Über 100 norwegische Autoren waren bei der Frankfurter Buchmesse 2019 im Rahmen des Gastlandauftritts anwesend und haben mit viel Leidenschaft ihre Bücher und die Literatur ihres Landes einem sehr interessierten Publikum vorgestellt. Das Medienecho war groß. Und doch haben einige Bücher nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen oder die man erwarten konnte. Vigdis Hjorth ist mit ihrem Roman Bergljots Familie ein solches Beispiel. Wie wunderbar, dass der S.Fischer Verlag mit der Veröffentlichung des neuesten Hjorth-Romans Vigdis Hjorth – Die Wahrheiten meiner Mutter auch die Veröffentlichung älterer Werke der Autorin in Angriff genommen hat. Unter dem Titel Ein falsches Wort erscheint nun auch der Roman über Bergljots Familie von Vigdis Hjorth, die sich über Erbstreitigkeiten völlig verliert. Weiterlesen „Vigdis Hjorth – Ein falsches Wort“
Schlagwort: Norwegische Literatur
Vigdis Hjorth – Die Wahrheiten meiner Mutter
Die Autorin Vigdis Hjorth zählt in ihrem Heimatland Norwegen zu den bekanntesten und mit fast 30 Veröffentlichungen auch zu den produktivsten literarischen Stimmen. In Deutschland gilt es die 1959 in Oslo geborene Schriftstellerin erst noch zu entdecken. Zwar sind einige ihrer Romane bereits ins Deutsche übersetzt in verschiedenen Verlagen erschienen, aber keiner davon wurde so richtig beachtet. Was vielleicht an den mit Verlaub ziemlich dämlichen deutschen Titeln gelegen haben könnte. Im Osburg Verlag fand sie dann ein Zuhause, das ihre Werke ernst nahm. Und nun sorgt hoffentlich der Wechsel in den renommierten S. Fischer Verlag dafür, dass sie auch einem breiteren Publikum bekannt wird. Hier erschien unlängst der neueste Roman von Vigdis Hjorth, Die Wahrheiten meiner Mutter. Er mor død (Ist Mutter tot?) heißt er im Original. Und um eine komplexe, schwierige Mutter-Tochter-Beziehung geht es. Weiterlesen „Vigdis Hjorth – Die Wahrheiten meiner Mutter“
Helga Flatland – Die Resonanzen
Als 2009 Alexander Rybak mit seiner Hardangerfiedel den ESC für Norwegen gewann, war dieses nordische Streichinstrument, das der Violine ähnelt, neben den vier Spielsaiten aber noch unter dem Griffbrett verlaufende Resonanzsaiten besitzt, hierzulande wenig bekannt. Für Norwegen ist es so etwas wie ein Nationalinstrument. Neben der Volksmusik, gibt es auch klassische Musik, die dafür komponiert wurde, so etwa auch Edward Grieg, dessen Peer Gynth-Suite ich im Sommer von der Geigerin Ragnhild Hemsing auf der Hardangerfiedel gespielt habe genießen können. Resonanzsaiten werden nicht direkt gespielt, sondern schwingen bei bestimmten Tonhöhen mit und variieren dadurch den Klang. „Etterklang“, der Nachhall, so ist der Roman von Helga Flatland im Original betitelt, Die Resonanzen trifft es in der deutschen Übersetzung von Ina Kronenberger und Elke Ranzinger aber auch ganz wunderbar. Resonanzen, die auch im menschlichen Miteinander entstehen, auch wenn sie nicht beabsichtigt waren. Weiterlesen „Helga Flatland – Die Resonanzen“
Roy Jacobsen – Die Unwürdigen
Roy Jacobsen (Jahrgang 1955) ist, nicht zuletzt mit seiner großen vierteiligen Barrøy-Saga (Die Unsichtbaren, Die Kinder von Barrøy), ein großer Chronist der jüngeren norwegischen Geschichte. Im Rahmen des Gastlandauftritts Norwegens zur Frankfurter Buchmesse 2019 habe ich diesen Autor, der in Deutschland leider immer noch nicht so bekannt ist wie er es eigentlich verdienen würde, für mich entdeckt. Nun hat der Verlag C.H.Beck seinen neuesten Roman Die Unwürdigen in der Übersetzung von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann veröffentlicht. Wieder eine empathische Geschichte, diesmal aus einer sehr düsteren Zeit und von einer wenig beachteten Gruppe von Menschen. Weiterlesen „Roy Jacobsen – Die Unwürdigen“
Toril Brekke – Ein rostiger Klang von Freiheit
Als 2019 Norwegen Gastland der Frankfurter Buchmesse war, tauchte der Name Toril Brekke, zumindest für mich, nicht auf. Dabei hatte die 1949 geborene Autorin schon etliche ihrer Bücher in Deutschland veröffentlicht. Nur erschien leider keines davon neu oder in Neuauflage. Umso schöner, dass man nun mit Rostiger Klang der Freiheit ihren neuesten Roman von Toril Brekke in der Übertragung von Gabriele Haefs bei Stroux edition entdecken kann. Weiterlesen „Toril Brekke – Ein rostiger Klang von Freiheit“
Sigrid Undset – Kristin Lavranstochter Die Frau
Nachdem Kristin Lavranstochter im ersten Teil der Trilogie, für die die Autorin 1928 den Literaturnobelpreis erhielt, als junge eigenwillige Frau ihre Ehe mit dem angebeteten Erlend Nikulaussohn durchgesetzt hat, führt Sigrid Undset die Geschichte in Die Frau fort. Gegen den Willen ihres geliebten Vaters Lavrans Bjørgulvssohn hat sich Kristin diese Ehe ertrotzt. Ihre voreheliche Schwangerschaft konnte dadurch gerade noch legitimiert werden. Der schlechte Ruf Erlends, der zuvor mit einer anderen Frau in unehelicher Gemeinschaft lebte, aus der zwei gemeinsame Kinder stammen, erholt sich durch Kristins sorgsames Haushalten und erfolgreiche Geschäfte ihres Mannes langsam. Weiterlesen „Sigrid Undset – Kristin Lavranstochter Die Frau“
Helga Flatland – Zuunterst immer Wolle
Für die 67-jährige Anne ist es keine leichte Entscheidung, ihren stark pflegebedürftigen, dementen Ehemann Gustav in ein Pflegeheim zu geben. Zu sehr ist sie ihm noch emotional verbunden. Aber es liegen lange Jahre der Pflege bereits hinter ihr. Gustav war erst vierzig, als er den ersten Schlaganfall erlitt. Es folgten noch etliche weitere. Zunächst büßte er sein Sprachvermögen, dann motorische Fähigkeiten und schließlich auch noch Gedächtnis und Persönlichkeit ein. Zunehmend reagierte er auch aggressiv. Was für Anne nun trotz ihrer regelmäßigen Besuche im Pflegeheim eine Art Befreiung und Unabhängigkeit hätte werden können, durchkreuzt das Schicksal erneut aufs härteste. Bei ihr wird ein Darmtumor entdeckt, der bereits Metastasen gebildet hat. Anne wird sterben. Dass ihre Geschichte in Zuunterst immer Wolle dennoch keine deprimierende oder dunkle geworden ist, verdankt sich der pragmatischen, manchmal etwas ruppigen Art, mit der Helga Flatland ihre Protagonistin ausgestattet hat. Weiterlesen „Helga Flatland – Zuunterst immer Wolle“
Roy Jacobsen – Die Kinder von Barrøy
Als 2019 Norwegen Gastland der Frankfurter Buchmesse war, erschienen, auch durch die tatkräftige Unterstützung der norwegischen Literaturförderung, zahlreiche großartige Romane neu in deutscher Übersetzung. Ich habe viele Autor:innen für mich entdeckt und eindrückliche Bücher gelesen. Eines davon war die Insel-Saga von Roy Jacobsen, deren ersten drei Teile unter dem Titel Die Unsichtbaren 2019 von C.H.Beck in einem Band zusammengefasst wurden. Die Geschichte der Bewohner von Barrøy, und hier vor allem von Ingrid, vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg war packend, informativ und sprachlich sehr gelungen. Sehr habe ich mich auf den vierten Teil des Epos von Roy Jacobsen gefreut, der nun als Die Kinder von Barrøy, ebenfalls bei Beck in der Übersetzung von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann erscheint. Weiterlesen „Roy Jacobsen – Die Kinder von Barrøy“
Hanne Ørstavik – Ti amo
Wie soll man damit umgehen, dass ein nahestehender, geliebter Mensch stirbt? Ein Mensch, mit dem man Tag für Tag das Leben und das Bett teilt? Wie soll man damit umgehen, dass dieser Mensch nicht über seinen Tod, nicht über sein Sterben, kaum über seine Krankheit und sein Befinden sprechen möchte? Wie soll man mit der großen Einsamkeit und dem Schmerz, die diese Sprachlosigkeit hervorruft, umgehen? Fragen, die sich Hanne Ørstavik in ihrem schmalen Text Ti amo stellt. Weiterlesen „Hanne Ørstavik – Ti amo“
Cora Sandel – Café Krane
Die 1880 als Sara Cecilie Margarete Gørvell Fabricius in Christiania geborene und in Tromsø aufgewachsene Schriftstellerin Cora Sandel kennt kaum eine Leser*in hier in Deutschland. In ihrem Heimatland gehört sie allerdings zu den ganz großen Autorinnen, den Klassikern. Auf Deutsch wurde in den 1960er Jahren im Schweizer Rascher Verlag ihre als Hauptwerk geltende Alberte-Trilogie veröffentlicht. Anlässlich des Gastlandauftritts Norwegens zur Frankfurter Buchmesse 2019 erschien nun ein anderes Werk von Cora Sandel: Café Krane. Weiterlesen „Cora Sandel – Café Krane“