Susan Choi – Vertrauensübung

Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurückgelassen wie der mit dem National Book Award ausgezeichnete und nun in der Übersetzung von Tanja Handels und Katharina Martl bei Kjona erschienene Roman von Susan Choi, Vertrauensübung. Einhellige Begeisterung herrscht bei mir allerdings über die Gestaltung des Buchs. Der sich vor allem für Nachhaltigkeit in der Buchproduktion engagierende Kjona Verlag macht einige der schönsten Bücher, die derzeit im Handel sind. Trendige Veredelungen wie Lacke oder Farbschnitte werden aus Umweltschutzgründen nicht verwendet, dafür jubelt mein Bücherherz angesichts des klaren Designs, des hochwertigen, alterungsbeständigen Papiers und vor allem der Fadenheftung. Ganz große Begeisterung! Weiterlesen „Susan Choi – Vertrauensübung“

Rebecca Makkai – Die Optimisten

Rebecca Makkai erfindet mit ihrem über 600 Seiten starken Roman „Die Optimisten“, der sowohl Finalist für den Pulitzer Prize als auch den National Book Award war, zahllose andere Preise gewann und auch in der deutschen Übersetzung von Bettina Abarbanell zumindest in der Blogger- und Bookstagram-Szene viel Begeisterung auslöst, sicher nicht das Rad neu. Sie zeigt aber wieder einmal, wie souverän amerikanische Autoren gut lesbare und gleichzeitig relevante große Romane schreiben. Und wie zögerlich die deutsche Literaturkritik im Feuilleton auf diese reagiert. Weiterlesen „Rebecca Makkai – Die Optimisten“

Jesmyn Ward – Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt

Die afroamerikanische Autorin Jesmyn Ward gewann bereits 2011 vor Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt mit ihrem zweiten Roman „Salvage the bones“ (Deutsch: „Vor dem Sturm“) einen der bedeutendsten Buchpreise der USA, den National Book Award. Dabei lieferte der Jahrhundertsturm Katrina den dunkel dräuenden Hintergrund einer Familiengeschichte aus der untersten Gesellschaftsschicht der amerikanischen Südstaaten. Armut, Hoffnungslosigkeit, Vernachlässigung, Drogen- und Alkoholmissbrauch, sexuelle Gewalt und Teenagerschwangerschaft, aber auch Solidarität in der Familie und besonders auch die Beziehung unter Geschwistern waren die Kernpunkte dieses Textes. Dinge, die die Autorin, die selbst aus einem ähnlichen Milieu abstammt und in Mississippi aufwuchs, nur zu gut kennt. Ihr ermöglichte ein wohlhabender Arbeitgeber der Mutter, die in den gutgestellten Haushalten putzen ging, eine Schul- und Universitätsausbildung. Das Verhältnis zu ihren Schwestern war sehr eng. Weiterlesen „Jesmyn Ward – Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt“

Adam Haslett – Stellt euch vor, ich bin fort

Adam Haslett – Stellt euch vor, ich bin fort

„Wir sind keine Individuen. Die Lebenden suchen uns ebenso heim wie die Toten. Geglaubt habe ich das früher schon. Aber jetzt weiß ich es. Das war es, was er uns immer sagen wollte.“

Das Verwobensein in eine Gemeinschaft, hier die Familie, ist eines der für mich zentralen Motive in Adam Hasletts für den National Book Award und die Shortlist des Pulitzer Prize nominiertem Roman „Stellt euch vor, ich bin fort“. Es ist eine eine Variation von John Donnes berühmtem Zitat „No man is an island of itself“.

So sehr der Mensch nach Individualität und Unabhängigkeit strebt, nach seinem eigenen, ganz persönlichen Weg durchs Leben, so ist er doch unlösbar verstrickt in das Geschick seiner Mitmenschen, in die Gesellschaft, die Menschheitsgeschichte. Und ganz besonders, so viel Widerstand er dagegen aufbauen mag oder ihm entgegengesetzt wird, ist er Teil seiner Familiengeschichte. Es sind die Menschen, die ihn und seinen Lebensweg am nachhaltigsten prägen, auf die eine oder andere Weise, ihm ein Erbe mitgeben. Sich daraus ganz zu befreien, ist fast unmöglich und manch einer sucht gerade in der Gemeinschaft Trost und Geborgenheit, fühlt für sie Verantwortung, die am zerstörerischsten auf ihn wirkt. Weiterlesen „Adam Haslett – Stellt euch vor, ich bin fort“

Bill Clegg – Fast eine Familie


Bill Clegg - Fast eine Familie

 

Bill Clegg – Fast eine Familie

„Und kein Mensch wird sich an uns erinnern – wer wir waren und was hier geschehen ist. Sand wird über die Pacific Avenue und gegen die Fenster des Moonstone wehen, und neue Menschen werden kommen und den Strand hinunter zum großen Ozean gehen. Sie werden verliebt sein oder verloren, und sie werden keine Worte haben. Und das Rauschen der Wellen wird für sie klingen wie für uns, als wir es das erste Mal gehört haben.“

So endet Bill Cleggs Roman „Fast eine Familie“ (Original: „Did you ever have a family?“)

Es ist der erste Roman nach der Veröffentlichung zweier Memoirs, die er über seine Drogensucht, den Entzug und seine Rehabilitierung geschrieben hat. Mittlerweile arbeitet Clegg wieder als äußerst erfolgreicher Literaturagent.

In den Schlussworten des Romans klingt dessen Stimmung sehr schön an: Er ist zart und lyrisch, ruhig und gemessen. Ein wenig korrespondiert der Ton mit den leicht betäubten, trauernden Menschen von denen er erzählt. Weiterlesen „Bill Clegg – Fast eine Familie“