Olga Tokarczuk – Empusion

Es ist September 1913, am Vorabend des Ersten Weltkrieges, als ein junger, polnischer Student der Kanalisationsbautechnik aus Lemberg im Lungensanatorium Gröbersdorf (das heutige Sokolowsko) in Niederschlesien ankommt. Natürlich denkt die Leserin/der Leser sofort an Thomas Manns Zauberberg und seinen Helden Hans Castorp. Dass die Nobelpreisträgerin von 2019 Olga Tokarczuk mit ihrem neuen (und ersten Post-Nobel)Roman Empusion nicht nur einen Wiederaufguss oder eine Reminiszenz an den berühmten Sanatoriumsroman schreiben wollte, zeigen bereits der ungewöhnliche Titel und die beigefügte Gattungsbezeichnung „Eine natur(un)heilkundliche Schauergeschichte. Weiterlesen „Olga Tokarczuk – Empusion“

Anthony McCarten – Going Zero

Dass der gebürtige Neuseeländer Anthony McCarten auch ein sehr erfolgreicher, mehrfach oscarprämierter Drehbuchautor ist, merkt man seinem neuen, atemlosen Thriller Going Zero an. Intelligent, spannend und überraschend jagt der 61-Jährige seine Leser:innen durch die Seiten. Und das ganz ohne die sonst üblichen eindeutigen Schurken und (fast) ohne Gewalt. Weiterlesen „Anthony McCarten – Going Zero“

Olga Tokarczuk – Letzte Geschichten

Drei Letzte Geschichten verwebt Olga Tokarczuk durch die drei Protagonistinnen, drei Frauen, drei Generationen einer Familie. Daraus entsteht dennoch kein Familienroman. Zu lose sind die Verbindungen zwischen Großmutter, Mutter und Tochter. Zwar ist in der einen Geschichte die Mutter auf dem Weg zu ihrem Elternhaus und Postkarten der in der Welt herumreisenden Tochter werden erwähnt, aber die drei Frauen begegnen sich nicht, kommen sich nicht nahe, von ihren Beziehungen ist kaum die Rede. Und auch sonst sind die drei Episoden nur lose verbunden, spielen auf völlig anderen, bis auf die mittlere, die in 1993 verortet ist, nur vage benennbaren Zeitebenen. Weiterlesen „Olga Tokarczuk – Letzte Geschichten“

Seweryna Szmaglewska – Die Frauen von Birkenau

Seweryna Szmaglewska war 26 Jahre alt, als sie am 18. Juli 1942 in ihrer Heimatstadt Piotrków Trybunalski verhaftet wurde. Grund dafür war nicht die Untergrundarbeit, die die junge Warschauer Soziologiestudentin für den polnischen Widerstand leistete, sondern die tragische Fehleinschätzung eines deutschen SS-Mannes, der das Geraderücken ihrer Brille in der Öffentlichkeit als ein geheimes Signal interpretierte. Zur Zeit der deutschen Besatzung Anlass genug für eine Internierung. Seweryna Szmaglewska wurde im Oktober nach Auschwitz-Birkenau deportiert und verbrachte dort, bis sie im Januar 1945 bei der Liquidierung des Lagers fliehen konnte, unglaubliche 30 Monate als politische Gefangene. Sie begann sogleich mit der Niederschrift ihrer Erinnerungen, die sie in Polen zu einer bekannten Autorin machten und zu einer der Zeuginnen bei den Nürnberger Prozessen. Übersetzungen in zehn Sprachen folgten, Deutsch war nicht darunter. Erst jetzt, 75 Jahre später, erscheinen die Aufzeichnungen von Seweryna Szmaglewska im Schöffling Verlag unter dem Titel Die Frauen von Birkenau. Weiterlesen „Seweryna Szmaglewska – Die Frauen von Birkenau“