Wie in jedem Jahr war auch 2024 die Frankfurter Buchmesse wieder der Höhepunkt meines Buchjahres. Seit fast zehn Jahren besuche ich auch jedes Jahr im Frühling Leipzig und auch das ist großartig und auf seine Weise einzigartig. Aber gerade das, was erklärte LBM-Fans an „ihrer“ Messe so lieben, vermisse ich dort: die Ruhe der Fachbesucher-Tage in Frankfurt, die Internationalität, die Größe.
Mein Buchmesse-Recap
am besten im Vollbildmodus anschauen (Quadrat unten rechts)
(Musikquelle: musicfox.com)
Frankfurter Buchmesse 2024
In diesem Jahr hatte die Buchmesse einige sehr gute Verbesserungen vorzuweisen. Das begann mit einem völlig neu und sehr komfortabel ausgestatteten Pressezentrum, das zwar sehr weit ab vom Schuss liegt, aber die Möglichkeit eines ruhigen Starts in den Messetag, Schließfächer, ruhige Toiletten und eine sehr schöne Atmosphäre bietet. Die Gänge in den Messehallen waren deutlich breiter konzipiert, was eine deutliche Entlastung bezüglich Menschendichte brachte. Das bestimmte, sehr gehypte Genres wie New Adult, Romantasy, Young Adult eine neue Heimat in Halle 1.2 fanden, ist auch sehr begrüßenswert. Hinzu kommt noch eine sehr gute Regelung für den Einlass (inkl. Fast Lane für Aussteller und Presse), die nahezu keine Warteschlangen entstehen ließen. Dass Frankfurt im Gegensatz zu Leipzig bereits um 9 Uhr seine Türen öffnet und auch nicht ganz so gouvernantenhaft auf die Minute mit Gong achtet, ist ebenfalls ein Punkt für die FBM.
Der Messe-Dienstag
Die Messezeit begann für mich bereits am Dienstag. Aus persönlichen Gründen musste ich die Eröffnungspressekonferenz schwänzen, konnte aber am Abend im Schöffling Verlag beim Empfang der sich kürzlich zu den Liberté-Verlagen zusammengeschlossenen Häusern (neben Schöffling Kampa, Aki, Jung und Jung, Dörlemann) die Messe einläuten, liebe Menschen das erste Mal begrüßen und mich in den Räumen in der Kaiserstraße nahe des Bahnhofs so richtig wohlfühlen. Die Liberté-Verlage starteten damit ein neues Konzept: keine Präsenz auf der Messe, dafür offenes Haus während der Messetage mit Programmvorstellungen, Lesungen, Beisammensein. Eine schöne Idee. Ich war froh für die Möglichkeit bereits am Dienstag, an den anderen Tagen hätte ich es wohl nicht hierher geschafft.
Italienische Bücher im Gastlandpavillon – leider nur im Abseits
Der Messe-Mittwoch
Der Mittwoch war noch sehr entspannt. Herumschlendern, bei Verlagsständen vorbeischauen, erste Begegnungen genießen. Der Wagenbach-Verlag startete mit seinem legendären Sit-In, mit den meist verschmähten „Wölkchen“, dafür mit den reizenden Annette und Merle und einem wie immer hochkarätigen Gast, diesmal Mario Desiati, dem Autor des Romans „Spatriati“.
Denn, natürlich, Italien war dieses Jahr Gastland der Messe. Schon im Vorfeld bei mehreren Vor-Pressekonferenzen zeichnete sich ab, dass dieses Gastland meine sonst so übliche Begeisterung nicht entfachen wird. Die Alte-Herren-Riege, die sich da vorstellte (die nach Berlusconi-TV-Sehgewohnheiten aufgebrezelte Moderatorin mal ausgenommen), versprach einen Auftritt ganz nach aktueller politischer Ausrichtung. Und tatsächlich präsentierte sich das Land unter dem Motto „Verwurzelt in der Zukunft“ in keinster Weise zukünftig, sondern extrem rückwärtsgewandt. Die Bücher waren wieder in eine abseits gelegene Kammer verbannt. Der Pavillon und der gesamte Auftritt erhielt auch nahezu keine positive Resonanz. Selbst die Buchmesse-Oberen schienen sich mit dem Gastland dieses Jahr schwer zu tun.
Aber zurück zum Wagenbach-Verlag, der sich ganz besonders um italienische Literatur bemüht. Bereits seit Jahrzehnten und das sehr erfolgreich. Vielleicht nicht seit Jahrzehnten, aber schon ziemlich lange, ist der Kölsch-Empfang des Verlags Kiepenheuer & Witsch am ersten Messe-Abend Tradition. Wem man bisher noch nicht in die Arme gelaufen ist, den kann man jetzt spätestens hier treffen.
Bedingt durch Stellwerk-Probleme der S-Bahnstrecke zeichnete sich bei mir später ein kleines Transportproblem ab, weswegen ich danach nicht mehr auf den Verlagsabend der Frankfurter Verlagsanstalt gehen konnte, über deren Einladung ich mich so gefreut hatte.
Der Messe-Donnerstag
Donnerstag und Freitag hatten ein strammes Programm. Pressekonferenz des zukünftigen Gastlandes Philippinen (sehr vielversprechend), Interview mit der italienischen Autorin Titti Marrone und ihrer Übersetzerin Klaudia Ruschkowski über ihr berührendes Buch „Besser nichts wissen“ (ganz große Leseempfehlung!)und zahlreiche Verlagstermine standen am Donnerstag an. Der Abend musste auch auf zwei Veranstaltungen aufgeteilt werden. Logistisch nicht ganz einfach: Blogger:innen-Empfang im Verlagshaus S. Fischer am Südbahnhof (leider durch die vielen verschiedenen Genres, die jetzt vorgestellt werden nicht mehr so schön und gemütlich wie „damals“, als nur die Literatur-Blogger:innen eingeladen waren; aber dennoch mit viel Engagement ein schönes Zusammensein bei Sandwiches und Getränken und Einblicken ins Verlagsprogramm), danach wieder Richtung Messe und Westbahnhof zum Hanser-Rauschen. Den Live-Podcast, der im Programmkino Orfeos Erben aufgenommen wurde, haben wir zwar verpasst, aber danach saß man so gemütlich bei Tapas und Wein zusammen, dass hier schon ein erster Höhepunkt des Messetreibens erreicht war.
Der Messe-Freitag
Der nächste Höhepunkt wartete aber bereits am Freitagmorgen mit einem sehr schönen Frühstück der Kirchner Kommunikation, die ihr Portefolio an Neuerscheinungen aus unabhängigen Verlagen vorstellten. Danach folgte ein sehr schönes ungeplantes Kennenlernen am Residenzstand und dann „jagten“ sich die Programmvorstellungen von Rowohlt, Diogenes und KiWi, jeweils mit Autorinnenbeteiligung (Raphaëlle Red, Stephanie vor der Schulte, Sarah Pines, Isabelle Bogdan).
Der Abend begann mit einem Apéro in der Skybar Open, auf 85 Metern Höhe, mit Außenterrasse. Penguin/Manesse haben eingeladen und diese Treffen gehören für mich seit Jahren zu den liebsten. Zum ersten Mal fanden sie abseits des Messegeländes statt und ich muss sagen: Große Klasse! Im kleinen (mittlerweile aber schon größeren Rahmen) trifft man sich mit Programm- und Presseleitung. Eine so wertschätzende Einladung und so gute Gespräche! Danach ging es zu Dritt per Taxi Richtung Literaturhaus. Dort ist am Freitagabend die Verleihung des Hotlist-Preises mit anschließender DJ-Party Tradition. Tradition hat leider auch, dass ich da nie sehr lange durchhalte (der Tag war ja auch schon lang). Ein paar Beats und der Messe-Aperol mit Sabine war aber noch drin.
Samstag und Sonntag
Am Messesamstag verabschieden sich bereits die meisten Büchermenschen. Es wird dann auf dem Messegelände auch unangenehm voll. Allerdings haben die Maßnahmen (beschränktes Kartenangebot, nur Online-Tickets, Wartezonen, breitere Gänge) sehr zur Entlastung geführt. Außer in Halle 3.0 war es überall erträglich. Ein paar wenige Verlagstermine, ein Mittagessen mit meinen Kindern – der Samstag war ziemlich entspannt. So bot sich mir auch endlich die Gelegenheit, eine Open Books-Lesung zu besuchen. Meine einzige in 2024 während der Frankfurter Buchmesse. In den Jahren zuvor waren diese Lesungen in der Stadtmitte, veranstaltet vom Kulturamt Frankfurt, immer mein Highlight nach einem Messetag. Aber in diesem Jahr gab es einfach viel zu viele tolle Abendveranstaltungen, so dass ich es dahin nicht mehr schaffte. Am Samstagnachmittag hatte ich dann doch noch das Vergnügen, Zora del Buono in den Römerhallen erleben zu dürfen. Ihr Buch „Seinetwegen“ habe ich ausgesprochen gern gelesen.
Am Abend folgte dann der eigentliche Messeabschluss: Der Reclam-Verlag lud zum Pub-Quiz „Bookish-Brains“ ins „Herz von Frankfurt“. Tolle Location, toller Abend, moderiert von der wunderbaren Ilke Sayan. Unser Team (lese_verliebt, thortis_buecher_blog, Booksterhro) hatte zwar den Kneipenquiz-König Stefan dabei, wurde aber dann doch nur Zweiter. Spaß gemacht hat es aber sehr und es war ein wirklich krönender Abschluss einer tollen Frankfurter Buchmesse 2024.
Ein Termin stand noch am Sonntag an: die Übergabe der Gastrolle von Italien an die Philippinen. Wie immer so semi-gut organisiert, habe ich zumindest einen Sitzplatz ergattert und konnte sowohl den indigenen Musiker Datu Rodelio „Waway“ Saway als auch die Philippine Madrigal Singers erleben, die den italienischen Kultklassiker „Volare“ performten. Sehr sympathisch. Das lässt hoffen, dass der Gastlandauftritt 2025 wieder gelungener sein wird. Ich jedenfalls freue mich drauf. Und natürlich auch wieder auf die FBM 2025.
Ein Gedanke zu „Frankfurter Buchmesse 2024 – Nachlese“