruhigt nicht nur Lucy.

Lucy erzählt uns die Geschichte ihrer Zeit im Haus Am Meer wie einer Freundin, im Plauderton, warmherzig und manchmal sehr emotional. Emotionaler als man das von vorhergehenden Romanen Strouts kennt. Das ist wohl der Krisensituation geschuldet. Lucy bleibt aber immer selbstreflektiert, skeptisch, ironisch, witzig. Ich bin ihr wieder sehr, sehr gerne gefolgt und verlasse meine literarische Wahlfamilie nur ungern. Schön, dass es schon bald einen neuen Roman von Elizabeth Strout geben wird, in dem sie noch mehr ihrer Figuren aufeinandertreffen lassen wird.

 

Barbara-Kingsolver - Demon CopperheadBarbara Kingsolver – Demon Copperhead

Barbara Kingsolver, die für ihren 860 Seiten starken Roman 2023 sowohl den Pulitzer Belletristik als auch den Womens Prize for Fiction zugesprochen bekam, nimmt den berühmten David Copperfield von Charles Dickens als Folie für ihren Demon Copperhead und transferiert die sozial engagierte, realistisch erzählte Geschichte des Waisenjungen David aus dem Jahr 1850 und dem viktorianischen England in die 1990er und 2000er Jahre und in die abgehängte, als „Hillbilly-Provinz“ verachtete US-amerikanische Gebirgsregion der Appalachen. Das ist der 1955 geborenen und trotz zahlreicher Veröffentlichungen in Deutschland bisher nahezu unbekannten Kingsolver hervorragend gelungen.

In einem gottverlassenen Kaff im Lee County/Virginia lebt Demon mit seiner drogenabhängigen Mutter in einem Trailer. Die Gegend ist geprägt von Armut, Arbeitslosigkeit, Tabakfeldern und Bergwerken. Alkohol und Drogen sind ein großes Problem. Als Demons Mutter mit Stoner einen neuen Partner findet, bricht das Leben des elfjährigen Jungen komplatt ein. Stoner ist ein richtiger Mistkerl und bewirkt, dass Demon in eine Pflegefamilie kommt. Die Behörden sind ignorant und verantwortungslos, die Pflegefamilien nur aufs Geld aus und missbrauchen die Pflegekinder aufs sträflichste. Als die Mutter an einer Überdosis stirbt, scheint Demons Schicksal besiegelt. Aber der Junge entwickelt Initiative, sucht und findet seine bisher unbekannte Großmutter, die dafür sorgt, dass er gut untergebracht wird. Coach Winfield ist Trainer der Football-Mannschaft und damit eine Lokalgröße. Auch bei seinem neuen Pflegesohn erkennt er Talent. Diese kurze Phase des Glücks wird aber jäh durch eine schwere Knieverletzung, die er sich beim Training zuzieht, unterbrochen. Demon wird Opfer der Opioid-Krise. Millionen von Menschen werden durch leichtfertig verschiebene starke Schmerzmittel abhängig und sterben nicht selten an einer Überdosis.

860 Seiten – das ist eine ganze Menge. Durch die engagierten Themen, die hervorragende Figurenzeichnung, den lockeren Jargon, in dem Demon seine Lebensgeschichte erzählt, und die glänzende Übersetzung durch Dirk van Gunsteren lesen sie sich erstaunlich gut, spannend und bereichernd. Ein tolles Buch und eine wunderbare Autorin, die ich bei einer Lesung in Frankfurt bereits erleben durfte.

 

 

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