Bodo Kirchhoff – Dämmer und Aufruhr

„Dämmer und Aufruhr“ – das ist ein Titel, der mich eigentlich wegen seiner pompösen Theatralik wenig anspricht, genauso wenig wie andere Werke des Autors Bodo Kirchhoff, „Verlangen und Melancholie“ etwa, oder „Eros und Asche“. Auch sind Liebe und Eros, Begehren und Obsession, um die viele der Romane Kirchhoffs kreisen, nicht die von mir für eine Lektüre bevorzugt ausgewählten Themen, besonders wenn sie immer so etwas Schwüles, Pathetisches umweht. Also, ich gebe es zu, ich bin eigentlich keine Bodo Kirchhoff-Leserin. Auch die 2016 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Novelle „Widerfahrnis“ konnte mich für sich nicht einnehmen.

Nun hatte mir Nadya Hartmann von der FVA, die ich im Rahmen der Aktion „Verlage besuchen“ traf, das neue Buch von Kirchhoff, das damals im Entstehen war, aber so nahe gebracht, das ich es unbedingt lesen wollte. Danke, denn dieses Buch hat mich sehr begeistert. Weiterlesen „Bodo Kirchhoff – Dämmer und Aufruhr“

Jean-Philippe Blondel – Ein Winter in Paris

Der französische Autor Jean-Philippe Blondel, Jahrgang 1964, schreibt seit 2003 sehr schmale, ruhige und sehr persönliche Romane, von denen mittlerweile sechs auf Deutsch erschienen sind. Es sind Texte, die man gemeinhin als „typisch französisch“ bezeichnet. Dies und vielleicht auch die Tatsache, dass sie hier bei uns in verschiedenen Verlagen veröffentlicht wurden, sind möglicherweise der Grund dafür, dass sie eher wenig beachtet geblieben sind. Neuere Französische Literatur wird in Deutschland in jüngerer Zeit gerne als innovativ, frisch, provokant, politisch wahrgenommen. All das sind die Romane von Jean-Philippe Blondel eher nicht, auch nicht Ein Winter in Paris. Weiterlesen „Jean-Philippe Blondel – Ein Winter in Paris“

Marcelo Figueras – Das schwarze Herz des Verbrechens

Marcelo Figueras – Das schwarze Herz des Verbrechens

„Das ist die Macht, die die Literatur gewährt: Sie drängt uns, in die Haut der anderen zu schlüpfen, sich vorzustellen, was die fühlen, die nicht wir sind. Das kann dreckig sein, wenn es Schmerz hervorruft; (…)Trotzdem würde ich es nicht eintauschen wollen. Denn das ist der Grund, warum wir erzählen und lesen. Um Empathie zu erzeugen. Um mit unseren Gefühlen das Gefängnis zu überwinden, in das unsere Haut uns sperrt. Wenn man nicht von anderen ergriffen wird, woher soll man dann wissen, dass man lebt?“

Rodolfo Walsh, Jahrgang 1927, ist ein argentinischer Klassiker. Er gilt als Erfinder des investigativen Journalismus in Argentinien, schrieb weit vor Truman Capote etwas, das man „Testimonio“ nannte, den Tatsachenroman, „True crime“, eine auf Zeugenberichten aufgebaute, literarische Nacherzählung von Ereignissen. In Deutschland ist er eher unbekannt, drei seiner Werke erscheinen im Züricher Rotpunktverlag.

Eines davon, „Das Massaker von San Martin“ (Original: „Operacíon masacre) von 1957, nahm der argentinische Autor Marcelo Figueras nun als Ausgangspunkt für seinen neuen Roman. Er ist eine Hommage an den engagierten Journalisten und Schriftsteller Walsh, der 1977 von einem Einsatzkommando der Militärjunta auf offener Straße erschossen wurde (wie übrigens ein Jahr zuvor seine ebenfalls oppositionell arbeitende Tochter). Eine Hommage, aber alles andere als eine eindimensionale Heldenverehrung, sondern eine differenzierte Persönlichkeitsstudie und seinerseits eine Art „Testimonio“. Weiterlesen „Marcelo Figueras – Das schwarze Herz des Verbrechens“