Elisabeth Bronfen – Händler der Geheimnisse

Die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen hat mit Händler der Geheimnisse ihren ersten Roman veröffentlicht. Darin geht es mit einigen autobiografischen Anklängen um die Theaterwissenschaftlerin Eva Bromfield, die nach dem überraschenden Tod ihres Vaters tief in die Familiengeschichte und besonders die Nachkriegszeit hineingezogen wird. Trotz einiger sprachlicher Schwächen liest sich das Buch bis zum Ende ungeheuer spannend. Weiterlesen „Elisabeth Bronfen – Händler der Geheimnisse“

Richard Ford – Valentinstag

Wenn ich nach meinem Lieblingsautor/meiner Lieblingsautorin gefragt werde, muss ich immer ausweichen. Die vielen Bücher, die ich übers Jahr verteilt und das schon einige Jahrzehnte lang lese, haben mich so viele wunderbare, begnadete, empathische Schriftsteller:innen kennenlernen lassen, dass ich diese Frage einfach nicht beantworten kann. Sollte der Fragesteller allerdings zu Werkzeugen der peinlichen Befragung greifen, dann könnte es durchaus sein, dass der Name Richard Ford fällt. Seitdem der 1944 geborene US-Amerikaner 1989 (Original 1986) mit Der Sportreporter seinen Helden Frank Bascombe in die literarische Welt entließ, begleitet dieser in relativ regelmäßigen, meist ca. zehnjährigen Abständen mein Leseleben. Höhepunkt war vielleicht bereits 1995 der zweite Roman, Unabhängigkeitstag, mit dem Ford sowohl den Pulitzer-Preis als auch den PEN/Faulkner Award gewann. 2006 folgte Die Lage des Landes, 2015 Frank. Mit letzterem, vier zu einem Roman zusammengefassten Novellen, schien die Bascombe-Reihe beendet. Wie wunderbar und großartig, dass Richard Ford nun mit Valentinstag doch noch einmal, wenn auch wohl zum wirklich letzten Mal, nachgelegt hat. Weiterlesen „Richard Ford – Valentinstag“

Bastian Kresser – Als mir die Welt gehörte

Das Erstaunliche ist, dass es diesen Victor Lustig wirklich gab. Der 1890 geborene Lustig war österreich-ungarischer Herkunft, von großer Intelligenz und umfassender Ausbildung. Er sprach fünf Sprachen. Dass er mit 22 Jahren bereits 5x im Gefängnis sitzen, sich etliche fiktive Identitäten zulegen und auf Überseedampfern Geld mit Betrügereien bei Glücksspielen machen sollte, war in keiner Weise vorgezeichnet oder vorhersehbar. In die Geschichte ging er schließlich ein als „der Mann, der den Eiffelturm verkaufte“. Und das gleich zwei Mal. Seine überraschende Geschichte erzählt der österreichische Autor Bastian Kresser auf so unterhaltsame wie spannende Weise in seinem Roman Als mir die Welt gehörte. Weiterlesen „Bastian Kresser – Als mir die Welt gehörte“

Julie Otsuka – Solange wir schwimmen

Als Julie Otsuka 2011 ihren zweiten Roman „Buddha in the attic“ (dt. Wovon wir träumten) veröffentlichte, war die Literaturwelt einhellig begeistert. Diese kollektive Wir-Perspektive, die das Schicksal sogenannter „Picture brides“ in den USA so zart, deutlich und ungeschönt schilderte, war etwas ganz Ungewohntes. Das Buch war für den National Book Award nominiert und erhielt den PEN/Faulkner-Award. Und war auch in Deutschland in der Übersetzung von Katja Scholtz ein großer Erfolg. Auch ich war hingerissen von diesem mir bisher nicht gekannten Erzählton. Über zehn Jahre musste das Lesepublikum warten, nun hat Julie Otsuka mit Solange wir schwimmen einen neuen, ihren dritten Roman vorgelegt. Und auch dieser startet wieder mit einer kollektiven „Wir“-Perspektive. Weiterlesen „Julie Otsuka – Solange wir schwimmen“

Tess Gunty – Der Kaninchenstall

Der Kaninchenstall heißt in der Umgangssprache ein etwas heruntergekommener Wohnblock in Vacca Vale, Indiana, einer ihrerseits auch recht heruntergekommenen (fiktiven) Stadt mitten im US-amerikanischen Rustbelt. Dort wo schon lange die Lichter ausgegangen sind. Seit der Deindustrialisierungswelle der 1980er und 90er Jahren, als die einstigen Industriehochburgen mit ihrer Stahlproduktion sowie der Automobil- und Waffenindustrie begannen, ihre Bedeutung für die amerikanische Wirtschaft zu verlieren, steht dieser Teil der USA für Niedergang und Hoffnungslosigkeit. „Lapinière Affordable Housing Complex“ ist der hochtrabende offizielle Name des Gebäudes, benannt nach den vielen Kaninchen, die die Gegend bevölkern. Aber die Protagonisten von Tess Gunty wissen sehr wohl, dass es eigentlich nur Der Kaninchenstall ist. Weiterlesen „Tess Gunty – Der Kaninchenstall“

Sarah Orne Jewett – Deephaven

Was für ein schöner, bezaubernder, sommerleichter Roman! Und immer wieder bin ich erstaunt, welch wunderbare Texte wieder- oder neuentdeckt werden. Vorzugsweise solche aus weiblicher Feder, denn die hat man ja gerne mal übersehen und nicht des Übersetzens für würdig gehalten, stammten sie nicht gerade von einer Jane Austen oder einer der Brontё-Schwestern. In den letzten Jahren tauchen so immer wieder kleine Perlen aus den Tiefen des Klassiker-Meeres auf. Haben sie dann das Glück, einen Bezug zur wirklichen See zu besitzen, kann es sein, dass sie als wunderbar gestaltete Ausgabe der Reihe Mare Klassiker erscheinen. Wie vor kurzem Deephaven, das Romandebüt der 1849 geborenen Sarah Orne Jewett. Weiterlesen „Sarah Orne Jewett – Deephaven“

Ayelet Gundar-Goshen – Wo der Wolf lauert

„Ich sehe im Geist diese winzigen Fingerchen, die eines Neugeborenen, und versuche zu begreifen, wie sie zu den Fingern eines Mörders heranwachsen konnten.“ Ein Satz, der seine Leser:innen magnetisch hineinzieht in den neuen Roman der israelischen Bestseller-Autorin Ayelet Gundar-Goshen – Wo der Wolf lauert. Weiterlesen „Ayelet Gundar-Goshen – Wo der Wolf lauert“

Robin Robertson – Wie man langsamer verliert

Das erstaunliche Prosagedicht des schottischen Lyrikers Robin Robertson stand 2018 auf der Shortlist des Man Booker Prize – nun ist es unter dem Titel Wie man langsamer verliert in der sehr gelungenen Übersetzung von Anne-Kristin Mittag auf Deutsch erschienen. Im Original ist dem Titel noch ein anderer vorangestellt. The Long Take or A Way To Lose More Slowly verrät die große Affinität des Romans zum Film. Eigentlich kein Wunder, denn ein Großteil des Romans spielt in Los Angeles zur Glanzzeit von Hollywood. Weiterlesen „Robin Robertson – Wie man langsamer verliert“

Nadia Bozak – Der Junge

Die kanadische Autorin Nadia Bozak arbeitet an einer Trilogie namens Border Trilogy. Manch einer mag da aufhorchen. Ja, es gibt eine gleichnamige Romanserie des amerikanischen Autors Cormac McCarthy: Alle hübschen Pferde, Der Grenzgänger und Land der Freien. Ähnlichkeiten und Bezüge sind offensichtlich. Mit Der Junge wird nun der zweite Teil dieser (geplanten) Trilogie von Nadia Bozak auch auf Deutsch veröffentlicht. Weiterlesen „Nadia Bozak – Der Junge“