Das Jahr neigt sich dem Ende zu und ich übe mich erneut in einer meiner geliebtesten Bloggerinroutinen: Ich schaue auf die frisch angekündigten Neuerscheinungen für das kommende Frühjahr 2025 und versuche in meinem Überblick über die jedes Jahr nach den Messen nach und nach veröffentlichten Verlagsvorschauen die (für mich, aber hoffentlich auch für viele von euch treuen Leser:innen) interessantesten Titel herauszupicken und die spannendsten, vielversprechendsten, innovativsten, relevantesten Bücher vorszustellen.
Wer mir schon länger folgt, weiß, dass das eine sehr subjektive Auswahl sein wird. Bei immer noch mehr als 60.000 Neuerscheinungen im Jahr (tatsächlich rückgängig; 2007 lag die Zahl noch bei mehr als 86.000) muss man sich natürlich auf bestimmte Auswahlkriterien beschränken. Ganze Genres werden von mir sträflich vernachlässigt – New Adult, Romantasy, Fantasy, alles was zu cosy und zu leicht wiegt, wenig Krimi, wenig Sachbuch, auch wenn ich in den letzten Jahren von letzteren relativ viel lese (sie finden dann in den Monatslektüren ihren Platz). Auch viele sehr gehypte Bücher und kommende Spiegelbestseller, Werke von Starautoren gehen bei mir manchmal unter dem Radar – mir liegt das anspruchsvolle, aber nicht artifiziell sperrige oder allzu experimentelle, das inhaltslastige, historisch aufschlussreiche, gesellschaftkritische und – so oldschool das vielleicht klingt – menschenfreundliche, aufrüttelnde Buch am Herzen.
Ich weiß, dass es vielen von euch auch so geht. Die Überblicke über die Verlagsschauen sind seit Jahren die bei weitem am häufigsten geklickten Beiträge von LiteraturReich. Ich bedanke mich für euer Interesse und hoffe, wieder eine interessante Zusammenstellung der neuen Bücher für 2025 anbieten zu können. Viel Spaß beim Durchschauen!
Sind schon Webseiten der Titel vorhanden, findet ihr sie durch Klick auf den Buchtitel. Die Auswahl erfolgte wie immer völlig unabhängig und unbezahlt und nur aus Leidenschaft für gute Bücher.
Und wie immer gilt: Tipps, Anregungen und Einwände sind in den Kommentaren gern gesehen.
Die Texte entstammen sämtlich den Verlagsankündigungen.
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Aufbau
16. Dezember 2025
Han Kang – Unmöglicher Abschied
Übersetzer:in: Ki-Hyang Lee
315 Seiten, Hardcover, 24,00 €
»Unmöglicher Abschied« erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Frauen und beleuchtet zugleich ein jahrzehntelang verschwiegenes Kapitel koreanischer Geschichte
Eines Morgens ruft Inseon ihre Freundin Gyeongha zu sich ins Krankenhaus von Seoul. Sie hatte einen Unfall und bittet Gyeongha, ihr Zuhause auf der Insel Jeju aufzusuchen, weil ihr kleiner weißer Vogel sterben wird, wenn ihn niemand füttert. Als Gyeongha auf der Insel ankommt, bricht ein Schneesturm herein. Der Weg zu Inseons Haus wird zu einem Überlebenskampf gegen die Kälte, die mit jedem Schritt mehr in sie eindringt. Noch ahnt sie nicht, was sie dort erwartet: die verschüttete Geschichte von Inseons Familie, die eng verbunden ist mit einem lang verdrängten Kapitel koreanischer Geschichte. Han Kangs neuer Roman ist eine Hymne an die Freundschaft und das Erinnern, die Geschichte einer tiefen Liebe im Angesicht unsäglicher Gewalt – und eine Feier des Lebens, wie zerbrechlich es auch sein mag.
12. März 2025
Nadège Kusanika – Unter derselben Sonne
224 Seiten, Hardcover, 22,00 €
Das unwiderstehliche Debüt einer jungen Autorin zwischen Kongo und Deutschland.
Mit fünfzehn Jahren ließ Nadège alles Vertraute hinter sich, als sie nach Deutschland kam, um ihren Vater kennenzulernen. Mit scharfsinnigem Blick schaut die Autorin auf ihr Hineinwachsen in die deutsche Gesellschaft und stellt dem ihre Kindheitserinnerungen im Kongo gegenüber. Dieser so eindringliche wie moderne politische Roman fragt nach Heimat und einer Identität unter der täglichen Erfahrung des Andersseins. Ein eindrücklicher Roman über Familie, das Erwachsenwerden und die Suche nach sich selbst in unserer globalen Welt.
Berlin
03. April 2025
Pierre Jarawan – Frau im Mond
496 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, € 26,00
Am 4. August 1966 zündet eine Gruppe Studenten – die Lebanese Rocket Society – eine Weltraumrakete, um den Libanon in eine blühende Zukunft zu führen. Auf den Tag genau 54 Jahre später kommt es im Beiruter Hafen zu einer Explosion, die das ganze Land erschüttert. Meisterhaft verknüpft Pierre Jarawan diese beiden historischen Ereignisse zu einer Kontinente verbindenden Familiengeschichte weit über das Schicksal des Nahen Ostens hinaus. Denn im kanadischen Montréal stoßen die Zwillingsschwestern Lilit und Lina auf Spuren ihrer armenischen Großmutter Anoush … „Frau im Mond“ ist große Erzählkunst – vielschichtig, lebensprall und voller tragikomischer Ereignisse. Ein sagenhaftes Lesevergnügen!
Blessing
26. Februar 2025
Annegret Liepold – Unter Grund
Hardcover, mit Schutzumschlag, 256 Seiten, € 24,00
Ein Besuch im NSU-Prozess erschüttert Franka. Sie fährt zurück in die fränkische Provinz, zu den Himmelsweihern, den Spiegelkarpfen und zum Schweigen, das nicht erst seit dem Tod des Vaters die Familie dominiert. Schon die Großmutter hortete Geheimnisse wie die schwarzen Steine in ihrer Schürze. Franka sieht endlich hin: Wie das war in den Nullerjahren als Deutschland Weltmeister im eigenen Land werden wollte. Als sie in Patrick und Janna Gleichgesinnte fand, die Unsicherheit mit Krawall, Frustration mit Faustschlägen übertünchten. Als sie immer tiefer in die rechte Szene abrutschte. Franka stellt sich der Frage nach der Schuld. Und beginnt nach einer Haltung zur Vergangenheit zu suchen.
Ein feinfühlig und mit starken Bildern erzählter Roman, der die Entwicklungsgeschichte einer jungen Frau an das Psychogramm eines Landstrichs knüpft.
16. April 2025
Katharina Höftmann Ciobotaru , Sohrab – Über den Hass hinweg. Briefe zwischen Tel Aviv und Teheran
Hardcover, Pappband, 200 Seiten, € 24,00
Ein persönlicher Einblick in die komplizierte Beziehung zwischen Israel und dem Iran. Eine Brücke über den Hass. Ein brandaktuelles Plädoyer für Menschlichkeit und Freundschaft.
»Seit September 2022 schreibt mir ein Instagram-Follower aus Teheran. Während ich ihn anfangs aus Misstrauen ignorierte, entspinnt sich nach dem 7. Oktober 2023 ein intensiver Briefwechsel. Zwischen Tel Aviv und Teheran tauschen wir uns aus über Familie, Frieden, Freiheit und unsere alltäglichen Sorgen und Träume. Dabei vergesse ich nie, dass dieser Austausch mit mir, einer israelischen Staatsbürgerin, für ihn das Todesurteil bedeuten könnte.«
Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 wird Sohrab für die deutsch-israelische Autorin Katharina Höftmann Ciobotaru zum Vertrauten. Und das obwohl der Iran, ein Land, in dem etwa 200.000 Israelis ihre Wurzeln haben, seit der islamischen Revolution der größte Feind des jüdischen Staates ist. Ihre mutige Korrespondenz ist mal hochpolitisch, mal sehr intim—und immer berührend.
Joyce Carol Oates – Der Schlächter
Aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz
Hardcover, mit Schutzumschlag, 400 Seiten, € 24,00
Düster wie Bram Stoker, feministisch wie Margaret Atwood: Der neue Roman von einer der bedeutendsten amerikanischen Autorinnen der Gegenwart.
Pennsylvania, Anfang des 19. Jahrhunderts. Dr. Silas Weir ist ein junger Arzt aus gutem Hause, doch ohne Charisma und Talent. Beim Anblick von Blut wird er ohnmächtig, Frauenkörper stoßen ihn ab. Um seinen strengen Vater zu beeindrucken, versucht er, auf unorthodoxe Weise als Chirurg voranzukommen, was ihn gesellschaftlich isoliert. Dann wird er durch eine Aneinanderreihung von Zufällen Direktor der Staatlichen Heilanstalt für weibliche Geisteskranke in New Jersey. Hier beginnt Weir, vorgeblich im Dienste des medizinischen Fortschritts, Experimente an den meist schwarzen und irischen Insassinnen durchzuführen. Bald gilt er als führender, wenn auch berüchtigter Experte für Gynäkologie und Psychiatrie. Bis eine junge Dienstmagd zu seiner Obsession, seinem wichtigsten Versuchsobjekt und schließlich zu seinem Verhängnis wird.
28. Mai 2025
Chi Zijian – Das letzte Viertel des Mondes
Aus dem Chinesischen von Karin Betz
Hardcover, 448 Seiten, € 26,00
Ein großes Epos von Liebe und Krieg, Widerstand und Überlebenswillen
Eine alte Frau blickt auf ihr Leben: Sie ist die Witwe des letzten Häuptlings der Ewenken, eines Nomadenvolkes an der russisch-chinesischen Grenze. Ihre Existenz und die ihres Stammes sind bestimmt von den klaren Regeln der Gemeinschaft, der engen Symbiose mit der Natur, den Rentieren, der Jagd, den Wäldern. Doch im China das 20. Jahrhunderts machen die politischen Umwälzungen auch vor der Welt der Nomaden nicht halt. Die japanische Besetzung der Mandschurei zwingt die Männer in den Krieg, der Sozialismus der Mao-Zeit die Familien in die Städte und in geschlossene Häuser. Nur die alte Frau und ihre Sippe halten unbeirrt an ihrer traditionellen Lebensweise fest.
Mit diesem außergewöhnlichen Roman setzt die preisgekrönte Schriftstellerin Chi Zijian dem Volk der Ewenken ein Denkmal und gibt Einblick in das China der Vergangenheit und Gegenwart.
C.H.Beck
20. Februar 2025
Liz Moore – Der Gott des Waldes
Übersetzt von Cornelius Hartz
590 Seiten, gebunden, € 26,00
Liz Moore erzählt in ihrem neuen Roman von zwei Geschwistern, die in deramerikanischen Wildnis verschwinden. Zwischen den beiden tragischen Vorfällen liegen 14 Jahre – und der Verfall einer Familie. Es ist August 1975, ein Sommer, der das Leben vieler Menschen in den Adirondack Mountains für immer verändern wird.
Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje im Sommercamp liegt, beginnt eine panische und groß angelegte Suche nach der 13-Jährigen. Das Verschwinden einer Jugendlichen im Naturreservat ist unter allen Umständen eine Katastrophe, aber Barbara ist keine gewöhnliche Camperin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Und sie ist die Schwester von Bear, dem Jungen, der seit 14 Jahren vermisst wird. Kann das Zufall sein? Was wissen die anderen Kinder im Camp, und was verheimlichen die Angestellten, die im Schatten der Van Laars ihr Dasein fristen? Was hat der aus dem Gefängnis entflohene «Schlitzer» mit all dem zu tun und welche Geheimnisse hütet die Familie selbst? Mit scharfem Blick führt Liz Moore in diesem Roman an die Abgründe sozialer Ungleichheit, Wohlstandsverwahrlosung und Machtmissbrauch, lässt aber auch den Kampf um weibliche Selbstbestimmung und den großen Wert von Freundschaft hochleben. Mit «DerGott des Waldes» hat sie nicht nur einen brillanten Thriller, sondern auch einen fulminanten Gesellschaftsroman geschrieben.
20. März 2025
Annett Gröschner – Schwebende Lasten
283 Seiten, gebunden, € 26,00
Nicht weniger als ein ganzes Leben erzählt Annett Gröschner mit der Geschichte der Blumenbinderin und Kranfahrerin Hanna Krause – und viel mehr als das. Annett Gröschner verwandelt ein Leben in Literatur – mit einer Wucht und Poesie, wie sie nur dort entstehen können, wo die Literatur lebensprall und wirklichkeitssatt ist.
Hanna Krause war Blumenbinderin, bevor das Leben sie zur Kranführerin machte. Sie hat zwei Revolutionen, zwei Diktaturen, einen Aufstand, zwei Weltkriege und zwei Niederlagen in Weltkriegen, zwei Demokratien, den Kaiser und andere Führer, gute und schlechte Zeiten erlebt, hat sechs Kinder geboren und zwei davon nicht begraben können, was ihr naheging bis zum Lebensende. Hatte später, nachdem ihr Blumenladen längst Geschichte war, von einem Kran in der Halle eines Schwermaschinenbaubetriebes in Magdeburg einen guten Überblick auf die Beziehungen der Menschen unter ihr und starb rechtzeitig, bevor sie die Welt nicht mehr verstand. Hanna Krause blieb bis zu ihrem Tod eine, die das Leben nimmt, wie es kommt. Ihr einziges Credo: anständig bleiben. Annett Gröschners Roman erzählt die Geschichte eines Jahrhunderts in einem einzigen Leben und gibt, mit Hanna, denen ein Gesicht, die zu oft unsichtbar bleiben. Ein Roman über das Ende des Industriezeitalters und seiner Heldinnen im Osten Deutschlands – und über eine gewöhnliche Frau in diesem unfassbaren 20. Jahrhundert.
Diogenes
26. Februar 2025
Christian Schünemann – Bis die Sonne scheint
Hardcover Leinen, 256 Seiten, € 25.00
Es ist das Jahr 1983. Daniel steht kurz vor seiner Konfirmation und träumt von blauem Samtsakko und grauer Flanellhose. Doch seit er die Eltern belauscht hat, schwant ihm, dass daraus nichts wird. Hormanns sind pleite und wissen nicht mehr, wie sie die sechsköpfige Familie über die Runden bringen sollen. So erfinderisch die Eltern auch sind, eines können sie nicht: mit Geld umgehen. Was sie dagegen beherrschen: den Schein wahren, selbst als der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht.
21. Mai 2025
Daan Hermaa van Voss – Heute kein Abschied
Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens
Hardcover Leinen, 416 Seiten, 25.00
Oscar, Filmemacher und Vater von drei erwachsenen Kindern, stirbt kurz vor Abflug unerwartet am Flughafen Schiphol. Obwohl er schon länger nicht mehr präsent war im Leben von Cat, Moor und Tessel, wirft sein Tod jeden von ihnen nachhaltig aus der Bahn. Wie verabschiedet man sich von einem Vater, den man kaum kannte? Während die Geschwister und Oscars Ex-Frau die Beerdigung organisieren, bringen die Dinge, die Oscar zurückgelassen hat, neue Erinnerungen und Geheimnisse ans Licht und konfrontieren die Hinterbliebenen mit sich selbst, miteinander und mit wichtigen Lebensfragen.
Dörlemann
27. Februar 2025
Penelope Lively – Nachtglimmen
Übersetzt von Ulrike Miller
Vorwort von Elif Shafak
256 Seiten, gebunden, 24,– €
Claudia Hampton war Kriegsreporterin, sie ist Schriftstellerin und Historikerin. Eine kluge und selbstbewusste Frau, berühmt, in ständiger intellektueller Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung und sich selbst. Jetzt, todkrank in einem Krankenhausbett, blickt sie zurück. Persönliche Erinnerungen gehen nahtlos über in politische Ereignisse. Sie erzählt von einer Kindheit kurz nach dem Ersten Weltkrieg, über den Zweiten Weltkrieg und darüber hinaus. Alles in ihrem Leben ist Gegenwart: Kindheit und Krieg, Ägypten und England, die ganze Welt und ihre Vergangenheit. Aber Claudias Geschichte ist auch mit anderen verwoben, und sie muss denen, die sie kannten und liebten, die Möglichkeit geben, zu sprechen. Da ist Gordon, ihr Bruder und Rivale. Jasper, ihr unzuverlässiger Liebhaber und Vater von Lisa, Claudias kühler, konventioneller Tochter. Und dann ist da noch Tom, ihre einzige große Liebe, und jener tragische Zwischenfall in der Wüste.
»Was mich interessiert, ist das Gedächtnis, die Art und Weise, wie Menschen und Landschaften aus Erinnerungen zusammengesetzt sind«, schreibt Penelope Lively. Und darum geht es in Nachtglimmen: Die ganze Welt steckt voller Erinnerungen, die Vergangenheit ist allgegenwärtig – man muss nur, wie Claudia Hampton, bereit sein, die Augen zu öffnen.
Droschl
14. Februar 2025
Mischa Mangel – Die Vergegenwärtigung
272 Seiten, gebunden, € 25,00
Selten sind Leben und Tod, Glück und Trauer und philosophischer Tiefsinn so dicht beieinander wie in Mischa Mangels zweitem Roman Die Vergegenwärtigung. Es sind Erinnerungsbilder eines Ende 30-jährigen Erzählers über das Kommen und Gehen im Leben. Er zieht auf eine poetische Weise Zwischenbilanz und blickt mit einer tiefen Ehrlichkeit zurück. Seine leuchtenden Augen strahlen die Leser*innen regelrecht an, wenn er von Glücksmomenten wie der eigenen Hochzeit oder anderen Lichtblicken erzählt; und die Tränen, die Trauer und der ernste Blick, die all denjenigen gelten, die nicht mehr sind, treffen einen ins Herz. Es ist das ungeschönte und schöne Leben. Ein stilles Glanzstück.
DTV
13. Februar 2025
Alan Murrin – Coast Road
Aus dem Englischen von Anna-Nina Kroll
384 Seiten, gebunden, € 24,00
Herbst 1994. Die Bewohner des irischen Küstenstädtchens Ardglas beschäftigt nur ein Thema: Colette Crowley – Dichterin, Bohemienne, die Frau, die ihre Familie verlassen hat, um in Dublin ihr Glück zu finden – ist zurück und wohnt in einem kleinen Cottage an der Coast Road. Jeder ihrer Schritte wird von der Gemeinde argwöhnisch beäugt. Hat sie es verdient, dass ihr Mann ihr den Zugang zu den Kindern verwehrt? In ihrer Verzweiflung bittet Colette eine Bekannte um Hilfe, Izzy Keaveney, Hausfrau und Mutter, unglücklich verheiratet mit einem Lokalpolitiker, der sich ausgerechnet für die Legalisierung der Scheidung im Land einsetzt. Und so entsteht zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Frauen eine Bindung, die ihre Leben in ungeahnte Bahnen lenkt. In schnörkelloser Prosa, mit psychologischem Feingefühl und großartiger Beobachtungsgabe erzählt Alan Murrin in seinem literarischen Debüt von den gesellschaftlichen Einschränkungen, die Frauenleben in Irland vor gerade einmal dreißig Jahren bestimmten – kurz bevor die Legalisierung der Scheidung in einem Referendum mit knapper Mehrheit entschieden wurde – und beleuchtet dabei subtil, was Frauen überall auf der Welt auch heute noch davon abhält, ihre Partner zu verlassen.
Zach Williams -Es werden schöne Tage kommen
Stories
Aus dem Englischen von Bettina Abarbanell und Clemens J. Setz
272 Seiten, gebunden, € 24,00
Ein Paar wacht in einer Ferienhütte im Wald auf und stellt fest, dass es in der ewig gleichen Idylle gefangen ist. Doch anders als sie selbst scheint ihr kleiner Sohn nicht zu altern. Ein Mann findet seine ältere Nachbarin tot in deren Wohnung vor und beginnt eine aberwitzigeVerfolgungsjagd. Ein anderer willigt ein, mit einer Frau zu schlafen, während ihr Freund aus dem Schrank zusieht, und kommt dem seltsamen Geheimnis des Paars auf die Schliche.
Als wären sie dem kollektiven Albtraum unserer Zeit entsprungen, oszillieren die Geschichten in diesem Band zwischen dem Profanen und Bizarren, dem Vertrauten und Verstörenden. Zach Williams erzählt vom Grauen der Begegnung mit dem ganz und gar Unbekannten – und zeigt, dass wir unsere Wirklichkeit letztlich nur bewohnen wie ein Puppenhaus.
13. März 2025
Patricio Pron – Die geheime Natur der irdischen Dinge
Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz
240 Seiten, gebunden, € 24,00
Olivia fährt in einem Auto eine Landstraße entlang und lässt ihre Kindheit, ihre Karriere als Schauspielerin und die Beziehung zu ihren Eltern Revue passieren. Die Mutter brachte für ihre feministisch motivierten Installationen stets mehr Empathie auf als für die Tochter. Der Vater, ein nicht sehr erfolgreicher Maler, verschwand ohne Erklärung, als Olivia ein Teenager war. Was ist passiert? Wie kommen Entscheidungen zustande? Wie entstehen Erinnerungen? Mit einer einzigartigen Stimme schreibt Pron über unausgesprochene Erwartungen und heimliche Wünsche und erweist sich dabei als scharfsichtiger Diagnostiker unserer Zeit.
17. April 2025
Lizzie Doron – Wir spielen Alltag
Leben in Israel nach dem 7. Oktober
Aus dem Hebräischen von Markus Lemke
160 Seiten, geunden, € 22,00
Für dieses Land hat sie ihr Leben lang gekämpft – für eine Heimat ohne Verfolgung, für Frieden mit den palästinensischen Nachbarn, für Freiheit und Demokratie. Dann kam der 7. Oktober und erschütterte alles, was vorher war. Während Sirenen heulen und die Gedanken bei den verschleppten Geiseln sind, führt die Regierung einen Krieg, der noch mehr Menschen tötet und keine zurückbringt. An welche Zukunft kann man da noch glauben? In einer Zeit fehlender Antworten schreibt Lizzie Doron von ihrem Alltag, den es nicht gibt und der doch weitergeht: Begegnungen mit Hinterbliebenen, absurd-komische Szenen mit den Enkeln im Luftschutzraum, politische Diskussionen beim Friseur, schal werdende Gedenkveranstaltungen, Schweigen am Telefon mit dem palästinensischen Freund. Das bewegende Zeugnis einer traumatisierten Gesellschaft.
12. Juni 2025
Barbara Kingsolver – Die Unbehausten
aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren
600 Seiten, gebunden, € 28,00
Alles scheint um Willa Knox zusammenzubrechen: Als freie Journalistin steht sie ohne Aufträge da. Ihr Mann Iano verliert seine Professur, Sohn Zeke ist gerade Vater geworden – aber alleinerziehend. Und ihr schwerkranker Schwiegervater schwärmt vom »Megafon«, dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten.
Am selben Fleck, 150 Jahre zuvor, freundet sich ein Lehrer namens Thatcher mit seiner eigenbrötlerischen Nachbarin an. Die Naturforscherin Mary Treat steht in lebhaftem Austausch mit Charles Darwin, doch in der verschworenen Ortsgemeinschaft wird die Theorie von der Evolution als Sünde angeprangert.
Was verbindet diese Menschen über die Jahrhunderte hinweg? Ein viktorianisches Haus, das ihnen über dem Kopf einzustürzen droht – und eine Zeit, in der damals wie heute kein Stein auf dem anderen bleibt.
Dumont
15. April 2025
Tan Twan Eng – Das Haus der Türen
übersetzt von michaela Grabinger
352 Seiten, gebunden, € 26,00
Malaysia 1921. Lesley Hamlyn lebt das äußerlich angenehme und gleichförmige Leben einer Frau der britischen Kolonialgesellschaft. Mit dem Eintreffen von Willie Somerset Maugham, einem alten Freund ihres Ehemanns Robert, kehrt Lebendigkeit in das Haus zurück und Erlebnisse der Vergangenheit drängen an die Oberfläche. Somerset Maugham ist zu diesem Zeitpunkt ein berühmter Schriftsteller, jedoch getrieben von Sorgen und Ängsten. Je stärker sich Lesley und er anfreunden, desto mehr Geheimnisse vertraut sie ihm an: ihre frühere Unterstützung politischer Rebellen, die das alte China beenden wollten, ihre Affäre mit einem chinesischen Mann, der Niedergang ihrer Ehe. Am Beispiel einer Freundin begreift Lesley, wie aussichtslos ihre Liebe ist und wie verheerend die Folgen für sie wären: ohne finanzielle Mittel, gesellschaftlich geächtet, würde sie ohne ihre Kinder leben müssen.
Wie Somerset Maugham muss auch sie ihr wahres Ich verbergen und ihre unglückliche Ehe ertragen. Trost findet sie einzig in dem Gedanken, sie könne ihren Geliebten eines Tages wiedersehen. Doch Robert hat längst beschlossen, diesen Teil der Welt zu verlassen und nach Südafrika zu ziehen.
01. Mai 2025
Kate Atkinson – Nacht über Soho
übersetzt von Anette Grube
528 Seiten, gebunden, € 25,00
England 1926: In einem Land, das sich noch immer vom Ersten Weltkrieg erholt, ist London zum Mittelpunkt eines neuen, ausgelassenen Nachtlebens geworden. In den Clubs von Soho tummeln sich Adelige neben Starlets, Prinzen neben Gangstern, und Mädchen verkaufen Tänze für einen Schilling.
Im Zentrum dieser glitzernden Welt steht die berüchtigte Nellie Coker. Rücksichtslos und ehrgeizig kontrolliert sie die wichtigsten Clubs der Stadt. Doch der Erfolg schafft Feinde: Nellies Imperium wird von außen und von innen bedroht. Da sind ihre sechs Kinder, die alle eigene Ziele verfolgen, rivalisierende Straßengangs, ein Mafioso mit guten Manieren und schlechten Absichten … Und da ist Inspektor John Frobisher. Seine Mission: herauszufinden, was mit den vielen Mädchen geschieht, die im Sohoer Nachtleben spurlos verschwinden. Mithilfe einer jungen Bibliothekarin, die er in Nellies Clubs einschleust, beginnt er, der Königin von Soho das Leben schwer zu machen.
In einem opulenten Tableau versammelt Kate Atkinson eine schillernde Schar von Charakteren in einem wahrhaft fesselnden Roman und zeichnet eine Welt, in der nichts so ist, wie es scheint.
13. Mai 2025
Siân Hughes – Perlen
übersetzt von Tanja Handels
272 Seiten, gebunden, € 23,00
Marianne ist acht Jahre alt, als ihre Mutter verschwindet. Sie bleibt mit ihrem Bruder Joe und ihrem Vater in einem Haus am Rande eines kleinen Dorfes zurück, neben dem ein Fluss entspringt. Die bruchstückhaften Erinnerungen an die Liebe ihrer Mutter geben ihr Kraft: der Duft frischer Kräuter, die Spiele, die sie spielten, die Lieder und Märchen aus ihrer Kindheit, die in Mariannes Fantasie weiterleben. Doch da ist so vieles, das verborgen liegt im Dunkel ihrer eigenen Geschichte. Die drängendste Frage: Warum ist ihre Mutter gegangen, wie hat sie Marianne nur zurücklassen können?
Die abwesende Mutter begleitet sie durch ihre gesamte Kindheit und Jugend, bleibt auch bei ihr, als sie längst erwachsen ist. Erst Jahre, nachdem sie selbst eine Tochter bekommen hat, beginnt Marianne, sich auf die Spur ihrer Erinnerungen zu begeben und stößt auf ein Geheimnis.
›Perlen‹ erzählt davon, wie es gelingen kann, trotz widriger Umstände den eigenen Weg zu finden. Ein zarter Roman, poetisch und unprätentiös zugleich, über das Wesen der Trauer und den Trost, den wir finden können, wenn es uns gelingt, uns mit der eigenen Vergangenheit auszusöhnen.
Edition Nautilus
27. Januar 2025
Magdalena Saiger – Am Wasser das Haus
Eine literarische Ortsbegehung
Hardcover, 192 Seiten, € 22,00
In poetischen Bildern entwirft Magdalena Saiger ein Ortspanorama der Liebermann-Villa im Wandel der Zeiten
Max Liebermann erwirbt zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Stück Baugrund am Ufer des Wannsees und entwirft gemeinsam mit seinem Freund Alfred Lichtwark Haus und Garten – ein Fluchtort vor den Pflichten eines Lebens in der Öffentlichkeit, aber auch ein Ort der Inspiration für zahlreiche Gemälde.
Dass sich die Liebermann-Villa im Laufe der Zeit immer wieder verändern wird, ist der Ausgangspunkt dieses literarischen Textes, eines in flüchtigen Bildern und Szenen eingefangenen Ortspanoramas, das sich in vielfältige Gestalten und Stimmen auffächert:
Nach dem Tod Liebermanns und der Zwangsveräußerung der Villa wird die großbürgerliche Sommerfrische abgelöst von strammstehenden Mitarbeiterinnen der Reichspost, die in Kriegszeiten zur Erholung ins Grüne geschickt werden. In der Nachkriegszeit wird im vormaligen Atelier der Operationssaal des Städtischen Krankenhauses eingerichtet; in den 1970er Jahren bezieht ein Unterwasser-Club das Gebäude, baut in die Diele ein Aquarium und verbringt im ehemaligen Salon bunte Abende am Bartresen. Und immer wieder folgt auf Trubel erneut Leerstand – bis schließlich ein Kulturverein den Ehrgeiz entwickelt, alles wiederherzustellen, »wie es gewesen ist«.
Trotz allen Wandels bleibt dieser Ort stets wiedererkennbar; er bietet Raum für Alltagsbeiläufigkeiten, Lebenswenden und Träume, ist Ziel einsamer Spaziergänge und Bezugspunkt unruhig flackernder Erinnerungen.
Edition Atelier
03. März 2025
Ursula Knoll – Zucker
262 Seiten, gebunden, € 25,00
Ursula Knoll erzählt in ihrem neuen Roman entlang von sechs außergewöhnlichen Frauenleben mitreißend die Geschichte eines polarisierenden Lebensmittels – von der Entdeckung des Zuckers als billige Energie über die Zuckerpanik der Gegenwart bis hin zur Vision einer Zuckerbrennstoffzelle.
Die ehemalige Sklavin Mary Prince versucht, sich im frühen 19. Jahrhundert an ein neues, freies Leben in London zu gewöhnen. Dita und ihre Kollegen von der Wiener Kolonialzuckerraffinerie lassen sich 1848 von der Revolutionsstimmung mitreißen und kämpfen für ein besseres Leben. Etwa zur gleichen Zeit setzt die resolute Mathilde für das Familien-Imperium auf die Zuckerrübe und muss dabei nicht nur gegen männliche Widerstände antreten. Mehr als 150 Jahre später arbeitet Paula in einem Start-up an der Entwicklung eines Zuckerladegeräts mit, und auch ihre Tochter Kaja kommt auf den Geschmack des Zuckers …
Eichborn
28. Februar 2025
Taffy Brodesser-Akner – Die Fletchers von Long Island
Übersetzt von Sophie Zeitz
Hardcover, 574 Seiten, € 25,00
1980 im wohlhabenden Long Island: Carl Fletcher wird vor seinem Haus gekidnappt. Kurz darauf, nach Zahlung eines üppigen Lösegelds, wird er freigelassen, und die Familie versucht, den Vorfall hinter sich zu lassen. Doch als sie vierzig Jahre später bei einer Feier wieder zusammentrifft, wird klar, dass die lange zurückliegende Entführung unerwartete Spuren hinterlassen hat – und zwar nicht nur bei Carl, sondern bei der ganzen Familie. Und diese Auswirkungen gestalten sich mal verstörend und mal überaus amüsant! Eine große jüdisch-amerikanische Familiengeschichte, Jahrzehnte umspannend, die sich bereits jetzt wie ein Klassiker liest: sprachlich virtuos, fein beobachtet und sehr, sehr lustig.
28. März 2025
Beatriz Serrano – Geht so
Übersetzt von Christiane Quandt
240 Seiten, gebunden, € 22,00
Marisa ist mit den Nerven am Ende. Ihr Bullshit-Job in einer Madrider Werbeagentur, in dem sie nur durch Zufall gelandet ist, langweilt sie zu Tode, und das tägliche Hamsterrad des Angestelltendaseins erträgt sie nur noch, indem sie ihre Sinne mit einer Mischung aus bizarren YouTube- Videos und Beruhigungsmitteln betäubt. Als ein Teambuilding-Wochenende ansteht, gerät Marisas Angststörung völlig außer Kontrolle. Allmählich zeigen sich Risse in ihrer sorgsam aufrechterhaltenen Fassade – und die Idee, auf den Firmenausflug diverse Drogen mitzunehmen, trägt vielleicht nicht unbedingt dazu bei, ihr Leben wieder in geordnetere Bahnen zu lenken …
Simon Stranger – Museum der Mörder und Lebensretter
Übersetzt von Thorsten Alms
352 Seiten, gebunden, € 22,00
Norwegen 1942. Ein jüdisches Ehepaar versucht, aus dem von den Nazis besetzten Land nach Schweden zu fliehen – doch wird kurz vor der Grenze von den eigenen Fluchthelfern ermordet. Einer dieser Männer verhilft nur ein paar Wochen später einer anderen Familie zur Flucht ins Exil. Sie überleben – doch haben ihr Leben einem Mörder zu verdanken. Zwei wahre Fälle, deren Verquickung auch Simon Strangers eigene Familiengeschichte erschüttert – und die er in diesem Roman höchst kunstvoll miteinander verwebt. Dabei zeigt er auf, wie nahe Leben und Tod manchmal beieinander liegen und wie Krieg und der Wille zu überleben unsere Werte verändern können: ein kluger, erschütternder Roman von trauriger Aktualität.
Eisele Verlag
25. September 2025
Sibilla Aleramo – Eine Frau
Mit einem Nachwort von Elke Heidenreich
Aus dem Italienischen von Ingrid Ickler
288 Seiten, Taschenbuch, € 15
Die unbeschwerte Kindheit von Sibilla Aleramo findet ein abruptes Ende, als sie sich mit siebzehn Jahren mit einem Arbeiter aus der Glasfabrik ihres Vaters einlässt und heiraten muss. Plötzlich Mutter und Ehefrau, sieht sie sich gefangen in den patriarchalen Strukturen der damaligen Zeit – so wie ihre eigene Mutter und alle Frauen, die sie kennt. Doch statt sich den Erwartungen an ihre neue Rolle zu fügen, strebt sie nach Freiheit, Selbstbestimmung und einem Leben voller Bildung und Literatur.
Sibilla Aleramo ist »eine Frau« – und doch fängt sie das Schicksal einer ganzen Generation von Frauen ein und beschreibt authentisch und mit außergewöhnlicher Intensität, wie sich ihre Protagonistin aus den Fesseln der Tradition befreit und ihre eigene Identität findet.
FVA
13. März 2025
Gianna Lange – Und dann springen wir
192 Seiten, Hardcover, € 22,00
»Irgendwann kommen wir wieder, und dann springen wir.« Dieses Versprechen hatten sich Mutter und Tochter auf der Alten Brücke in Mostar gegeben, dieser herzzerreißend schönen Stadt mit der schmerzvollen Geschichte, in der die Mutter das letzte Mal glücklich gewesen war. Doch dann stirbt Elise unerwartet und ihre Tochter Rosa steht mit Mitte zwanzig vor den Scherben einer zerrütteten Familiengeschichte. Als ihr Vater, der mit seiner neuen Familie zusammenlebt, plötzlich wieder Kontakt sucht, fasst Rosa einen Entschluss: Sie will weg, das Versprechen von damals einlösen. So beginnt ihre Reise durch Osteuropa, eine Spurensuche nach den Brüchen im bewegten Leben ihrer Mutter. Ihr Abenteuer nimmt eine unvorhergesehene Wendung, als sie auf Emma trifft, die aus ganz anderen, aber ebenso existenziellen Gründen nach Mostar unterwegs ist.
»Und dann springen wir« ist ein wunderbar anrührender Roman über eine intensive Mutter-Tochter-Beziehung, ein Roman über Trauer, Trost und die Liebe in all ihren Farben, eine Suche nach der Bedeutung von Familie, eine leidenschaftliche Liebeserklärung an die Herzegowina und das Leben.
Christian Mitzenmacher – Knallkrebse
224 Seiten, Hardcover, € 24,00
Eine Flucht, eine ungleiche Freundschaft, ein Verrat – ein souveräner erster Roman über große globale Fragen, dessen Leichtigkeit umso deutlicher werden lässt, dass einfachen Antworten nicht zu trauen ist. Tom und Farid spielen Tischtennis, fahren Skateboard, baden in der Isar: Sie sind Freunde. Am Anfang ihrer Freundschaft stand eine Patenschaft, die der Physikdoktorand Tom für den sechzehnjährigen aus Quetta geflüchteten Farid übernommen hatte. Zusammen mit Laura, Toms Freundin, bilden sie ein ungewöhnliches Dreiergespann – bis Farid einen riskanten Entschluss fasst. Inmitten der sich überschlagenden Ereignisse drängen sich Tom Fragen auf: nach Lauras angeblicher Loyalität, seinen eigenen Intentionen und Zielen und nicht zuletzt nach Farids Erlebnissen auf der Flucht, über die er beharrlich schweigt.
Christian Mitzenmacher nähert sich in seinem Debüt nicht nur großen gesellschaftlichen Themen wie Flucht und dem Umgang mit Geflüchteten, sondern er stellt sich auch der Problematik, wie und aus welcher Perspektive davon erzählt werden kann. Er findet keine einfachen Antworten, dafür aber viele kluge Fragen, überraschende Wendungen, einprägsame Figuren, originelle Dialoge und angesichts gewichtiger Themen eine erstaunlich schwerelose, oftmals sogar hochamüsante Prosa.
Guggolz
März 2025
Tarjei Vesaas – Frühlingsnacht
übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel
240 Seiten, gebunden, € 25,00
Tarjei Vesaas (1897–1970) erreichte mit seinem Schreiben eine einzigartige Meisterschaft: klar komponierte Geschichten, eine verdichtete, geradezu glühende Sprache, eigenwillige Figuren voller Spannungen, die ihrer inneren Stimme folgen. In .Frühlingsnacht. steht der 14-jährige Hallstein im Mittelpunkt, gerade an der Schwelle zwischen Kindlichkeit und Erwachsenensein, der mit seiner älteren Schwester Sissel über Nacht allein zu Hause bleibt, als die Eltern zu einer Beerdigung in die nahe Ortschaft fahren. Hitze und Feuchtigkeit liegen drückend auf dem Tag, und als die Geschwister sich zum Abendessen setzen, klopft es an der Tür. Eine fremde Familie benötigt nach einer Autopanne Unterkunft, zumal eine junge Frau kurz vor der Entbindung steht. Alle sind in Aufruhr, die Besucher bringen dramatische Konflikte mit, und die Frühlingsnacht wird zu einem Abenteuer, das Ungeklärtes zutage befördert und jeden verändert zurücklässt.
Tarjei Vesaas schafft mit wenigen Strichen eine verzauberte Atmosphäre. Die norwegische Natur um das Haus blüht und wächst, Bäume schlagen aus, Knospen springen auf, und der unaufhaltsame Lebenstrieb sprießt auch in Hallstein und Sissel. Durch Hallsteins Augen nehmen wir das Geschehen wahr, und ohne dass es Erklärungen gäbe, verstehen wir nach der Lektüre mehr von dem, was in und um uns wirkt. Hinrich Schmidt-Henkels Übersetzung gelingt das Wunder, das auch Vesaas’ Prosa so magisch macht: Vieles bleibt unausgesprochen, verharrt in Andeutungen, und doch entsteht zwischen den Zeilen ein poetischer Raum, eine eigene Welt, die Trost bietet und die man nicht mehr verlassen möchte.
Hanser
09. Januar 2025
Wolf Haas – Wackelkontakt
240 Seiten, Hardcover, 25,00
Franz Escher wartet auf den Elektriker. Seine Steckdose hat einen Wackelkontakt. Um sich die Zeit zu vertreiben, liest er ein Buch über den Mafia-Kronzeugen Elio Russo. Elio sitzt im Gefängnis und wartet auf die Entlassung. Er hat so viele Leute verraten, dass er um sein Leben fürchtet. Aus Angst liegt er nachts wach und liest ein Buch. Es handelt von Franz Escher. Der wartet auf den Elektriker. Seine Steckdose hat einen Wackelkontakt.
Wolf Haas‘ neuer Roman zündet ein erzählerisches Feuerwerk: Was beginnt wie zwei halbwegs übersichtliche Lebensgeschichten, verwirbelt sich zu einem schwindelerregenden Tanz – mit einem toten Handwerker, familiären Verstrickungen und vielen ungelösten Geheimnissen, funkenschlagend und spannend bis zum finalen Kurzschluss.
28. Januar 2025
Monika Helfer – Der Bücherfreund
Illustriert von Kat Menschik
80 Seiten, Hardcover, 22,00 €
„Mein Vati war der Bücherfreund. Ein blasser Mann, der das Wetter mied und Tag und Nacht über seinen Büchern saß.“ Im Krieg erfriert ihm ein Bein. Die Lazarettschwester liest ebenso gern wie er, also heiraten sie. Zusammen leiten sie ein Kriegsopfererholungsheim in den Bergen, dessen Schatz eine Bibliothek mit dreitausend Bänden ist. Dem Vater bedeutet sie nicht weniger als seine Tochter.
Als die Kriegsinvaliden weniger werden, soll das Heim einem Hotel weichen. Dort braucht man keine Bibliothek, die Bücher sollen weg. Also beschließt der Vater, sie zu retten. Seine Tochter soll ihm helfen.
Monika Helfers Geschichte und Kat Menschiks Bilder erzählen gemeinsam von der Liebe zum Lesen, von Angst und Mut und von der Frage, was ein gutes Buch ausmacht.
18. März 2025
Patrick Modiano – Die Tänzerin
Übersetzt aus dem Französischen von Elisabeth Edl
96 Seiten, Hardcover, 20,00 €
Eine zufällige Begegnung auf der Straße und sie ist wieder da: die längst vergangene Zeit, als er, jung und voller Schriftstellerambitionen, in Paris eine Balletttänzerin kannte und vielleicht auch liebte. Da waren ihr scheuer Sohn Pierre, um den er sich kümmerte, die charismatische Pola Hubersen und Serge Verzini, in dessen „Zauberkasten“ sie sich trafen und unter die Pariser Nachtgestalten mischten. Doch wer war die Tänzerin wirklich und welch schweigsame Verbundenheit teilte er mit ihr? Modiano erzählt schwebend schön von zwei Menschen, die ihre Herkunft hinter sich lassen und ein neues, freies Leben beginnen können. „Mit ,Die Tänzerin‘ hat er den zartesten, grazilsten und lichtesten seiner Romane geschrieben.“ L’Obs
03. Juni 2025
Ocean Vuong – Der Kaiser der Freude
Übersetzt aus dem Englischen von Nikolaus Stingl, Anne-Kristin Mittag
448 Seiten, Hardcover, 26,00 €
Ocean Vuongs neuer, atemberaubender Roman nach dem Welterfolg von „Auf Erden sind wir kurz grandios“: Der queere Hai, Sohn einer vietnamesischen Mutter, lebt in East Gladness, einer heruntergekommenen Industriestadt in New England. Überall hängen die Schilder der Obama-Kampagne „Yes, we can“, doch Hai schluckt Pillen und denkt an Selbstmord. Bis er Grazina aus Litauen kennenlernt, eine Überlebende des Zweiten Weltkriegs, in deren Kopf noch die Stimmen der Opfer schwirren. Beide verbindet eine innere Verwundung. Unter falschem Namen fängt Hai an, in einem Diner zu arbeiten, erlebt dort eine Gemeinschaft von „schönen kleinen Losern“, wie er es ist. Poetisch und komisch, emphatisch und traurig erzählt Vuong von zeitloser Freundschaft, jenseits aller Grenzen von Identität und Familie.
Hanser Berlin
18. Februar 2025
Dmitrij Kapitelman – Russische Spezialitäten
192 Seiten, Hardcover, 23,00 €
Eine Familie aus Kyjiw verkauft russische Spezialitäten in Leipzig. Wodka, Pelmeni, SIM-Karten, Matrosenshirts – und ein irgendwie osteuropäisches Zusammengehörigkeitsgefühl. Wobei, Letzteres ist seit dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht mehr zu haben. Die Mutter steht an der Seite Putins. Und ihr Sohn, der keine Sprache mehr als die russische liebt, keinen Menschen mehr als seine Mutter, aber auch keine Stadt mehr als Kyjiw, verzweifelt. Klug ist es nicht von ihm, mitten im Krieg in die Ukraine zurückzufahren. Aber was soll er tun, wenn es nun einmal keinen anderen Weg gibt, um Mama vom Faschismus und den irren russischen Fernsehlügen zurückzuholen? Ein Buch, wie nur Dmitrij Kapitelman es schreiben kann: tragisch, zärtlich und komisch zugleich.
15. April 2025
Doris Dörrie – Wohnen
128 Seiten, Hardcover, 20,00 €
Doris Dörrie ist eine Wohnende wider Willen. Nie wollte sie sich niederlassen, fest einrichten, Wurzeln schlagen, aber wie andere wohnen, hat sie immer schon fasziniert. In Kalifornien geht sie zu Hausbesichtigungen, nur um sich andere Leben in anderen Räumen auszumalen. Auf ihren unzähligen Reisen nach Japan, Mexiko, Marokko, Amerika und Südeuropa sieht sie, wie eng das Wohnen an die jeweilige Kultur geknüpft ist. Und bei ihrer Arbeit als Filmemacherin wird sie zur Expertin für das Erschaffen künstlicher Wohnwelten. Doch während sie ihr eigenes Elternhaus beschreibt, die Studentenbuden, Wohngemeinschaften und das versuchsweise Leben auf dem Land, drängt sich ihr eine Frage immer wieder auf: Wo ist eigentlich in all diesen Häusern und Wohnungen der Raum für die Frauen geblieben? Könnte es etwa sein, dass aus der Hausfrau nur eine Frau im Haus mit anderen geworden ist? Doris Dörrie ist fest entschlossen: Sie will ihre ganz eigene Art des Wohnens finden.
Heike Geißler – Arbeiten
128 Seiten, Hardcover, 20,00 €
Was ist ein Mensch wert? Wie ermessen sich Nutzen und Kosten einer Person? Heike Geißler denkt über den Sinn der Arbeit nach, über materielle und unsichtbare Arbeit, über Geben und Nehmen, Gewinner und Verlierer. Der Arbeit auf der Spur, beobachtet sie ihr Umfeld und kommt mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch: mit dem Immobilienhai im Haus gegenüber, mit der Obdachlosen an der Bushaltestelle, mit der eigenen Schwiegermutter, die zur Pflegerin ihres Mannes wird. Bald verdichten sich ihre Beobachtungen zu einem Panoptikum modernen Arbeitens, das die tiefen Gräben zwischen Überleben und Wachstum aufzeigt. Heike Geißler, Tochter einer ostdeutschen Arbeiterfamilie, zweifache Mutter und systemkritische Autorin, widmet sich der Arbeit in ihrer üblichen Manier: politisch, poetisch, radikal.
Haymon
13. März 2025
Fabian Neidhardt – Endlosschleifentage
256 Seiten, gebunden, € 23,99
Von Trauer und Freundschaft, Verlust und Tabus, von Neuanfängen und Abschied
David und Katha kennen sich schon immer, sind gemeinsam erwachsen geworden und haben jung geheiratet. Doch dann kommt Katha bei einem Autounfall ums Leben, und Davids Welt steht still. Sie war jedes seiner ersten Male, sie ist jede Erinnerung. Kinga, Kathas beste Freundin, die den Unfall mit- und überlebt hat, versucht zu helfen, sich zu kümmern – während sie eigentlich mit ihrem eigenen Trauma klarkommen muss. David kämpft sich Tag für Tag auf den Friedhof – zu Katha – und fragt sich, wie Trauern geht. Am Friedhof lernt er Marie kennen.
Was bedeutet loslassen?
Marie ist die Tochter des Totengräbers, die ihre eigene Vergangenheit aufarbeiten muss und von Konventionen nichts hält. Der Friedhof ist ihr Leben, und sie weiß, dass niemand hier zu viel Zeit verbringen sollte. Kinga hingegen denkt, dass David erst einmal trauern muss. Aber David kann weder das eine noch das andere. Jeder Schritt in eine Richtung ist ein Schritt weg von Katha. Der Halt von Marie fühlt sich wie Verrat an. Die Enttäuschung von Kinga lähmt ihn. Nur die Musik, die er macht, klingt richtig.
Die zutiefst menschlichen Momente
Wie fühlt es sich an, die eigene Frau, die beste Freundin viel zu früh zu verlieren? Wie trauert man richtig? Wie findet man zurück in einen Alltag, ins Leben? David findet Antworten: in den Menschen, die ihm Halt geben, in den Augenblicken, die ihn hoffen lassen, und in den neuen – ganz eigenen – Wegen, die sich hinter der Trauer auftun.
Fabian Neidhardt schreibt wie im Film, erzählt mitreißend und intensiv von den dunkelsten und den wunderbarsten Gefühlen – da sind Schmerz und Angst, aber vor allem: Wärme und Hoffnung. Ein Roman, der zum Weinen und zum Lächeln bringt.
03. April 2025
Doris Brehm, Bettina Balàka – Eine Frau zwischen gestern und morgen
340 Seiten, gebunden, € 24,90
Zwischen bitterem Verrat, unmöglicher Liebe und eiserner Entschlossenheit
Wien, 1942: Inmitten des vierten Kriegsjahres steht Gerda Manner vor der größten Herausforderung ihres Lebens. Theo, ihr Ehemann, den sie längst nicht mehr liebt, verfällt nach und nach der NS-Ideologie – will für den „Endsieg“ kämpfen –, während die gemeinsame Tochter Luzie verbotene Bücher liest, „feindliche“ Musik hört und kein Geheimnis aus ihrer Ablehnung Hitlers macht. Als Theo in den Krieg zieht, liegt es an Gerda, Entscheidungen zu treffen: für ihre Familie, den Buchladen und das Antiquariat, die Theo beide in Gerdas Obhut hinterlässt, und für sie selbst. Gerda beginnt, sich zu emanzipieren.
Eine Buchhandlung, ein Versteck und der Kampf ums Überleben
In einer Zeit, in der jeder Fehler der letzte sein kann, riskieren Gerda und Luzie alles. Sie verstecken sogenannte „Unterseebote“: ihren Nachbarn Peter, dessen Deportation bevorsteht, und die Jüdin Mira Goldberg, die untergetaucht ist. Dabei hilft ihnen Kurt: ein Arzt und Freund der Familie, der Gerda mehr bedeutet, als sie sich jemals trauen würde, auch nur vor sich selbst zuzugeben. Die Buchhandlung wird zum Zufluchtsort: Versteckt hinter Büchern, die nicht mehr existieren dürfen, retten Gerda und Luzie mehr als nur Orte. Sie schaffen einen sicheren Ort, grenzen die Zerstörung aus.
Aber das ist nur der Anfang … Denn in jederlei Hinsicht spürt Gerda, dass die Fronten des Krieges längst in Wien angekommen sind. Dass das hier der Ort ist, an dem sie kämpfen muss.
Vergessene Autorinnen, wiederentdeckte Literatur: Haymon Her Story
Doris Brehms Roman ist der Auftakt einer neuen Reihe bei Haymon (Haymon Her Story: Wiederentdeckte Literatur von Frauen), die von Bettina Balàka herausgegeben wird und sich vergessenen deutschsprachigen Autorinnen widmet. Jedes Buch erscheint mit einer literarischen Einordnung der Herausgeberin und einem Beitrag zur historisch-biografischen Auseinandersetzung von Katharina Prager, stellvertretende Direktorin der Wienbibliothek.
Helmer Verlag
März 2025
Barbara Imgrund – Der Wurm
Eine kleine Geschichte
Hardcover, 160 Seiten, € 20,00
Die stumme Martha kehrt als alte Frau auf den verfallenden Berghof ihrer Familie zurück. Es ist eine Flucht vor der Welt, sie will sterben: Denn schon wieder kriecht jener braune »Wurm« ins Tal, der in ihrer Kindheit so viel Leid auf den Berg gebracht und ihr eine namenlose Schuld aufgebürdet hat. Sie will nicht noch einmal erleben, wie sich dieser Parasit in den Köpfen der Menschen einnistet und sie zu unvorstellbaren Taten treibt. Und so hört sie mit dem Essen auf, wie sie im Krieg mit dem Sprechen aufgehört hat. Doch die Welt, der sie entfliehen will, stöbert Martha in ihrem Mauseloch auf. Und nie verheilte Wunden müssen wieder aufreißen, damit schmerzhafte Geheimnisse endlich ans Licht kommen können …
Jung und Jung
27. Februar 2025
Martin Prinz – Die letzten Tage
272 Seiten, gebunden, € 24,–
Eine Talöffnung in den Ostalpen, April 1945, die Tage des »Tausendjährigen Reiches« sind gezählt. Innerhalb kürzester Zeit ist es auf ein Nichts geschrumpft, und am Rand dieses Nichts steht die Rote Armee und wartet, bis die Schlacht um Wien entschieden ist. Wo alles längst zu spät ist, aber eben noch nicht alles vorbei, errichtet Kreisleiter Johann Braun sein höchstpersönliches Standgericht, ein privates Mordregime. Willkürlich werden Menschen abgeurteilt, mit denen er oder einer seiner Helfer eine Rechnung offen hat, »politisch Unzuverlässige«, vermeintliche Deserteure, Angeschwärzte, Männer wie Frauen, Ältere und Jüngere, Leute, die zur falschen Zeit am falschen Ort sind.
Martin Prinz erzählt vom Ungeheuerlichen, nüchtern und den Tatsachen verpflichtet. Das ist möglich, weil den Mördern von damals wenig später der Prozess gemacht wurde. Weil das Monströse in penibler Kleinarbeit aufgearbeitet wurde. Und weil es zwei Menschen, die um ein Haar in das Geschehen verwickelt worden wären, der eine als Täter, der andere als Opfer, ein Leben lang keine Ruhe ließ.
Kanon
27. Februar 2025
Gayl Jones – Evas Mann
übersetzt von Pieke Biermann
Hardcover mit Schutzumschlag, 200 Seiten, € 22,00
Eva Medina Canada sitzt im Knast, schweigsam und ohne Reue. Sie hat ihren Liebhaber ermordet, warum, bleibt ihr Geheimnis. Ihre Erinnerungen kreisen um die Begegnungen mit den Männern in ihrem Leben – den Schuljungen, den Freund ihrer Mutter, den Cousin, ihren Ehemann, einen Fremden im Bus. Solange sich Eva erinnern kann, wurde sie bedrängt, überhört und missbraucht. Es sind singuläre Erlebnisse, die aufgehen in einer universellen weiblichen Erfahrung: der vermeintlichen Verführerin. – Die unmittelbaren Gedanken und Gefühle einer schwarzen Frau, der die Selbstermächtigung auf tragische Weise gelingt. Gayl Jones ist damit ein grandioses literarisches Kunststück gelungen. Diesen Roman vergisst man nicht.
Karl Rauch Verlag
26. Februar 2025
Hanne Ørstavik – bleib bei mir
Übersetzt von Andreas Donat
Broschur, 208 Seiten, 25,– €
bleib bei mir ist die Geschichte von Neuanfängen. Nach dem Tod ihres Ehemanns L lernt die Ich-Erzählerin M kennen. Er ist siebzehn Jahre jünger als sie und Handwerker. Mit M entdeckt die Erzählerin eine neue Art der Liebe – freudvoller, direkter und intensiver als alles, was sie zuvor empfunden hat. Gleichzeitig schreibt sie an einem neuen Roman, der sich als Text im Text und raffinierte Spiegelgeschichte entfaltet. So unvermittelt wie seine Gefühle sind aber auch Ms Emotionen. Angesichts seines Unvermögens, mit eigenen Schwächen umzugehen, stellt sich für die Erzählerin die Frage, was Liebe erlaubt und was sie aushalten kann.
Mit bleib bei mir schreibt Hanne Ørstavik ihre Erzählwelt in ihrer einzigartigen Art fort.
Eine aufrichtige Betrachtung des eigenen Empfindens mit besonderer literarischer Kraft.
06. März 2025
Eli Beneš – Geringfügiger Verlust der Einsamkeit
Übersetzt von Raija Hauck
Broschur, 512 Seiten, 28,– €
Prag nach Ende des Zweiten Weltkriegs – Siegesfreude und Aufbruch. Als Auschwitz-Überlebender kehrt der siebzehnjährige Petr in seine Heimatstadt Prag zurück. Doch scheint die Gesellschaft zwischen Zukunftsoptimismus und verordneter Vergangenheitsverdrängung keinen Platz für ihn und jüdische Schicksale zu haben. Gegen äußere Widerstände und das eigene Trauma beginnt Petr den Weg zurück ins Leben. Er begegnet dabei Ilse, einer jungen Prager Jüdin, und verliebt sich. Die tschechoslowakischen Behörden stufen Ilse jedoch als Deutsche ein – sie wird ausgewiesen. Für Petr beginnt daraufhin eine Odyssee durch das Nachkriegseuropa nach Palästina, wo Ilse auf ihn wartet. Eli Beneš stützt seinen Roman auf wahre Begebenheiten und Archivarbeit und entwickelt daraus eine bewegende und neue Perspektive auf das Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.
Magnesia Litera Preis – in Tschechien 2023 als Debüt des Jahres ausgezeichnet!
Jiří Hájícek – 370m über NN
Übersetzt von Kristina Kallert
Broschur, 352 Seiten, 25,– €
Ein Dorfroman, der von der Schönheit einer Welt erzählt, die im Begriff ist, unterzugehen.
Hana kehrt 2008, nach 15 Jahren, zu den Resten ihrer Heimat zurück. Das Dorf, in dem sich aufgewachsen ist, musste dem Wasser weichen. An seiner Stelle wurde ein See aufgestaut, der das Kernkraftwerk Temelín mit Kühlwasser versorgt. Hanna will allerdings nicht die Ruinen ihrer Jugend besichtigen, sondern einem Ereignis auf den Grund gehen, das ihre Familie entzweit hat. Mit ihr tasten wir uns durch Gespräche und Erinnerungen in die 80er und 90er Jahre zurück. Nach und nach werden die blinden Flecken der Familiengeschichte ausgeleuchtet. Gleichzeitig ersteht ein Panorama der dörflichen Lebenswelt in der spätsozialistischen Tschechoslowakei.
Mit dem Voranschreiten der Planung des Stausees wird das Ende dieser Lebenswelt immer manifester. Durch den Stausee lösen sich Bindungen zwischen Menschen und ihren Tätigkeiten, ihren Erinnerungen und ihrer Umgebung auf. Letztlich wird eine kleinräumige Vollständigkeit zerstört, die beides enthält: Gutes und Böses. Denn das Dorf war eng und groß zugleich, und ebenso die Menschen.
In Tschechien mit dem Magnesia Litera Preis als Buch des Jahres ausgezeichnet
Kein&Aber
14. Februar 2025
Jessica Anthony – Es geht mir gut
Aus dem Englischen von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck
gebunden, 160 Seiten, € 23,00
Es beginnt mit einem stillen Protest. Kathleen Beckett entscheidet sich, den ungewöhnlich warmen Novembersonntag anders zu verbringen – den Gottesdienst mit der Familie ausfallen zu lassen und in den Pool zu steigen. Im Wasser treibend, lässt Kathleen ihre verpassten Chancen und Träume an sich vorbeiziehen und rebelliert gegen die Person, die sie in den letzten Jahren war. Währenddessen ist ihr Mann Virgil gefangen zwischen Schuld und Verantwortung und versucht, das eigens gesponnene Netz aus Lügen aufrechtzuerhalten, um die Illusion ihrer Ehe nicht zu gefährden. Doch mit jedem Augenblick, den Kathleen länger im Pool bleibt, droht auch Virgils Fassade zu bröckeln. Mit psychologischem Feingefühl und literarischer Tiefe erzählt Jessica Anthony von Zuneigung und gleichzeitigem Überdruss und von der Zerbrechlichkeit, aber auch von der Stärke der stillen Auflehnung. Ein kraftvoller Roman über das, was passiert, wenn wir dem innersten Drang, wirklich zu leben, nachgeben.
Maria Larrea – Die Kinder von Bilbao
Aus dem Französischen von Corinna Rodewald
192 Seiten, gebunden, € 23,00
Es beginnt mit einer Geburt. Während die Ich-Erzählerin Maria an ihre eigene Kindheit in Paris zurückdenkt, rekonstruiert sie parallel die Kindheit ihrer Eltern: Victoria, geboren in Galicien, und Julián, einige Kilometer weiter in Bilbao. Beide wurden direkt nach ihrer Geburt weggegeben. Jahre später begegnen sie sich, verlieben sich ineinander, wandern gemeinsam nach Frankreich aus, bekommen eine Tochter. Maria erzählt von drei Kindheiten, doch je tiefer sie eintaucht und je näher sie ihrer eigenen Geschichte kommt, desto dringlicher werden die Fragen: Ist wirklich alles so passiert, wie man es ihr erzählt hat? Und wer ist sie selbst, wenn auf einmal an ihren Wurzeln gerüttelt wird?
Originaltitel: Les gens de Bilbao naissent où ils veulent
14. Juni 2025
Ayelet Gundar-Goshen – Weiße Lügen
übersetzt von Ruth Achlama 306 Seiten, gebunden, € 25,00
Ayelet Gundar-Goshen inszeniert einen inneren Konflikt, der die Figuren und Lesenden gleichermaßen in seinen Bann zieht. Und sie schafft davon ausgehend ein packendes Psychodrama über Schuld und Rache, über die Flucht vor Verantwortung und über Mitgefühl, das sich an unerwarteten Orten zeigt. Naomi ist nicht begeistert, als sie sich allein mit ihrem einjährigen Sohn Uri und einem arabischen Handwerker in ihrer Wohnung in Tel Aviv wiederfindet. Ihr Mann Juval hat ihn mit der Renovierung ihres Balkons beauftragt, während er selbst bei der Arbeit ist. Sie fühlt sich unwohl in der Präsenz des fremden Mannes, zumal Uri eigentlich seinen Vormittagsschlaf halten sollte und allmählich quengelig wird. Während sie Kaffee zubereitet, entsteht plötzlich auf der Gasse vor dem Haus ein Aufruhr, ein Teenager ist von einem herabstürzenden Hammer erschlagen worden. Naomi wird schnell klar, dass ihr Sohn den Hammer in einem unbeaufsichtigten Moment vom Balkon gestoßen haben muss. Doch der Verdacht fällt nicht auf die israelische Familie, sondern auf den arabischen Arbeiter. Als er wenig später zum Verhör abgeführt wird, ist Naomi wie gelähmt, es gelingt ihr nicht, die Wahrheit zu sagen. Eine Geschichte, die mit einer harmlosen Tasse Kaffee beginnt, wird zu einer gefährlichen Tour zwischen Stadt und Dorf, bei der keiner der Beteiligten so bleibt, wie er war.
Kiepenheuer und Witsch
13. März 2025
Katharina Hagena – Flusslinien
400 Seiten, gebunden, € 24,00
Mit Wärme, sprachlicher Kraft und feinem Witz erzählt Katharina Hagena von drei Menschen, drei Schicksalen – und zwölf Frühsommertagen an der Elbe, die alles verändern. »Flusslinien« ist ein so bewegender wie vielschichtiger Generationenroman über das Leben mit den Wunden, die uns zeichnen, und die Frage, wie man lernt loszulassen, zu vertrauen und weiterzuatmen.
Margrit Raven ist hundertzwei und wartet auf den Tod. Früher war sie Stimmbildnerin, jetzt lebt sie in einer Seniorenresidenz an der Elbe. Jeden Tag lässt sie sich von dem jungen Fahrer Arthur in den Römischen Garten bringen. Dort, mit Blick auf den Fluss, erinnert sie sich: an ihre Kindheit, den Krieg, ihre Liebhaber und an das, was sie über die einstige Gärtnerin dieses Parks weiß, Else, die große Liebe ihrer Mutter.
Die Erinnerungen halten Margrit am Leben – und die Besuche ihrer zornigen Enkelin. Luzie hat sich kurz vor dem Abitur von der Schule abgemeldet und übernachtet nun allein in einer Hütte an der Elbe. Während sie Margrit, deren Mitbewohner und sich selbst im Keller der Seniorenresidenz tätowiert, versucht sie, Stich für Stich, ihre Kraft und ihr Leben zurückzugewinnen.
Und dann ist da noch Arthur. Wenn er gerade niemanden zur Dialyse fährt, sucht er mit einer Metallsonde den Strand ab, erfindet Sprachen, kämpft für gefährdete Arten und ringt mit einer Schuld.
Um nicht vom Strom der eigenen Erinnerungen fortgerissen zu werden, müssen sich die drei auf sich selbst besinnen. Und aufeinander einlassen.
10. April 2025
Carla Kaspari – Das Ende ist beruhigend
256 Seiten, gebunden, € 22,00
Es ist der Sommer 2130, irgendwo im Norden Italiens. Die Malerin Esther und die Ingenieurin Thea leben zwei der besten Leben, die in jenen Jahren noch möglich sind. »Spes I« ist ein besonderer Ort für besondere Menschen; dass hinter den Dörfern ein fragwürdiges Konzept steckt, ist nur der Betreiberorganisation bekannt – noch.
Mit Gelassenheit und stillem Glück gehen die Bewohner:innen von Spes I ihren Leidenschaften nach, treffen an lauen Abenden andere Residents und genießen leichte Getränke. Die Atmosphäre im Dorf wird von einer Kuppel und einem Belüftungssystem einerseits, von Coachings und Achtsamkeit andererseits reguliert. Esther ist froh, hier, abgeschottet vom Schrecken der Außenwelt, leben und arbeiten zu dürfen. Ihre Gemälde, die stets zwei Sonnen zeigen, zählen zu den begehrtesten Kunstwerken der Gegenwart.
Nach der Ankunft von Cleo und Thomas, einem Kreativenpaar aus Berlin, kommt es zu Zwischenfällen und die Atmosphäre verändert sich. Bald erwacht Esther auf der Rückbank eines Wagens, der die Grenzen des Dorfes längst hinter sich gelassen hat. Sie ist in der Außenwelt, auf einer Mission mit ungewissem Ausgang. Oder gibt es doch eine Gewissheit?
Das Ende ist beruhigend ist ein Roman über Freundschaft, über Kreativität und darüber, wie hoffnungsvoll man in die Zukunft blicken kann und muss. Mit spielerischer Freude entwirft Carla Kaspari eine zugleich groteske und dramatische, spannende und unterhaltsame Utopie in der Dystopie.
Kjona
28. Januar 2025
Sumit Paul-Choudhury – The Bright Side
Eine optimistische Geschichte der Menschheit
übersetzt von Andreas Wirthensohn
Hardcover, 384 Seiten, 25,00€
Nie hatte der Optimismus einen so schlechten Ruf wie heute. Er gilt als realitätsfern und naiv. Eine fatale Fehleinschätzung, wie der Wissenschaftsjournalist Sumit Paul-Choudhury mitreißend und überzeugend darstellt. Das Gegenteil ist der Fall: Ohne Optimismus hätten wir als Spezies die unvorhersehbare Welt, in der wir uns im Laufe der Evolution weiterentwickelten, nie überlebt. Entgegen der herrschenden Meinung sind Optimist:innen damals wie heute die resilienteren Menschen. Sie leben nicht nur glücklicher, sondern auch länger, unabhängig von Geschlecht und Ethnie. Sumit Paul-Choudhury verbindet neueste Forschungen aus Biologie, Psychologie und Neurowissenschaften zu einer neuen, fesselnden Geschichte über das Wesen des Menschen. Und er präsentiert Ideen, wie uns als optimistischen Individuen und Gesellschaften die Verbesserung der Welt gelingt.
Klett-Cotta
11. Januar 2025
Ursula Krechel – Sehr geehrte Frau Ministerin
368 Seiten, gebunden, € 26,00
Ein radikal gegenwärtiger Roman über die abgründigen Beziehungen zwischen Söhnen und ihren Müttern. Mit einer Sprachkraft, die Staunen macht, erzählt die preisgekrönte Schriftstellerin Ursula Krechel von symbiotischer Mutterschaft, von existenziell gefährdeten Frauen und von politischer Gewalt.
Mit seiner Mutter sprechen zu müssen, ist für den Sohn von Eva Patarak ein Staatsverbrechen. Für Eva hingegen ist es ein Verbrechen, dass ihr Sohn und sie offenbar ausspioniert werden. Welches Ziel verfolgt die Lateinlehrerin Silke Aschauer mit ihrer Observation? Will sie etwa einen Roman schreiben? Bieten die grausamen Familienverhältnisse der Antike, die sie für den Unterricht aufbereitet, nicht ausreichend Stoff für Faszination? Fest steht nur: Silke hält längst nicht alle Fäden in der Hand, denn ihr eigener Körper hat einen blutigen Aufstand gegen sie angezettelt, der sie in die Rolle der Patientin zwingt. In ihrer Ohnmacht wenden sich beide Frauen an die Justizministerin – ohne zu ahnen, in welche Gefahr sie die Staatsvertreterin damit bringen. Ursula Krechel schreibt in ihrem hoch politischen und stilistisch herausragenden Roman eine Kulturgeschichte aller Frauen – von einer römischen Kaisermutter zu einer Studienrätin, von einer Verkäuferin in einem kleinen Kräuterimperium zu einer Ministerin. Es ist die Geschichte ihres Widerstands gegen die Gewalt, die ihnen physisch und psychisch zugemutet wird.
15. Februar 2025
Arno Frank – Ginsterburg
448 Seiten, gebunden, € 26,00
Der große Roman von Arno Frank über Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten
Nach der Machtergreifung ist in Ginsterburg ein neuer Alltag eingekehrt. Manche Einwohner der kleinen Stadt leiden, andere profitieren – und die meisten versuchen, sich mit der neuen Ordnung zu arrangieren. Allmählich aber öffnet sich unter dem Alltag der Abgrund. Ein feinfühliger und atmosphärischer Roman über Liebe, Familie, Freundschaft – und persönliche Verstrickungen in den Jahren 1935 bis 1945.
Lothar träumt vom Fliegen. Eben noch ein kleiner Junge, kann seine Mutter Merle nur ohnmächtig zusehen, wie sein Traum von der Freiheit ihren Sohn in die Arme der Hitlerjugend treibt. Eine neue Zeit ist angebrochen. So sehr Merle ihr auch misstraut, kann sie ihr doch nicht entkommen – nicht in ihrer Buchhandlung, nicht in den Gesprächen mit Eugen, dem Feuilletonisten der Lokalzeitung von Ginsterburg. Doch während die einen verstummen und einige sich langsam korrumpieren lassen, verstehen andere es, die neue Machtverteilung zu ihren Gunsten zu nutzen. Blumenhändler Gürckel schwingt sich zum Kreisleiter auf, Fabrikant Jungheinrich macht beste Geschäfte, und auch der Arzt Hansemann wittert völlig neue Möglichkeiten. Im Lichtspielhaus spielt weiter Heinz Rühmann, über den Nürburgring schießen Runde für Runde die Silberpfeile. Doch der Krieg, an fernen Fronten geschlagen, ist bald auch im Mikrokosmos der Stadt zu spüren, in den erschütterten Beziehungen und Seelen der Menschen. Und über allem schwebt ein britischer Bomberpilot, der sich dem einstmals beschaulichen Ginsterburg unaufhaltsam nähert.
Kröner Verlag
12. März 2025
Becky Manawatu – Auē
Herausgegeben von Renate Möhrmann
Übersetzt von Jana Grohnert
280 Seiten, Mit Schutzumschlag und Lesebändchen, € 25,00
Neuseeland, heute. Nach dem Verschwinden seiner Eltern lässt der junge Maori Taukiri seinen achtjährigen Bruder Ari zurück, flieht mit seinem Surfbrett und seiner Gitarre auf die Nordinsel, um dort dem Strudel aus Verzweiflung und Schuld zu entkommen, in den er hineingeboren wurde. Doch auē ertönt im Geräusch des Meeres, das er liebt und zugleich hasst, in der Musik, die er der Gitarre entlockt, die seinem Vater gehörte, in der Gewalt, die seine Familie verfolgt, bestimmt die Scham darüber, dass er seinen Bruder alleine gelassen hat. Aber sein Bruder Ari ist stärker, als es den Anschein hat, und er hat eine Freundin, und seine Freundin hat einen Hund, und diese drei zusammen sind vielleicht stark genug, um den Strudel aus Verzweiflung und Schuld umzukehren.
Manawatus Prosa ist so wechselhaft wie der Ozean: fließend, poetisch, in wunderschönen Bildern, hoffnungsvoll und zärtlich, humorvoll, in intensiven Momenten roh und drängend, tief bewegend: ganz große Kunst von einer der stärksten Stimmen der neuseeländischen Gegenwartsliteratur, mehrfach preisgekrönt und eines der erfolgreichsten neuseeländischen Bücher aller Zeiten. Auē wurde im August 2019 in einer Auflage von 500 Exemplaren veröffentlicht. 2020 gewann es den Jann Medicott Acorn Prize for Fiction, den Hubert Church Prize für das beste belletristische Erstlingswerk, den Preis für den besten Kriminalroman, stand auf der Shortlist der Ngaio Marsh Awards – und sprengt seitdem sämtliche Bestsellerlisten.
Daryll Delgado – Überreste
Übersetzt von Gabriele Haefs
288 Seiten, Mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 25,00 €
Tacloban, Leyte, Philippinen. Der Super-Taifun Haiyan, der »perfekte Sturm«, hat die Insel heimgesucht. Ann kehrt nach 20 Jahren im Auftrag einer NGO in ihre Heimatstadt zurück – und wird überrollt von Kindheitserinnerungen, denen sie inmitten der Trümmer auf den Grund zu gehen versucht: einem großen, düsteren Familiengeheimnis, Gruselgeschichten von einer Bestie, die umgeht in Tacloban, Menschen, die plötzlich in ihr Leben traten und ebenso schnell wieder verschwanden. Gleichzeitig widmet sie sich der Aufgabe, in der völlig zerstörten Stadt nach jenen Fragmenten zu forschen, die vom Leben der Menschen übrigbleiben, wenn ihre Existenz fast vollständig vernichtet wird: ihren Erinnerungen.
Mitreißend, alltagsnah, ungewöhnlich authentisch: Es fühlt sich an wie mittendrin. Mittendrin in der Klima-Katastrophe, dort, wo sie schon längst da ist. Mittendrin in einer Kindheit in der Diktatur, zwischen Licht und Schatten, Wahrheit und Lüge, ganz oben und ganz unten, wo nicht einmal die eigenen Lieben sind, was sie scheinen. Mittendrin in der Realität der Überlebenden: Sieben in die Handlung eingewobene Original-Interviews gehen unter die Haut, indem sie erst richtig fassbar machen, was der Taifun für die Menschen bedeutet: den Schmerz und den Verlust, aber auch die Hoffnung auf ein – vielleicht besseres – Leben danach.
Leykam
17. März 2025
Lydia Mischkulnig – Beau Rivage: eine Rückkehr
Hardcover mit Strukturpapier, 224 Seiten, € 24,50
Hotel Beau Rivage, schönes Ufer: Hier landet Karl nach seiner Rückkehr und soll seinen Bericht für das Internationale Rote Kreuz ablegen. Er war ein Jahr lang in Afghanistan, hat Einsätze und abgeschobene Menschen betreut. Jetzt ist er selbst der Rückkehrer – und fühlt sich fremd. Seine Frau hat ihn nicht vom Flughafen abgeholt, seine minderjährige Tochter ist in Nöten und ein zwielichtiger Bekannter seines Vaters will ihn in dubiose Geschäfte verwickeln.
Karl, der einst als Weltverbesserer loszog, ist mit einer Realität konfrontiert, in der das Gute keinen Platz zu haben scheint. Globale und private Zwänge vermengen sich. Was wäre »die beste aller Welten« für Karl? Lydia Mischkulnig erzählt von den leisen, unerhörten Momenten, in denen das Leben auseinanderbricht und sich neu formt. Ein kraftvoller, vielschichtiger, spannender Roman über Familie, Liebe und die Suche nach dem »eigenen« Platz in einer brüchigen Welt.
Luchterhand
26. Februar 2025
Guadalupe Nettel – Die Tochter
Aus dem Spanischen von Michaela Meßner
Hardcover, mit Schutzumschlag, 288 Seiten, € 22,00
Eine unvergessliche Geschichte über die Ambivalenz des Mutterseins und Nicht-Mutterseins, über Freundschaft und die Solidarität von Frauen. »Diese Geschichte führt mitten ins Herz der Dinge, die wirklich wichtig sind im Leben.« Annie Ernaux Der internationale Erfolgstitel – in 23 Länder verkauft, Shortlist International Booker Prize, ausgewählt vom »New Yorker« als eines der »Best Books 2023«.
Die beiden Freundinnen hatten sich geschworen, niemals Mutter zu werden. Unvorstellbar, ihre Freiheit für ein Kind aufzugeben. Und doch ist eines Tages alles anders. Alina wird schwanger. Laura, die sich die Eileiter durchtrennen ließ, empfindet dies als Verrat. Weshalb die Fehler der eigenen Mütter wiederholen und sich in Abhängigkeit begeben? Dann aber stellen die Ärzte fest, dass etwas mit Alinas Baby nicht stimmt. Ihr Leben nimmt einen ganz anderen Lauf, als sie es sich gedacht hatte. Zu selben Zeit freundet sich Laura mit einem kleinen Jungen in der Nachbarschaft an, dessen Mutter ihn vernachlässigt. Die neuen Erfahrungen wecken Ungeahntes im Inneren der beiden Freundinnen. Auf zwei sehr unterschiedlichen Arten lernen sie kennen, was es auch heißen kann, Frau zu sein.
Jente Posthuma – Woran ich lieber nicht denke
Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke
Hardcover, mit Schutzumschlag, 256 Seiten, € 22,00
»Ein tief bewegender Roman über Trauer und Identität. Gekonnt verwebt Jente Posthuma Tragik und Humor.« Jury International Booker Prize
Als Erstes denkt sie immer an ihren Zwillingsbruder: Wenn sie einen neuen Pullover für ihre Sammlung entdeckt. Wenn sie nicht weiß, wie sie ein schlecht laufendes Date elegant beenden kann. Wenn sie Sylvia Plath liest und Virginia Woolf. Oder als sie die einstürzenden Twin Towers in den Fernsehnachrichten sieht. Ihr Zwillingsbruder ist der Mensch, der immer da ist – erst im gemeinsamen Kinderzimmer, dann in der Wohnung auf der anderen Seite des Parks in Amsterdam. Doch plötzlich kommt der Tag, an dem er nicht mehr da ist.
Auch Virginia Woolf hatte einen Pelzmantel angezogen, wusste ich. Sie füllte die Taschen mit Steinen und ertränkte sich in einem Fluss. Wie mein Bruder, aber das wusste ich damals noch nicht.
Jente Posthuma schreibt in präzisen Miniaturen, voll sanfter Melancholie und überraschendem Humor von einer Trauer, die nicht weichen will und in jeder Faser des Körpers spürbar ist. Und sie erzählt, wie das Ringen um Verständnis die Nähe zum verlorenen Menschen noch vertiefen kann.
19. März 2025
Kristine Bilkau – Halbinsel
Hardcover, mit Schutzumschlag, 256 Seiten, € 24,00
Ein Haus am Wattenmeer. Eine Mutter und ihre Tochter. Und der Versuch einer Annäherung zwischen den Generationen. Nach »Nebenan« (Shortlist Deutscher Buchpreis) – der neue, große Roman von Kristine Bilkau. Für alle Leser*innen von Judith Hermanns »Daheim«, Anne Rabe »Die Möglichkeit von Glück«, Daniela Krien »Die Liebe im Ernstfall«und Elizabeth Strout »Am Meer«.
Eine Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Hier, an der Nordsee, lebt Annett, Ende vierzig, seit vielen Jahren, hier hat sie nach dem frühen Tod ihres Mannes ihre Tochter Linn allein großgezogen. Linn, Mitte zwanzig, ist nach dem Abitur voller Energie in die Welt gezogen, hat sich in schwedischen und rumänischen Wäldern als Umweltvolontärin engagiert, arbeitet für ein Aufforstungsprojekt. Für Annett ist ihre Tochter die Verkörperung von Hoffnung, Sinn und Zukunft. Doch auf einer Tagung, während eines Vortrags kippt Linn um, Kreislaufzusammenbruch, Erschöpfung. Annett holt sie für eine Woche zu sich nach Hause, ans Meer, nahe Husum. Aus einer werden zwei, dann drei Wochen, dann Monate. Zerrieben zwischen Leistungsdruck und Sinnsuche, scheint Linn mit Mitte Zwanzig an einem Nullpunkt. Annett fühlt sich hilflos angesichts der Antriebslosigkeit ihrer Tochter. Mit der Zeit brechen Konflikte auf, zwischen Mutter und Tochter, aber auch zwischen zwei Generationen. Die eine muss die Lebenswirklichkeit der anderen neu verstehen lernen.
Mit großem Gespür für das Zwischenmenschliche lotet Kristine Bilkau die drängenden Fragen unserer Zeit aus – die Frage nach der Verantwortung der Älteren für den Zustand der Welt sowie der Wunsch der Jüngeren, das eigene Leben mit Sinn zu füllen.
01. Mai 2025
Jean-Baptiste Andrea – Was ich von ihr weiß
Aus dem Französischen von Thomas Brovot
Hardcover, mit Schutzumschlag, 512 Seiten, € 24,00
Die Geschichte eines Paares, das gegen die Konventionen der Zeit kämpft. »Ein zauberhaftes Buch über eine unerschütterliche Liebe.« Le Figaro Magazine. Lieblingsbuch der Buchhändler*innen in Frankreich. Ausgezeichnet mit dem Prix Goncourt 2023. Der sensationelle Romanerfolg aus Frankreich: Nr. 1-Bestseller, 700.000 verkaufte Exemplare.
»Über manches, was uns fehlt, kommen wir nie hinweg.« Im großen Spiel des Schicksals hat Mimo – Michelangelo Vitaliani – die falschen Karten gezogen. In Armut geboren, wird er als kleiner Junge zu seinem Onkel nach Italien gegeben, um das Handwerk eines Bildhauers zu erlernen. Dort, in dem kleinen ligurischen Dorf Pietra d’Alba, begegnet er Viola, Tochter aus gutem Hause und jüngstes Kind der Orsinis, einer angesehenen Adelsfamilie. Viola scheint vom Glück begünstigt zu sein, doch sie ist eine junge Frau, die nicht in die Zeit passt. Sie will »fliegen« – auf eigenen Beinen stehen, aus dem engen gesellschaftlichen Korsett ausbrechen, das für eine Frau ihres Standes nur die Ehe vorsieht. Von ihrer ersten Begegnung an durchleben Viola und Mimo Seite an Seite die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, den Aufstieg des Faschismus und die Unruhen der Weltkriege. Er, der ungewöhnlich kleine Bildhauer, wird ein von der Elite gefeierter Künstler; sie versucht unermüdlich, ihre Träume als emanzipierte Frau zu verfolgen. Beide werden sich immer wieder verlieren und finden, als Verbündete oder Gegner, ohne ihre Freundschaft jemals aufzugeben. Aber was nützt Mimo aller Ruhm, wenn er Viola am Ende doch ziehen lassen muss?
11. Juni 2025
Jamil Jan Kochai – Die Heimsuchung des Haddschi Hotak
Erzählungen
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence
Hardcover, mit Schutzumschlag, 320 Seiten, € 22,00
Zwischen Afghanistan und Amerika: Jamil Jan Kochai erzählt in fein verknüpften Episoden eine große, berührende Familien- und Kriegsgeschichte.
Ein afghanischer Teenager, der beim Videospielen in seinem kalifornischen Kinderzimmer versucht, den eigenen Vater in den virtuellen Welten vor der sehr realen Folter zu bewahren. Eine junge Frau in Kabul, die in letzter Sekunde für ihre Schwester bei der Zwangsheirat einspringt. Eine Gruppe Studenten, die sich solidarisieren im internationalen Kampf gegen die Unterdrückung, bis aus den akademischen Idealen bitterer Ernst wird. Ein amerikanischer Kampfpilot, der notlanden muss in dem afghanischen Dorf, das er eigentlich zerstören sollte. Oder der kalifornische Einwanderungsbeamte, der eine afghanische Familie ausspioniert, bis sie ihm so ans Herz wächst, dass er in einem entscheidenden Augenblick seine Pflichten vernachlässigt… Jamil Jan Kochai erzählt direkt aus dem Wahnsinn unserer Gegenwart, mal überbordend in seinem Einfallsreichtum, mal schonungslos klar. Seine Geschichten handeln von der ewigen Heimsuchung des Krieges, aber auch von seiner Bannung in der Sprache und der Phantasie.
Mairisch
18. Februar 2025
Toine Heijmans – Irrfahrt
Ein Segler-Roman
übersetzt von Ilja Braun
Softcover, 176 Seiten, € 16,-
Ein Vater nimmt seine sieben Jahre alte Tochter mit auf einen Segeltörn. In zwei Tagen wollen sie von Dänemark bis in die Niederlande segeln. Abgeschieden vom Rest der Welt, gehören sie mehr denn je zusammen. Bis etwas passiert, das ihr Leben völlig auf den Kopf stellt. »Irrfahrt« ist ein spannender Roman über Eltern und Kinder und die Angst, alles zu verlieren. Das Buch wurde verfilmt und in acht Sprachen übersetzt; in Frankreich wurde es mit dem renommierten Prix Médicis étranger ausgezeichnet, der noch nie zuvor an einen Niederländer vergeben wurde.
Mannesse
12. März 2025
Jane Austen – Vernunft und Gefühl
Übersetzt von Andrea Ott, mit einem Nachwort von Denis Scheck
Hardcover, mit Schutzumschlag, 520 Seiten, € 26,00
Neuausgabe anlässlich des großen Austen-Jubiläums im Dezember 2025
Der Roman zweier ungleicher Schwestern: die eine – voller Lebenslust und Temperament, die andere – beherrscht und vernünftig. Dieses geschwisterliche Doppelporträt erzählt in bezaubernder Anschaulichkeit, was charakterliche Gegensätze bewirken und wie stark in Familien letztlich doch das Verbindende ist.
Marianne Dashwood ist das genaue Gegenteil von Elinor, ihrer älteren Schwester. Und so stürzt sie sich nach dem Tod ihres Vaters kopflos in eine Romanze mit dem Frauenschwarm John Willoughby – um bitter enttäuscht zu werden. Als auch Elinor entdeckt, dass sie von dem Mann ihres Herzens hintergangen wurde, müssen die ungleichen Schwestern lernen, dass sie den Weg zu wahrer Liebe und innerer Erfüllung nur mithilfe der jeweils anderen finden können …
Bereits Jane Austens famoses Romandebüt besticht durch glänzende Charakterzeichnungen, raffinierte Handlungsführung und virtuose Dialoge. In künstlerisch meisterhafter Weise umkreist es Themen, die für das Gesamtwerk der großen Erzählerin typisch sind: das rechte Verhältnis von Ratio und Emotion und die Selbsterkenntnis als Voraussetzung aller gelingenden menschlichen Beziehungen. Nicht zuletzt seine subtile Ironie macht das Buch zu einem Lesevergnügen ersten Ranges – für Herz und Verstand.
F. Scott Fitzgerald – Der große Gatsby
Übersetzt von Bernhard Robben
Hardcover, 350 Seiten, € 30,00
Ein Jahrhundertbuch wird 100! Erzählerisches Meisterwerk und die Great American Novel des 20. Jahrhunderts in Neuübersetzung als Jubiläumsausgabe
«You must know Gatsby.» – «Gatsby?», demanded Daisy. «What Gatsby?»
Long Island in den Zwanzigerjahren: Altes Geld trifft auf neues Geld, Glamour auf Stil, Moral auf Amoral. Wer hier wohnt, hat es geschafft, so auch der aufstrebende Broker Nick Carraway. Schon bald hört er von einem mysteriösen Nachbarn, der in seiner Nobelresidenz die exzentrischsten Partys von ganz Long Island gibt. Bei Jay Gatsby tanzt die New Yorker Society ums goldene Kalb, und plötzlich ist Nick ein Teil davon. Was er nicht weiß: Die Aufnahme in den inner circle war kein Glücksfall, sondern kalte Berechnung. Der Strippenzieher Jay Gatsby hat es nämlich auf Nicks Cousine abgesehen, auf seine Jugendliebe Daisy Buchanan. Dass Daisy inzwischen standesgemäß verheiratet und heillos versnobt ist, steigert den Reiz des Verlangens nur noch. Ein wilder Reigen von Ekstase und Ernüchterung, Betörung und Überdruss, Gier und Verrat beginnt.
Von Bernhard Robben neu übersetzt, sorgfältig ediert und attraktiv inszeniert: Die Manesse-Jubiläumsausgabe erzählt die spannende Geschichte eines Bestsellers, der erst einmal partout keiner sein wollte. Mit 100-Jahre-Gatsby-Zeittafel, Briefen sowie prominenten Stimmen zum Werk und Rezensionen kann dieser Klassiker nun nicht nur von Klassik-Aficionados (wieder)entdeckt werden.
28. Mai 2025
Marie Vieux-Chauvet – Liebe, Wut, Wahnsinn
Übersetzt von Claudia Steinitz, mit einem Nachwort von Kaiama L. Glover
Hardcover, mit Schutzumschlag, 480 Seiten, € 28,00
«Nennt mich schamlos und unmoralisch. Verpasst mir die schlimmsten Schimpfnamen, wenn es euch erleichtert, aber ihr werdet mich nicht mehr einschüchtern.»
In «Liebe» beobachtet Claire voller Sehnsucht das Liebes- und Eheleben ihrer beiden Schwestern. Als Einzige mit dunkler Haut geboren, bleiben ihr Glück und Erfüllung verwehrt. Doch gegen ihre erotischen Wünsche kann sich Claire nicht wehren, die heimliche Liebe zu ihrem Schwager wird zur Besessenheit. Während draußen die Wut der gnadenlosen Diktatur tobt, sucht sie Erlösung in einem grausamen Akt der Rebellion.
In «Zorn» wird die junge Rose gezwungen, mit einem abstoßenden Soldaten zu schlafen, um die Übernahme des Landes ihres Vaters durch die Regierung zu verhindern. Nur ihre Mutter ist entschlossen, sie und die Familie zu retten. Aber kann man mit diesen gesetzlosen Despoten überhaupt verhandeln?
In «Wahnsinn» wartet René, ein wankelmütiger Dichter, auf seine Hinrichtung wegen Verschwörung und Gefährdung der Staatssicherheit. Besessen von den Seelen der Toten, der Kraft der Poesie und in Furcht vor den Handlangern Duvaliers, bereitet er sich auf seinen letzten Widerstand vor.
Marie Vieux-Chauvets atemberaubende Trilogie «Liebe, Wut, Wahnsinn», von Sinnlichkeit und Wut durchdrungen, ist ein bemerkenswertes literarisches Ereignis von wilder politischer Kraft. Ihre drei Novellen zeichnen ein schockierendes Porträt von Menschen, die unter dem unterdrückerischen Regime Haitis kämpfen.
Nagel & Kimche
25. März 2025
Lauren Elkin – Fassaden
Eva Bonné (Übersetzerin)
432 Seiten, Hardcover, € 24,00
Im Jahr 2019 verarbeitet Anna, eine Psychoanalytikerin, eine kürzlich erlittene Fehlgeburt. Ihr Mann David nimmt einen Job in London an, und so verbringt sie die Tage damit, wie besessen die Küche zu renovieren, während sie sich mit einer jüngeren Frau namens Clémentine anfreundet, die in das Haus eingezogen ist und zu einem radikal-feministischen Kollektiv namens les colleuses gehört. In der Zwischenzeit, 1972, renovieren Florence und Henry ihre Küche. Florence beendet gerade ihr Psychologiestudium und hofft, schwanger zu werden. Aber Henry ist sich nicht sicher, ob er für die Vaterschaft bereit ist… Beide Paare stehen vor den Herausforderungen der Ehe, der Treue und der Schwangerschaft. Die Figuren und ihre Geister stoßen aufeinander und umkreisen sich, ohne zu wissen, dass sie einst alle denselben Raum bewohnten.
Ein außergewöhnlicher Roman über die Bindungen, die wir mit anderen Menschen eingehen, und die Schwierigkeit, sie jemals ganz zu lösen; über die Art und Weise, wie Menschen, die wir gekannt haben, in uns weiterleben; und die Häuser, die wir bauen, Erinnerungen und Geschichten speichern und weitergeben.
15. April 2025
Urs Hardegger – Ein unvorhersehbares Ereignis
220 Seiten, Hardcover, € 24,00
Zwei Millionen Kubikmeter Eis und Geröll lösen sich am 30. August 1965 in den Walliser Alpen vom Allalingletscher und stürzen ins Tal. Sie begraben das Barackendorf einer Staudamm-Baustelle unter sich. 88 Menschen sterben. Trägt wirklich niemand die Schuld an dieser verheerenden Katastrophe, wie es nachher heißt? Um diese Frage, seine Freundschaft zu Mario und seine Liebe zu Seraina dreht sich die Geschichte des Ingenieurs Hans-Rudolf Hilfinger, die er niederschreibt und in einem Verlag veröffentlichen möchte. Das Manuskript geht jedoch vergessen und taucht erst Jahre später wieder auf, als der Verlagsleiter Florian Steiger seinen Arbeitsplatz räumen muss. In seinem Roman zeichnet Urs Hardegger entlang seiner Figuren ein lebendiges Bild der Wachstumseuphorie der 1960er Jahre und deren Auswirkungen auf Mensch und Natur. Themen, die bis heute nachwirken und noch immer hochaktuell sind.
Orlanda
19. März 2025
Charline Effah – Die Frauen aus Bidi Bidi
übersetzt von Ela zum Winkel
259 Seiten, € 22,00
Charline Effahs Roman – eine Hommage an Frauen und ihre Widerstandsfähigkeit!
Nach dem Tod ihres Vaters in Paris entdeckt Minga Briefe ihrer Mutter, von der sie nichts mehr gehört hat, seit diese vor der Gewalt ihres Mannes geflohen war. Der letzte Brief, der ihren mysteriösen Tod vermeldet, kommt von einer NGO, für die Josephine zuletzt als Krankenschwester in Ostafrika gearbeitet hat. Um mehr über das Leben ihrer Mutter und die Umstände ihres Todes herauszufi nden, beschließt Minga, in den Norden Ugandas in das Geflüchtetenlager Bidi Bidi zu reisen, wohin Menschen – hauptsächlich Frauen – vor dem Bürgerkrieg fliehen. Hier trifft sie Frauen, die alles verloren haben. Minga taucht ein in das Leben dieser Frauen und deren alltäglichen Kampf ums Überleben. Stück für Stück setzt sie die Geschichten von drei Frauen zusammen, deren Wege sich im Camp Bidi Bidi kreuzen.
In ihrem Roman erzählt Charline Effah, wie Überlebende von häuslicher und kriegerischer Gewalt versuchen, ihr Leben wieder aufzubauen, ihre zerbrochenen Träume erneut aufzugreifen und die Liebe neu zu erfinden. Sie liefert einen bewegenden Text über das Leiden von Frauen und den Kämpfen, die auf ihren Körpern ausgetragen werden. Dieser Roman ist wie eine Wiedergutmachung für alle Opfer und eine Ode an die Stärke von Frauen.
Pendragon
05. Februar 2025
Nicolás Ferraro – Ámbar
übersetzt von Kirsten Brandt
Paperback mit Klappen, 280 Seiten, € 22,00
Die 15-jährige Ámbar lebt zwischen einsamen Landstraßen und heruntergekommenen Motels. An der Seite ihres Vaters Víctor Mondragón, einem gefährlichen Gangster, ist sie Gewalt und kriminalität gewöhnt. Statt am Wochenende zu Rockkonzerten zu gehen und Freunde zu treffen, verarztet sie Víctors Schussverletzungen oder denkt sich neue Tarnidentitäten aus. Was ihr zum Leben genügt, sind ein abgesägtes Gewehr, gefälschte Pässe und das wenige Geld, das sie heimlich für ein Tattoo spart. Doch je tiefer sie in die Welt und die Vergangenheit ihres Vaters eintaucht, desto mehr Zweifel kommen ihr. Kann sie ihm wirklich vertrauen? Und wird sie lange genug überleben, um seinen Geheimnissen auf die Spur zu kommen?
Penguin
12. Februar 2025
Anne Enright – Vogelkind
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Hardcover, mit Schutzumschlag, 304 Seiten, € 24,00
Die junge Nell hat das warme Nest verlassen, das ihre Mutter Carmel ihr stets geboten hat, denn sie will schreiben und sucht nach ihrer eigenen Stimme. In der Poesie ihres Großvaters findet Nell eine neue Heimat. Zwar hat sie ihn, den berühmten irischen Dichter Phil McDaragh, nie kennengelernt, doch sprechen seine Verse intensiv zu ihr. In seinen Gedichten stellte Phil seine Tochter Carmel als einen helläugigen Zaunkönig vor, der aus seiner Hand flieht. Dabei war er es, der Frau und zwei kleine Töchter zurückließ und deren Leben erschütterte. Carmel kämpfte lange vergeblich darum, das Bild des großen Dichters mit ihren realen Erlebnissen zu versöhnen. Nun ist es an Nell, sich um den inneren Frieden zu bemühen, der ihrer Mutter versagt blieb.
Ein berührender Familienroman über Traumata und Generationen vererbter Wunden. Zugleich eine inspirierende Meditation über die Liebe in all ihren Facetten: romantisch, dunkel, spirituell.
19. März 2025
Dirk Kurbjuweit – Nachbeben
Hardcover, mit Schutzumschlag, 224 Seiten, € 24,00
Neuauflage eines bewegenden Frankfurt- und Taunus-Romans über die Macht des Zufalls, unvorhergesehene Erschütterungen und den zuweilen segensreichen Einfluss von Naturgewalten
Durch ein Erdbeben lernt der junge Frankfurter Banker Lorenz Kühnholz seine spätere Frau Selma kennen. Für den alten Seismologen Luis, seinen Freund, ist das ein Beweis dafür, dass Erdbeben auch Glück bringen. Luis hofft, dass Lorenz‘ und Selmas Liebe ihm zu der Familie verhelfen, die er immer gern gehabt hätte. Dafür muss er aber erst noch ein paar Hindernisse aus dem Weg räumen. Der großartige Roman des zweifachen Egon-Erwin-Kisch-Preisträgers Dirk Kurbjuweit handelt von der schicksalhaften Verstrickung zweier Menschen und ist zugleich eine literarische Chronik der deutschen Neunzigerjahre.
Der alte Luis erforscht leidenschaftlich Erdbeben. Den ganzen Tag sitzt er am Seismographen der Erdbebenwarte auf dem Kleinen Feldberg im Taunus und wertet die Daten aus. Seine einzigen Nachbarn sind das Verwalterehepaar Konrad und Charlotte. Mit deren Sohn Lorenz verbindet Luis eine tiefe Freundschaft. Als nach einem Beben im Rheinland eine verängstigte junge Frau in der Station anruft und Lorenz um Hilfe bittet, verliebt der sich in ihre Stimme. Noch in derselben Nacht fährt er zu ihr und trifft so seine spätere Frau. Zusammen ziehen Selma und Lorenz nach Frankfurt, wo Lorenz Karriere bei der Bundesbank macht – bis er wegen eines unsauberen Handels seinen Job verliert. Nun setzt Luis alles daran, dass Lorenz auf den Feldberg zurückkehrt. Aber erst der plötzliche mysteriöse Tod von Konrad und Charlotte macht den Weg dafür frei.
Picus
26. Februar 2025
Eva Lugbauer – Schwimmen im Glas
Hardcover, 248 Seiten, € 24,00
Lore ist zehn Jahre alt und wächst behütet am Land auf. Ihr Vater ist Bürgermeister, ihre Mutter Sekretärin im Pfarramt, die beiden älteren Brüder interessieren sich hauptsächlich für sich selbst. Lores engste Bezugspersonen sind die Großeltern. Und dann gibt es noch Tante Ursula. Die lebt in der Stadt, kommt nur zu Besuch aufs Land und sorgt mit ihren Ansichten regelmäßig für hitzige Diskussionen im Familienkreis. Außerdem erwartet sie ein Kind – dabei hat sie keinen Mann. Lore findet Ursula faszinierend und besucht sie regelmäßig in der Stadt, wo sie eine ganz neue Welt kennenlernt.
Die erwachsene Lore von heute steht mit beiden Beinen im Leben, als sie unerwartet mit iher Vergangenheit konfrontiert wird …
Eva Lugbauer erzählt abwechselnd aus der Perspektive der aufmerksamen und heranwachsenden sowie der erwachsenen und emanzipierten Lore und zeigt, an welchen vermeintlichen Kleinigkeiten und Beiläufigkeiten sich die patriarchale Ordnung der Welt und überkommene Geschlechterrollen festmachen lassen und dass es trotz allem immer einen gangbaren Weg gibt.
Polar
13. Januar 2025
David L. Ulin – Die Frau, die schrie
Nachwort von Chris Harding Thornton
übersetzt von Kathrin Bielfeldt
Hardcover, 224 Seiten, € 24,00
Kafka, Camus und David Goodis sagt David L. Ulin in einem Interview, spielten beim Schreiben seines Kriminalromans eine große Rolle. Es ist Geschichte eines Ich-Erzählers. Ein Mann in einem Apartmentkomplex in L.A versteckt sich vor seiner Vergangenheit, an die er sich nicht erinnern will. Auf der anderen Seite des Hofes hört seine Nachbarin nicht auf zu schreien. Als sie ihn in einem Erbstreit mit ihrer entfremdeten Stiefmutter um Hilfe bittet, wird er in ein Netz aus Angst und
Manipulation hineingezogen. Wie in einem Fiebertraum weiß er nicht mehr, was er glauben soll. Erst ist irritiert und doch will er verhindern, dass Corrina, die Stieftochter, wie im Gespräch mit ihm angekündigt, ihre Stiefmutter Sylvia tötet. Sie fühlt sich um ihren Anteil am Nachlass des verstorbenen Vaters betrogen. Die Stiefmutter hat Anwälte beauftragt, um seinen angeblichen
Wunsch zu verwirklichen, seine Tochter enterben.
Umgeben von Waldbränden entwickelt sich ein Noir. Böse, brutal kurz, scharf, düster. Ein Kriminalroman, so die Absicht des Autors, der sich in einer Nacht lesen lässt. In dreizehn Kapiteln offenbart sich ein gewalttätiger, verzweifelter Ort ohne Vergebung. Ein Thriller voller schlechter Menschen, die schlimme Dinge tun und buchstäblich die Straßen ablaufen, um Erlösung zu finden.
Reclam
März 2025
Maria Leitner – Elisabeth, ein Hitlermädchen
Roman der deutschen Jugend
Reclams Klassikerinnen
Nachwort von Philipp Haibach
Gebunden mit Lesebändchen, 250 Seiten, € 24,00
Die Schuhverkäuferin Elisabeth ist eine überzeugte Nationalsozialistin, und als sie am 1. Mai den SA-Mann Erwin kennen lernt, scheint zunächst das Glück perfekt. Doch dann wird Elisabeth schwanger, und Erwin rät ihr zur Abtreibung. Auch in politischer Hinsicht entfremden sich die beiden zunehmend, denn Elisabeth wird in ein Arbeitslager geschickt und beginnt dort das System zu hinterfragen. Als ihre Kollegin Selbstmord begeht, entschließt sich Elisabeth zum Protest …
Maria Leitner, die ab 1934 im Exil lebte, reiste undercover durch NS-Deutschland, um den Alltag in der Diktatur möglichst genau beschreiben zu können. Aus diesen gefährlichen Recherchen entstand der vorliegende Roman.
Mai 2025
Emily Dickinson – An irgendeinem Sommermorgen
Poems/Gedichte. Englisch/Deutsch
Reclams Klassikerinnen
Übers. von Gertrud Liepe
Nachw. von Klaus Lubbers
200 Seiten, gebunden,€ 14,00
Emily Dickinson unternahm weitere Reisen als so mancher Dichter ihrer Zeit, doch kehrte sie stets in die belebte Stille ihres Gartens und in die Ruhe ihres sonnigen Zimmers zurück, wo sie auf das Leben der amerikanischen Provinz blicken oder die Natur beobachten konnte. Hier entstanden poetische Selbsterkundungen, so ekstatisch wie nüchtern, ironisch wie ernsthaft. Diese Auswahl lädt dazu ein, die wohl einflussreichste amerikanische Lyrikerin im Original und in deutscher Übersetzung zu entdecken.
Residenz
10. Februar 2025
Thomas Arzt – Das Unbehagen
256 Seiten, gebungen, € 26,00
„Das Unbehagen“ nimmt uns mit auf eine Reise unter die dünne Haut der Zivilisation — und in eine überwältigende Natur.
Ein diffuses Unbehagen ist es, das den Lehrer Lorenz Urbach mehr und mehr befällt, eine politische Unzufriedenheit, eine Überforderung, ein Überdruss. Plötzlich bricht eine ungekannte Aggression aus ihm heraus, er gerät in eine Schlägerei und verliert den Boden unter den Füßen. Als Berichte über ein blutrünstiges Tier auftauchen, das in den Alpen sein Unwesen zu treiben scheint, werden in Lorenz alte Erinnerungen wach. Die Medien spekulieren – ist es ein Wolf? Oder vielleicht doch ein Mensch? – und Lorenz denkt an seine Jugendfreundin Theresa, die Außenseiterin, die Aussteigerin, die immer schon Gewaltbereite … Er bricht zu einer einsamen Wanderung in die Berge auf, setzt sich den Naturgewalten aus – auf der Suche nach dem „Ungeheuer“ da draußen und dem Ursprung der Gewalt in sich.
03. März 2025
Abubakar Adam Ibrahim – Zeit der Glühwürmchen
Susann Urban (Übersetzung)
364 Seiten, gebunden, € 28,00
Der Maler Yarima Lalo wird plötzlich von lebhaften, schmerzhaften Erinnerungen an gewaltsame Tode in seinen eigenen früheren Leben verfolgt. Doch woher kommen diese verstörenden Bilder? Zweimal, so scheint es, wurde er bereits um der Liebe willen ermordet, aber seine Geliebte Aziza will er nicht verlieren. Mit ihr gemeinsam begibt sich Lalo auf eine Reise quer durch Nigeria und dessen gewaltvolle Geschichte, um die Spuren seiner früheren Leben zu suchen. Er findet Rat bei einem geheimnisvollen Kind, das sich als Verbindung zur Geisterwelt herausstellt – zu den „Glühwürmchen“, den Geistern der im Krieg getöteten Kinder. Und Lalo versteht, was vielleicht auch für sein Land gilt: Wer Rache sucht, wird stets nur den Tod finden, doch wer vergibt, wird leben.
Rowohlt
18. Februar 2025
Fernando Aramburu – Der Junge
Übersetzt von: Willi Zurbrüggen
240 Seiten, gebunden, € 25,00
Jeden Donnerstag geht der alte Nicasio zum Friedhof und besucht das Grab seines Enkels Nuco. Er spricht mit ihm, erzählt dem Jungen, was vor sich geht in der Welt. Am 23. Oktober 1980 gab es im Keller der Schule, die der sechsjährige Junge besuchte, eine gewaltige Propangasexplosion, die das gesamte Erdgeschoss zerstörte. Fünfzig Kinder und drei Lehrer kamen bei dem Unglück ums Leben; darunter auch Nuco. Der ganze Ort Ortuella steht unter Schock. Die Eltern des Jungen verarbeiten das Ereignis auf unterschiedliche Weise. Während José Miguel alle Erinnerung kappen und nach vorne schauen will, um nicht an Trauer zu zerbrechen, lässt Mariaje das Geschehene nicht los. Irgendwann versuchen die beiden wieder ins Leben zu kommen. Doch eines Tages verschwindet José Miguel.
Eine bewegende Geschichte voller Menschlichkeit, die erzählt, was wir voreinander verbergen, worauf wir hoffen, wie wir noch einmal von vorne anfangen.
11. März 2025
Kaveh Akbar – Märtyrer!
Übersetzt von: Stefanie Jacobs
400 Seiten, gebunden,€ 24,00
Kaveh Akbars faszinierender, von Presse und prominenten Leserinnen und Lesern gefeierter Debütroman führt vom Iran der 1980er-Jahre bis in die heutigen USA und ist eine Hymne auf all das, was uns bei der Suche nach Sinn und Bedeutung im Leben helfen kann: auf die Kunst, den Glauben an uns selbst, auf Liebe, Freundschaft und Mitmenschlichkeit. Nominiert für den National Book Award 2024.
Cyrus Shams, 29, ist kein Meister des täglichen Lebens. Er schreibt umwerfend gute Gedichte und nimmt zu viele Drogen. Seit er denken kann, ringt er mit den großen Sinnfragen, mit seiner sexuellen Identität und seiner Vergangenheit. Er war noch ein Baby, als das Flugzeug abgeschossen wurde, mit dem seine Mutter auf dem Weg aus Teheran in die Freiheit war. Ein tragischer Irrtum, ein sinnloser Tod, der ihn bis heute verfolgt. Cyrus sucht nach dem Sinn seiner Existenz und ist fasziniert von Märtyrern. Wie wäre es, sich einer Sache so zu verschreiben wie Jeanne d’Arc oder Bobby Sands? Und wer war seine Mutter eigentlich, wohin sollte ihre Reise führen? Cyrus, ausnahmsweise nüchtern und eventuell verliebt, begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit, die ihn zu den Fragen der Zukunft führt.
Laurent Binet – Perspektiven
Übersetzt von: Kristian Wachinger
320 Seiten, gebunden, € 26,00
Florenz im 16. Jahrhundert. Der Maler Jacopo da Pontormo wird tot aufgefunden, mit einer Schere erstochen liegt er zu Füßen seines unvollendeten Freskos in der Kapelle San Lorenzo. Seit elf Jahren hat er daran gearbeitet, keiner durfte es sehen, außer Michelangelo, der Pontormo als großen Künstler verehrt. Seltsamerweise wurden Teile des Freskos übermalt – warum und von wem? Hinzu kommt der Diebstahl des Gemäldes Venus und Cupido, oftmals kopiert, so auch von Pontormo. Es war im Besitz des Herzogs von Florenz, Cosimo de′ Medici, und der Kopf der nackten Göttin ist eindeutig als derjenige der Herzogstochter Maria zu identifizieren. Aufruhr im kriegsgeschüttelten Florenz, Briefe schwirren umher, jeder schreibt jedem über den sensationellen Fall. Wer hat Pontormo getötet, und wo ist das skandalöse Gemälde geblieben?
Colum McCann – Twist
Übersetzt von: Thomas Überhoff
448 Seiten, gebunden, € 28,00
In diesem Roman laufen viele Geschichten zusammen, es geht um das, was uns erst zu Menschen macht: die Verbindung mit den anderen.
2019 geht der Journalist Fennell in Kapstadt an Bord der Georges Lecointe, eines Reparaturschiffs für Kabelbrüche in der Tiefsee. Er soll eine Reportage schreiben, über Kommunikation und ihre Störungen. Im Fokus: die Tiefseekabel, die die globalen Datenflüsse leiten, ständig gefährdet durch Naturereignisse, Krieg und Terrorismus. Der Missionschef Conway scheint nicht glücklich über den Gast, der sich für alles zu interessieren scheint – vielleicht auch für Conways Frau Zanele? Es sieht auch erst nicht danach aus, als sei so bald ein Einsatz fällig – bis eines Morgens in der Stadt Chaos ausbricht: Internet tot, Telefone stumm, kein Geld am Automaten. Eine Havarie mitten im Atlantik, in großer Tiefe, ganz Afrika ist betroffen. Das Schiff lichtet den Anker.
Nach Wochen auf hoher See dann eine erschreckende Nachricht: Auf Zanele wurde ein Anschlag verübt. Als Fennell zu neugierig wird, eskaliert der Konflikt. Allein mit der Crew auf dem Kabelleger umkreisen sich die beiden Männer …
15. April 2025
Rachel Kushner – See der Schöpfung
Übersetzt von: Bettina Abarbanell
480 Seiten, gebunden, € 26,00
Sadie Smith – 34, skrupellos, verführerisch, ehemalige CIA-Spionin – wird von einem namenlosen Auftraggeber in eine entlegene Gegend in Südfrankreich geschickt. Ihr Auftrag: Sie soll eine Kommune anarchistischer Umweltaktivisten infiltrieren, die im Verdacht steht, Anschläge verübt zu haben. Sadie blickt zunächst mit Verachtung auf die Idealisten und die französische Provinz mit ihren verschlafenen Dörfern und Höfen. Doch dann gerät sie in Kontakt mit Bruno Lacombe, dem Vordenker der Gruppe. Bruno lehnt die Zivilisation ab, er lebt in einer Neandertalerhöhle und sieht die Rettung der Menschheit in der Rückwendung zu ihren Ursprüngen. Die Auseinandersetzung mit ihm lässt Zweifel in der eigentlich so abgebrühten Sadie keimen, und sie, die die Fäden in der Hand zu halten glaubte, gerät mehr und mehr in seinen Bann.
Hervé Le Tellier – Der Name an der Wand
Übersetzt von: Romy Ritte, Jürgen Ritte
208 Seiten, gebunden, € 24,00
Le Tellier sucht ein neues Zuhause in Südfrankreich, in der Nähe der Alpen, er will Wurzeln schlagen. Im beschaulichen Dorf La Paillette findet er ein Haus, früher eine Keramikwerkstatt. An einer der Mauern ist ein Name eingeritzt: André Chaix, der zwanzig war und in der Résistance, als er von den Deutschen erschossen wurde. Le Tellier macht sich auf die Suche. Bei einer Ausstellung über den Widerstand in der Region stößt er erneut auf André Chaix. Man übergibt ihm eine Schachtel mit Briefen, Bildern, persönlichen Gegenständen: Wer war dieser junge Mann? Was für ein Leben führte er, wer war seine erste große Liebe, was hat ihn bewegt, seine Existenz im Kampf gegen die Besatzer aufs Spiel zu setzen?
Dieses Buch verwebt persönliche Geschichten und europäische Historie. Ein Text, der uns in einer Zeit neuer Kriegsangst berührt, aber auch tröstet. Im Mittelpunkt ein Mann, der nicht mitgemacht hat.
13. Mai 2025
Davide Longo – Ländliches Requiem
Übersetzt von: Barbara Kleiner, Felix Mayer
448 Seiten, gebunden, € 26,00
Wenn Arcadipane und Bramard gemeinsam ermitteln, wird es packend, komisch und einen Hauch philosophisch. In ihrem fünften Fall im Piemont jagen die beiden lange Zeit einer falschen Fährte hinterher, bis eine einsame Wanderung unverhoffte Erkenntnis bringt …
Eric Delarue, Geschäftsführer eines Stahlwerks, wird durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Wer hat den attraktiven Kunstsammler, guten Ehemann, verlässlichen Chef, der sich immer für die Belange seiner Angestellten eingesetzt hat, töten wollen?
Die Spur führt Bramard und Arcadipane zu einem längst vergangenen Fall: Nach einer Sportveranstaltung, die das Stahlwerk gesponsort hatte, verschwand ein 11-jähriger Junge. Damals geriet Delarue unter einen furchtbaren Verdacht. Wie passt hierzu das Bekennerschreiben einer Gruppe Kommunisten, die den Anschlag auf Delarue gestehen?
Davide Longo, der internationale Erfolgsautor und große Atmosphäriker, führt uns in die Bars und Straßen Turins der Achtziger und in die piemontesische Provinz. Auf unvergleichliche Art entfaltet er einen komplexen Kriminalfall.
17. Juni 2025
Morgan Talty – Sein Name ist Donner
Übersetzt von: Thomas Überhoff
320 Seiten, gebunden, € 24,00
Das unvergessliche Porträt einer indigenen Gemeinschaft: Ein Junge wächst im Reservat der Penobscot in Maine auf. Das Leben ist geprägt von den Mythen der Ahnen und den Härten des Alltags. Mit der zufälligen Entdeckung eines Gefäßes, auf dem ein alter Fluch lastet, setzt der Junge die Auflösung seiner Familie in Gang. Die demente Großmutter sieht in ihm einen wichtigen Menschen aus ihrer Vergangenheit, doch er muss mit der Gegenwart fertigwerden: kein Job, keine Perspektive, und die illegale Stachelschweinjagd löst die ewigen Geldprobleme nicht. Da kommt ihm die Idee, das Stammesmuseum um wertvolle antike Streitkolben zu erleichtern.
Eindrucksvoll, mit leuchtendem Humor und großer Menschenkenntnis erzählt Morgan Talty vom Rand der Gesellschaft über das Amerika von heute.
Rowohlt Berlin
11. März 2025
Steffen Kopetzky – Atom
352 Seiten, gebunen, € 24,00
London zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Eigentlich will Simon Batley nie wieder mit dem britischen Geheimdienst zu tun haben. Jahre zuvor, als Physikstudent in Berlin, arbeitete er ihm zu, naiv und undercover. Es führte zu einer Katastrophe, die Batley nie verstand, auch seine große Liebe zu seiner Kommilitonin Hedi von Treyden endete jäh. Doch der Krieg ändert alles. Agent Batley stößt auf die Spur einer neuen Waffe der Deutschen, von nie gekannter Zerstörungskraft. Bald darauf, instruiert von Niels Bohr und Rudolf Heß, reist er ins Dritte Reich. Er will den geheimnisvollen Hans Kammler aufspüren: Der Planer von Mittelbau-Dora ist Herr über das deutsche Geheimwaffenprogramm und einer der mächtigsten Nazis. Während Batley versucht, vor den Sowjets und den USA an das deutsche Uran zu kommen, folgt er auch einer persönlichen Mission: Er will Hedi wiederfinden und endlich begreifen, was damals in Berlin geschah.
Steffen Kopetzkys spannungsvoller Roman über die Jagd nach der Atomtechnik, die Spur eines Phantoms – und einen Mann, der zwischen Schuld, Liebe und Hoffnung steht.
Ralf Westhoff – Niemals nichts
224 Seiten, gebunden, € 23,00
Anfang des 19. Jahrhunderts, zwei Höfe im Nirgendwo. Lisa und Maximilian heiraten, sie kennen sich von Kindheit an, und Lisa ist die Einzige, die Maximilian mit seinem Sprachfehler versteht. Es ist eine Zweckehe aus der Not. Denn Bauer Andres ist verschwunden, er, der Träumer, hat den Hof für eine Schiffspassage in die Neue Welt beliehen und Maximilian, seinem Sohn, riesige Schulden hinterlassen. Das junge Paar könnte alles verlieren. Doch in Lisa erwacht der Kampfgeist. Ganz allein fährt sie in die Stadt, und bald kommt sie der jahrelangen Übervorteilung durch die Kornhändler auf die Spur. Die beiden erkennen, dass sie alles hinterfragen, neu wirtschaften lernen müssen, um den Hof zu retten. Während sie ihr Schicksal in die Hand nehmen, wächst auch ihre Liebe. Unterdessen setzt Andres seine abenteuerliche Reise in Richtung Amerika fort, schlägt sich durch fremde Gegenden, bis ihm klar wird, was er angerichtet hat.
Ein Roman, der so intensiv wie zeitlos von der Macht des Wissens erzählt und eine archaisch-bäuerliche Welt mit der Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe und Selbstbefreiung verbindet.
Schöffling
27. Februar 2025
Elizabeth Heichelbech – Chopin in Kentucky
übersetzt von Lena Riebl
Hardcover, 256 Seiten, € 24,00
Kentucky, 1977: Eine Balletttruppe aus Paris – in Marie Higginbottoms Stadt! Wen interessiert da schon, dass die Kompanie nicht aus Frankreich angereist ist, sondern aus Paris, Kentucky … Marie ist ganz aus dem Häuschen. Trotz ihres zarten Alters von zehn Jahren weiß sie genau, dass sie zur Ballerina bestimmt ist. Das Tanzen ist ihre Chance zu entkommen: dem schimmligen Fernsehzimmer, wo sie und ihre Geschwister sich selbst überlassen sind, ihrem Dad, der gern seine Wut an den Kindern auslässt, dem hinterwäldlerischen Roanville, in dem es außer dem örtlichen Kmart wenig zu entdecken gibt. Obwohl sie mit ihren Tanzkünsten mehr Spott erntet als Bewunderung und ein Unterrock aus der Kleiderkammer als Tutu herhalten muss, glaubt Marie fest an ihren Traum. Ein Glück, dass der geniale Komponist Frédéric Chopin treu an ihrer Seite steht. Dabei kann er mit seinen schlauen Kommentaren manchmal ganz schön nerven, und irgendwie ist er ja leider auch schon tot. Eine sehr lebendige Freundin findet Marie dafür in der resoluten Misty McPherson, die auf ihren Durchbruch als weltweit erstes weibliches Kinder-Elvis-Double wartet. Mit viel Fingerspitzengefühl und Humor erzählt Elizabeth Heichelbech von einem provinziellen Außenseiterdasein und dem rettenden Glauben an die Kunst.
Secession
17. Februar 2025
Jérôme Ferrari – Nord Sentinelle
Aus dem Französischen von Christian Ruzicska
Gebunden, 180 Seiten, 25.00 €
Der junge Alexandre Romani ersticht im Hafen einer korsischen Küstenstadt inmitten einer bunten Menge feierlustiger Touristen Alban Genevey, einen Pariser Studenten, den er von Kindesbeinen an kennt, da seine Eltern auf der Insel ein Haus am Meer besitzen.
Der Erzähler, aufgrund einer tragischen Liaison mit dem Täter verwandt, blickt von der Mordnacht zurück auf die Lebenswege der Protagonisten und zeichnet das Porträt einer Gesellschaft nach, in der Massentourismus und Geistlosigkeit ungute Voraussetzungen für ein gelingendes Leben sind.
Tragikomisch erzählt Jérôme Ferrari »vom Reisenden und vom Indigenen«, wie der Roman ironisch bekennt, und spürt dabei in seiner bekannt kraftvollen, poetischen und nun auch bissig ironischen Sprache der Entstehung von Gewalt nach. Meisterhaft dringt er bis in die verborgenen Winkel der menschlichen Seele vor, wo die Enttäuschung, niemand anderer als man selbst zu sein, unser Handeln bestimmt.
28. Februar 2025
Lídia Jorge – Erbarmen
AUS DEM PORTUGIESISCHEN ÜBERSETZT VON STEVEN UHLY
Gebunden, 500 Seiten, € 30.00
Dona Alberti sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände kaum noch benutzen und erzählt einem Aufnahmegerät aus ihrem Leben im Hotel Paraíso, einem Altenheim, wo sie aus freien Stücken lebt, seit ein banaler Unfall sie ihrer Selbständigkeit beraubt hat. Das sind die Koordi- naten von Lídia Jorges jüngstem und vielleicht persönlichstem Roman.
Die alte Dame erzählt von ihrem Alltag, den Auseinandersetzungen und Freundschaften mit jungen Pflegerinnen und anderen Mitbewohnern, ihrer heimlichen Liebe zu einem Mann, der kurz darauf stirbt, ihre nächtlichen Kämpfe mit einem Alter Ego, das ihr schwindendes Wissen herausfordert.
Immer wieder kreisen ihre Gefühle um die schwierige Liebe zur Tochter, einer Schriftstellerin, der sie vorwirft, nur deshalb nicht reich und berühmt zu sein, weil sie vom Elend Namenloser erzählt, anstatt endlich Taten berühmter Menschen zu beschreiben. Der Generationskonflikt mit autobiographischen Zügen wird zum Verhandlungsort einer sozial fundierten Poetik.
Erbarmen wirft ein kritisches Licht auf unsere Gegenwart, vermeidet aber frontale Angriffe und stellt uns stattdessen geschickt vor grundsätzliche Fragen: Was ist Wissen in einer Zeit der totalen Verfügbarkeit von Information? Was zählt wirklich im Leben angesichts der Tatsache, dass wir alle dem Tod entgegengehen? Welche Funktion hat das geschriebene Wort in diesem Zusammenhang? Wer sich mit der Autorin auf die Suche nach Antworten begibt, gerät in einen subtil entfalteten Erzählstrom, der uns geschickt auch dort zu tragen vermag, wo wir den Wirklichkeiten des Lebens die Hand reichen müssen.
Septime
17. Februar 2024
Jan Kjaerstad – Eine Zeit, zu leben
übersetzt von Bernhard Strobel
Hardcover, 480 Seiten, € 28,00
Zwölf Menschen sind auf dem Weg ins Nationaltheater, alle aus einem anderen Teil der Stadt. Alle haben eine Karte für die Premiere von Hedda Gabler. Eine Zeit, zu leben ist ein Roman über den unersetzlichen Wert der Begegnung, über Menschen, die dicht gedrängt in einem Saal sitzen und ihr Leben gegenseitig beeinflussen, ohne dass sie es selbst bemerken. Ein Lehrer ist einer Schülerin zu nahegekommen und fürchtet, in einen MeeToo-Skandal verwickelt zu werden. Ein Vater hat seine Tochter durch einen Selbstmord verloren und weiß nicht, ob er es ertragen wird, ein Theaterstück zu sehen, bei dem sich eine der Personen im letzten Akt erschießt. Eine sozial engagierte junge Frau plant, zur Halbzeit der Vorstellung aufzustehen und zum Protest aufzurufen. Eine Zeit, zu leben, verlegt in den Monat März des Jahres 2019, handelt von unserer Unwissenheit über all das, was bis zum nächsten Jahr geschehen wird. Und von der Jagd nach Aufmerksamkeit, von der unsere Zeit geprägt ist. Hedda Christine Foss spielt die Hauptrolle in Ibsens Stück, und jetzt steht sie mit einer Pistole auf der Bühne – einer mit scharfer Munition geladenen Pistole. In der dritten Reihe sitzt ein früherer Geliebter. In der vierten Reihe ein verhasster Kritiker. Und in der ersten Reihe sitzt die Ministerpräsidentin des Landes.
Anna Herzig – Das Seil
Hardcover, 168 Seiten, € 21,40
Die alleinerziehende, erfolglose Wiener Schriftstellerin und Spiegelexpertin Franziska gewinnt ihren ersten großen Preis. Der Zeitpunkt dafür hätte nicht besser sein können, denn es haben sich in zehn wenig fruchtbaren Kreativjahren nur Schulden und Angststörungen angehäuft. Doch Franziska hat ein Geheimnis: Ihr Gewinnertext »Das Seil« stammt nicht aus ihrer eigenen Feder. Also steigt der Großvater höchstpersönlich aus dem Grab, um sich zu holen, was rechtmäßig ihm gehört: Franziska. Und dann sind da noch all die anderen, die ein Recht auf Franziskas Preisgeld anmelden und sie bedrohen, allen voran ihre eigene Familie.
Als Franziska jeden Kontakt zur Außenwelt einstellt und sich in ihrer kleinen Einzimmerwohnung verbarrikadiert, bemerkt sie plötzlich ein beharrliches Schluchzen, das aus dem Badezimmerspiegel zu kommen scheint.
10. März 2025
Philip Krömer – Kumari
Hardcover, 216 Seiten, € 24,00
Nepal, 2001. Ein Mädchen lebt als wiedergeborene Göttin, eingesperrt in einem Tempel. Die Pilger, die sie täglich aufsuchen, sind ihr einziger Kontakt zur Außenwelt. Doch ihre Zeit als sogenannte »Kumari« läuft ab. Während ihr zu Ehren in ganz Nepal ein blutiges Opferfest gefeiert wird, bereiten maoistische Rebellen im Hinterland den Sturz des Königs vor. Ein Bürgerkrieg droht.
Auf dem Höhepunkt des Fests erreicht die junge Partisanin Rupa Rana mit einem entscheidenden Geheimauftrag die Hauptstadt Kathmandu. Auch Kronprinz Dipendra kehrt in seine Heimat zurück, den Kopf voll fremder Ideen und erfüllt von einem unerklärlichen Hunger. Ihre Wege kreuzen sich. Vom Ausgang ihrer verhängnisvollen Begegnung hängt ab, ob die Feiern mit einem Neuanfang oder einem Blutbad enden …
Ein packender, sprachmächtiger Roman über Liebe und Familie, Freiheit und Gehorsam und das Wagnis, in all dem Chaos das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Frei nach den historischen Ereignissen um die Kindgöttin Kumari greift das Buch ein Thema auf, das noch nie als Roman erzählt wurde.
S.Fischer
26. Februar 2025
Vigdis Hjorth – Wiederholung
Übersetzt von: Gabriele Haefs
192 Seiten, gebunden, € 23,00
Eine Frau läuft durch den Wald. Eigentlich bereitet sie sich auf einen Marathon vor, aber getrieben ist sie von etwas anderem. Alles, was sie vergessen will, kehrt zu ihr zurück, und so nähert sie sich Atemzug für Atemzug dem sechzehnjährigen Mädchen, das sie einmal gewesen ist. Der erste Kuss auf einer Party. Der erste überwältigende Rausch, der den Körper so leicht werden ließ. Die Mutter, die mit Argusaugen über sie wacht und ihren unbändigen Lebenshunger kontrolliert. Der Vater, der sich immer weiter distanziert.
In ihrem neuen Roman, der mit dem wichtigsten Literaturpreis Norwegens, dem Kritikerpreis, ausgezeichnet wurde, kehrt Vigdis Hjorth zu ihren großen Lebensthemen zurück: Sie erzählt vom schmerzhaften Kampf einer jungen Frau gegen das Geheimnis einer Familie, vom Ringen um die eigene Wahrheit und davon, dass manche Erinnerung einen so lange heimsucht, bis neues Erkennen möglich ist. Ein essenzielles, universelles Buch von der bedeutendsten Gegenwartsautorin Norwegens.
12. März 2025
Antje Rávik Strubel Autorin – Der Einfluss der Fasane
240 Seiten, gebunden, € 24,00
Der neue Roman der Buchpreisträgerin Antje Rávik Strubel: Federleicht und messerscharf
An einem frühen Morgen steht Hella Karl am Briefkasten und liest die Meldung, die sie aus der Bahn werfen wird: Der Star der Berliner Theaterszene und Gravitationszentrum der Kulturwelt hat sich das Leben genommen. Hella Karl, Feuilletonchefin einer großen Zeitung, ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen und glaubt, alles im Griff zu haben. Doch sie hat einen folgenreichen Artikel über den gefeierten Mann verfasst – und jetzt wird sie für seinen Tod verantwortlich gemacht. Ist er an sich selbst gescheitert, oder hat Hella Karl ihn in den Tod geschrieben?
»Der Einfluss der Fasane« erzählt heiter und packend von einer, die die Kontrolle verliert. Von den Erregungsdynamiken, die sich, einmal in Gang gesetzt, nicht mehr steuern lassen. Ein leichtfüßiger Roman über schwere Vorwürfe, das Ringen um Worte und über das Unheil von medialen Diskursen.
23. April 2025
Elin Anna Labba – Das Echo der Sommer
Übersetzt von: Hanna Granz
464 Seiten , gebunden, € 25,00
Jedes Jahr im Frühling kehren sie nach dem Winter in ihr »Sommerland« am See im Nordwesten Schwedens zurück. Doch in diesem Frühjahr ist alles anders: Als die dreizehnjährige Iŋgá mit den Rentieren, Mutter und Tante das Tal erreicht, ist ihr Dorf versunken. Birken, Hütten, das Hab und Gut der Familie und vor allem das Grab des Vaters – alles unter Wasser, rücksichtslos geopfert für die Wasserkraftproduktion und den Profit der Städte im Süden. Es beginnt ein jahrzehntelanger Kampf gegen die Mächtigen des Landes, der nicht nur die drei Frauen, sondern das ganze sámische Dorf vor eine Zerreißprobe stellt.
Elin Anna Labba erzählt die weitgehend unbekannte Geschichte ihrer Gemeinschaft und schafft ein unvergessliches Zeugnis für das Recht auf Selbstbestimmung und die tiefe Verbundenheit von Mensch und Natur. Ein hochaktueller Roman von ungeheuer erzählerischer Kraft.
Suhrkamp
24. Februar 2025
Nina Bußmann – Drei Wochen im August
Fester Einband mit Schutzumschlag, 318 Seiten, € 24,00
Ein abgelegenes Ferienhaus an der französischen Atlantikküste: Hier will Elena mit ihren Kindern drei unbeschwerte Wochen verbringen. Ihr Mann ist zu Hause in Deutschland geblieben, die Ehe läuft nicht gut. Dafür hat Elena die Babysitterin Eve und eine Freundin der dreizehnjährigen Tochter mitgenommen. Doch was als entspannte Auszeit beginnt, wird immer stärker bedroht, von außen wie von innen: Die ausgetrockneten Wälder stehen in Flammen, unangekündigte Gäste tauchen auf, Konflikte spitzen sich zu – befeuert von Eifersucht, Misstrauen und Abhängigkeiten. Bis eines der Mädchen plötzlich verschwindet.
Drei Wochen im August ist ein intensives Kammerspiel in der Hitze des Sommers. Alles scheint harmonisch, aber die Abgründe lauern im Idyll. Eine unbedachte Bemerkung, eine falsche Verdächtigung, und das komplexe Beziehungsgeflecht droht zu zerreißen. Davon erzählt Nina Bußmann mit großer psychologischer Klugheit und einem feinen Gespür für Spannung.
Ricarda Messner – Wo der Name wohnt
Fester Einband mit Schutzumschlag, 170 Seiten, € 23,00
Hausnummer 36 und 37, hier in Berlin haben sie jahrelang in direkter Nachbarschaft gelebt. Als Kind spielte die Enkeltochter Tischtennis auf dem Glastisch im Wohnzimmer der Großeltern. Als Erwachsene löst sie deren Wohnung schließlich auf, bringt Besteck, Töpfe und Musikkassetten nach nebenan zu sich. Und sie will noch etwas bewahren: Levitanus, den Familiennamen. Der Wunsch, den Namen wieder anzunehmen, begleitet sie nicht nur im Alltag, sondern führt sie auch nach Riga. Sie folgt den Worten ihres Urgroßvaters Salomon und findet ein Fenster im ehemaligen Rigaer Ghetto, das eng mit ihrer Familiengeschichte verknüpft ist – und sie zeichnet die Bewegungen von vier Generationen nach, vom sowjetischen Lettland der siebziger Jahre bis nach Deutschland.
Ricarda Messner erzählt in ihrem Debütroman vom Ort ihrer Erinnerungen, kehrt immer wieder zurück zum Leben in zwei Wohnungen, nähert sich Verlusten und Lücken, verbindet Heute und Gestern. Wo der Name wohnt lässt so zärtlich wie klar eine Familie aufleben und bewahrt ihre Geschichten.
Katja Petrowskaja – Als wäre es vorbei
Texte aus dem Krieg
Fester Einband mit Schutzumschlag, 220 Seiten,€ 25,00
Wie verändert der Krieg die Bilder? Wie verändert er das Sehen? Wie verändert er diejenigen, die ihm standhalten oder die ihm zuschauen? Mit ihren Fotokolumnen, die zwischen Februar 2022 und Herbst 2024 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen sind, hat Katja Petrowskaja absichtslos eine Chronik des Krieges geschrieben.
Sie beginnt am Vorabend, mit einer Landschaft in Georgien, entlang der Großen Heerstraße. Tiere. Kriegsgefahr liegt in der Luft. Auf der nächsten Seite der Schrei: Mein Kiew! Die unfassbare Realität des Krieges, das Einbrechen des Ungeheuerlichen ins eigene Leben.
Der Krieg verunsichert den Blick. Man sieht Bilder lächelnder Menschen und fragt sich unwillkürlich, ob sie noch leben. Ein Mann steht in einem Loch, mitten auf einer Straße, »als probiere er den möglichen Tod an, als wäre der Tod seine neue Kleidung«. Ein bleiches, lachendes Mädchen, an eine ältere Frau geschmiegt. Aus der Geschichte hinter diesem Bild springt einen hinterrücks die Erkenntnis an, dass selbst das Unwahrscheinliche doch möglich ist – in dieser Zeit auch der Wunder.
17. März 2025
Christoph Hein – Das Narrenschiff
Fester Einband mit Schutzumschlag, 800 Seiten, € 28,00
Ein Staat wird – wie alle Staaten – gegründet für alle Ewigkeit und verschwindet nach vierzig Jahren nahezu spurlos. Sind die Menschen, die dort einmal lebten, dem Vergessen anheimgefallen und ihre Träume nur ein kurzer Hauch im epochalen Wind der Zeitläufte?In seinem fulminanten Gesellschaftsroman lässt Christoph Hein Frauen und Männer aufeinandertreffen, denen bei der Gründung der DDR unterschiedlichste Rollen zuteilwerden, begleitet sie durch die dramatischen Entwicklungen einer im Werden befindlichen Gesellschaft, die das bessere Deutschland zu repräsentieren vermeint und doch von einem Scheitern zum nächsten eilt. Überzeugte Kommunisten, ehemals begeisterte Nazis, in Intrigen verstrickte Funktionäre, ihre Bürgerlichkeit in den Realsozialismus hinüberrettende Intellektuelle, Schuhverkäufer, Kellner, Fabrikarbeiter, Hausmeister und selbst ein hoher Stasi-Mann erkennen auf die eine oder andere Art ihre Zugehörigkeit zu einer unfreiwilligen Mannschaft an Bord eines Gemeinwesens, das sie zunehmend als Narrenschiff wahrnehmen und dessen Kurs auf immer bedrohlichere historische Klippen ausgerichtet ist.
Andreas Maier – Der Teufel
Ortsumgehung 10
Fester Einband mit Schutzumschlag, 180 Seiten, € 25,00
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau … Willkommen in der Welt der Guten und der Bösen! Wir schreiben die siebziger und achtziger Jahre, die Zeit des Blauen Bocks: Onkel J. sitzt vor den Nachrichten und versteht auf paradiesische Weise nichts, derweil seine geliebte Mutter während des schier endlosen ersten Golfkriegs älter und älter wird. Mittendrin hat Andreas seinen ersten linksutopisch unterfütterten Sex bei Räucherkerzenduft, und zu Besuch kommt das Tante Lenchen, das die DDR unverdrossen für das bessere System hält. Nicht zu vergessen Saddam Hussein: Eben noch im Kampf gegen dämonische Regime unterstützt, jetzt plötzlich selbst zum Teufel geworden. Wie konstruiert man das: Gut und Böse? Und aus was genau besteht eigentlich jugoslawisches Hackfleisch?
Wie wir untergehen im täglichen Meinungswettstreit, wie wir einem Überblick ständig ferngehalten werden, wie wir diesen Überblick vielleicht sowieso nie bekommen können, davon handelt Der Teufel, Andreas Maiers neuer, abgründiger, maliziös-witziger Roman.
19. Mai 2025
Ralf Rothmann – Museum der Einsamkeit
Erzählungen
Leinen, 268 Seiten, € 26,00
»Jede wahre, jede leuchtende Kurzgeschichte hat einen romanlangen Schatten«, schrieb Ralf Rothmann einmal und stellt es mit Museum der Einsamkeit erneut unter Beweis. Ob er von dem »Budenzauber« eines kleinen Jungen erzählt, der während der Abwesenheit der Eltern den weinenden Bruder tröstet, oder von einer Dozentin, die ihre Mutter in ein Seniorenheim mit seltsamen Kratzspuren an den Türen gibt, ob er einen Handlanger an der Seelenkälte der Maurer oder einen Pfarrer, dessen Tochter stirbt, an Gott verzweifeln lässt – immer offenbart sich uns eine »Wahrheit hinter der Wahrheit«, was nicht zuletzt an der Spannkraft und der magischen Genauigkeit von Ralf Rothmanns Sprache liegt.
Um Würde oder ihr Fehlen geht es in diesen neun Erzählungen, in denen die Menschen sich bemühen, dem Ideal eines halbwegs gelungenen Lebens etwas näher zu kommen – oder doch am Ende nicht allzu zerknirscht dazustehen. Vom Alleinsein versehrt sind manche, »Engel auf Krücken«, die ahnen, dass es nicht unbedingt Flügel braucht, um über sich und die Umstände hinauszugelangen; Liebe würde schon genügen.
Transit
24. Februar 2025
Melara Mvogdobo – Großmütter
128 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 18,00 €
Ein souverän erzählter, verblüffender Roman über zwei Frauen aus verschiedenen Kontinenten, die sich beide auf abenteuerliche Weise aus ihrem vermeintlich unabänderlichen Schicksal lösen.
Dieser Roman handelt von zwei Großmüttern, die eine aus einer armen Schweizer Bauernfamilie, die andere aus einer relativ wohlhabenden Familie in Kamerun.
In einer unglaublich knappen, wie gemeißelten Sprache geht es um deren Kindheit, Hoffnungen und Enttäuschungen. Sie heiraten, werden gedemütigt und entwürdigt. Aber durch diese Erfahrungen staut sich eine gewaltige Wut auf, die schließlich, auch mit Hilfe der jeweiligen Enkeltöchter, zu ihrer Befreiung führt.
Jessica Zafra – Ein ziemlich böses Mädchen. Ein Roman aus den Philippinen
Übersetzt aus dem Englischen von NIko Fröba
140 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 20,00 €
Oft mit sarkastischem Unterton und Witz, offenbart dieses Buch die krassen Widersprüche in der philippinischen Gesellschaft, nicht als Anklage, sondern als detaillierte Wahrnehmung völlig konträrer, fremder Lebensweisen. Erzählt aus der Sicht eines Mädchens, das anfangs noch naiv scheint, dann aber immer genauer und bissiger beobachtet. Guada wächst in Manila bei ihrer Mutter auf, einer Lehrerin, nachdem der Vater, Seemann und Schürzenjäger, sich davon gemacht hat. Um ihr Einkommen aufzubessern, verkauft die Mutter selbstgemachtes Streetfood. Ihre Kochkünste werden von einem schwerreichen Unternehmer entdeckt, er stellt sie ein und lässt sie und Guada in seinem Luxus-Anwesen wohnen. Eine völlig andere Welt öffnet sich für Guada, sie fühlt sich abgestoßen von der Lebensweise und Arroganz der Reichen ebenso wie von dem devoten Verhalten ihrer Mutter. Das Mädchen will mit dieser für sie kranken, ungerechten Gesellschaft nichts zu tun haben, zieht sich auch in der Schule zurück, wird heftig gemobbt – und lässt in einem rasanten Schlusskapitel alles hinter sich.
Tropen
15. März 2025
Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn
Aus dem Amerikanischen von: Thomas Gunkel
512 Seiten, gebunden, € 26,00
Verbrechen, Spekulationen, Gentrifizierung und zerplatzte Träume: Mit meisterhafter literarischer Finesse erzählt Jonathan Lethem die wechselvolle Geschichte von einer der hippsten Straßen New Yorks, der Dean Street. Ein Blick hinter die Kulissen einer Straße, einer Stadt und einer Zeit, in der vieles immer stärker zur bloßen Fassade gerät.
Die Dean Street in Brooklyn ist mehr als eine Straße. Sie ist eine Bühne. Hier wird täglich ein Tanz aus Macht, Geld und Gewalt aufgeführt. Wem gehört das Pflaster? Wer zahlt den Preis fürs Überleben? Die Dean Street versammelt kleine und große Verbrecher, reiche Kids und Jungs aus der Hood. Doch im Hintergrund lauern immer andere Strippenzieher: Eltern, Polizisten, Vermieter und diejenigen, die in der Stadt die Schlagzeilen und Gesetze schreiben. Sie alle verleihen dem Viertel seinen Namen und prägen seine Geschichte. Jonathan Lethem, einer der großen Erzähler Amerikas und selbst ein Kind Brooklyns, hat diesem Viertel eine grenzenlose Liebeserklärung geschrieben: witzig, vielschichtig und unfassbar berührend.
Ullstein
02. Mai 2025
Justin Torres – Blackouts
Aus dem Amerikanischen von Stephan Kleiner
Hardcover mit Schutzumschlag, 400 Seiten, € 24,00
Draußen in der Wüste, an einem Ort namens „Palace“, kümmert sich ein junger Mann um eine sterbende Seele, um jemanden, den er einmal flüchtig kennengelernt hat, der aber immer wieder an den Rändern seines Lebens herumgeistert: Juan Gay. Juan möchte unbedingt, dass Nene sich um die Wiederentdeckung eines verloren geglaubten Buchs kümmert: „Sex Variants: A Study of Homosexual Patterns“. Darin: Berichte, die im frühen zwanzigsten Jahrhundert von einer queeren Forscherin, Jan Gay, gesammelt wurden, deren bahnbrechende Arbeit dann von einem Ausschuss übernommen und deren Name begraben wurde. Während Juan auf sein Ende wartet, erzählen er und Nene sich gegenseitig von Momenten der Freude und des Vergessens; sie lassen Lieben, Leben, Mütter, Väter, kleine Helden wieder auferstehen.
Unionsverlag
20. Februar 2025
María Ospina Pizano – Für kurze Zeit nur hier
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen
208 Seiten, gbunden, € 22.00
Unbemerkt von den Büromenschen hinter den Fenstern umkreisen Tausende Zugvögel das trügerische Licht des Wolkenkratzers in Manhattan. Ein Scharlachkardinal löst sich aus der erbarmungslosen Falle, zieht gen Süden über die Wunden hinweg, die der Mensch in die Erde geschlagen hat, Plantagen, Mauern, Gefängnisse. In einer Küche weit unter ihm wird ein Käferweibchen mit dem ersehnten Mangold verpackt und weckt Hunderte Kilometer weiter Erinnerungen, während in den lauten Straßen Bogotás zwei Hündinnen vor dem Alleinsein flüchten.
Zahllose Wesen fliegen, kuscheln, kriechen, knurren und werden im Verborgenen Zeuge menschlicher Krisen und Hoffnungen. Aus einzigartiger Perspektive lässt uns María Ospina Pizano den amerikanischen Kontinent als zusammenhängenden Organismus begreifen.
20. März 2025
Alice Renard – Hunger und Zorn
Aus dem Französischen von Katharina Meyer und Lena Müller
160 Seiten, Gebunden, € 22,00
Wenn die kleine Isor von ihren Streifzügen zurückkehrt, kann ihre Mutter nur erahnen, wo sie war. Mit den Fingern löst sie die Zöpfe der Tochter, findet Löwenzahnblüten, Grashalme, einen Käfer. Erzählen wird Isor nichts – denn Isor ist nicht wie andere Kinder. Sie spricht nicht, lernt nicht, lebt in stummen Gedanken und tobenden Wutausbrüchen. Gefangen in einer Realität, die nicht die ihre ist, treibt sie ihre Eltern in die Verzweiflung. Bis sie eines Tages auf Lucien von nebenan trifft und in dem vorsichtigen, einsamen Alten eine verwandte Seele erkennt. Alice Renard erzählt von einem ungewöhnlichen Mädchen und einer ungleichen Freundschaft, vom Brodeln unter der Oberfläche, vom Mythos der Normalität und der Suche nach einer Welt, die groß genug ist für das Unerwartete.
Verbrecher Verlag
Voland&Quist
24. Februar 2025
Kathrin Bach – Lebensversicherung
gebunden, ca. 200 Seiten, € 24,00
Westdeutsche Provinz in den neunziger Jahren: Fertighäuser auf der einen, traditionelle Höfe auf der anderen Seite des Dorfes. Ein Sportplatz, eine Gastwirtschaft, ein Bäcker, eine Buswendeschleife. Und: ein Versicherungsbüro. Die Ich-Erzählerin in Kathrin Bachs Prosadebüt wird in eine Kaufmannsfamilie hineingeboren. Ihre Eltern führen fort, was die Großväter nach dem Krieg in die aufstrebenden Dörfer brachten: den Verkauf von Versicherungen. Mit dem Geschäft zieht bescheidener Wohlstand ein – aber auch eine über allem schwebende Angst. Denn die nächste Katastrophe ist immer nur einen Anruf entfernt.
In Kathrin Bachs „Lebensversicherung“ fügen sich Erinnerungen, Bilder und Listen zu einer tragikomischen Familiengeschichte zusammen. Sie erzählt von der so deutschen Sehnsucht nach Sicherheit – und der Erfahrung, dass man sich von Risiken und Gefahren nicht freikaufen kann. Von einem Milieu, in dem Zeit Geld ist und Freiheit sich auf zwei Wochen Urlaub im Jahr beschränkt. Und von einer Protagonistin, die sich ihren Ängsten stellt, um sich schreibend ihrer Lebendigkeit zu versichern.
Faruk Šehić – Von der Una
Aus dem Bosnischen von Elvira Veselinović
gebunden, ca. 230 Seiten, € 22,00
»Von der Una« ist der gelungene Versuch, ein persönliches Kriegstrauma schreibend zu verarbeiten und zu überwinden. Wir folgen der Hauptfigur des Romans durch drei Zeitabschnitte: Kindheit und Jugend in Jugoslawien vor dem Krieg, Fronterfahrung während des Bosnienkrieges und schließlich der Versuch, nach dem Konflikt ein normales Leben zu führen.
In seiner sehr lyrischen, meditativen Prosa rekonstruiert Faruk Šehić das Leben eines Mannes, der sowohl Kriegsveteran als auch Dichter ist. Der Historiker lehrt uns, was geschehen ist, der Dichter, was für gewaltige emotionale Spuren es hinterlassen hat und der Ästhet, wie man auch noch aus den schmerzhaftesten Erinnerungen den maximalen Genuss ziehen kann. Parallel zu dieser Geschichte nehmen die Passagen des Buches über die Stadt am Fluss Una mythische, traumgleiche und phantastische Dimensionen an.
03. März 2025
Edo Popović – Der Pudel des Staatsführers
Aus dem Kroatischen von Mascha Dabić
gebunden, ca. 170 Seiten, € 2,00
Zagreb: Im Park eines psychiatrischen Krankenhauses wird ein junger Mann tot aufgefunden – es ist kein Geringerer als der Vorsitzende einer rechtsextremen Jugendbewegung. Der Psychiatriepatient, dem der Ermordete regelmäßig Krankenbesuche abgestattet hatte, bildet sich ein, der Pudel von Ante Pavelić zu sein, dem Gründer der kroatischen Ustascha-Bewegung.
Der junge Inspektor Rakitić schlittert durch seine Ermittlungen in einen verstörenden Mikrokosmos, der bis in die höchsten Kreise hinaufreicht. Er deckt Beziehungen zwischen Politik und Medien auf und muss in menschliche Abgründe blicken, aber auch literarischen Hinweisen nachgehen, um den Fall zu lösen.
10. März 2025
Simone Scharbert – Für Anna. Eine Belichtung
Klappenbroschur, ca. 180 Seiten, € 22,00
Anna Atkins, geboren 1799 im englischen Tonbridge, gestorben 1871 in Halstead, gilt heute als eine der ersten Fotografinnen. Mit ihrer unermüdlichen Arbeit leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Wissenschaft des viktorianischen Zeitalters — und wurde doch kaum wahrgenommen. Zu einer Zeit, in der Erinnerung, Dokumentation und Bebilderung fast ausschließlich der Malerei und Illustration vorbehalten waren, widmete sie sich einem einfachen manuellen Verfahren, das mit Hilfe von bloßem Licht und UV-empfindlich beschichtetem Papier neue Möglichkeiten der Abbildung schuf. Die so entstandenen Cyanotypien gelten heute als Vorläufer der späteren Fotografie.
In ihrem dritten Prosatext nach »du, alice« (2019) und »Rosa in Grau« (2022) verfolgt Simone Scharbert ihr Projekt des Sichtbarmachens weiblicher Biografien weiter. Sie erzählt, wie Anna Atkins gegen viele Widerstände ihre fotografischen und wissenschaftliche Arbeiten vorantrieb, im Gepäck all die Verluste ihres Lebens, Fragen der Erinnerung und der Belichtung. Leise eingestreut sind kleine Einblicke in botanische sowie koloniale Geschichte des viktorianischen Zeitalters
Wagenbach
20. Februar 2025
Sara Mesa – Die Familie
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen
240 Seiten, Gebunden, € 20,00
In dieser Familie gibt es keine Geheimnisse. Alle spielen Theater, verstellen sich, verschweigen, erfinden kleine Lügen. Sara Mesas Erkundung des Weltinnenraums Familie – unerbittlich, beklemmend genau, so unheimlich vertraut wie die Schatten im nächtlichen Kinderzimmer.
Eine scheinbar ganz gewöhnliche Familie: Vater, Mutter, zwei Söhne, zwei Töchter. Der Vater Damián ist Anwalt, sozial engagiert, verehrt Gandhi und verachtet Redensarten. Als Mann klarer Vorstellungen erzieht er seine Frau Laura und die Kinder Damián, Rosa, Martina und Aqui zu Disziplin und Sparsamkeit, Rücksichtnahme und lückenloser Offenheit. Die Konsequenz: Alle anderen versuchen auf je ihre Weise, sich der ungelüfteten Atmosphäre von Kontrolle und angespannter Stille zu entziehen. Sie proben stumm den Aufstand, suchen Auswege, entwickeln Geheimcodes oder unterlaufen die starren Regeln durch Übererfüllung.
In doppelbödigen Szenen und aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt Sara Mesa davon, wie familiäre Beziehungen ein Leben lang prägen. Ein hypnotischer Roman über ernste Versteckspiele, die Lügen der Eltern, den sanften Terror des Gutgemeinten und die Scham, die bleibt: »Die Familie« werden wir nicht los.
Eva Strasser – Wildhof
208 Seiten, Gebunden, 22,– €
Lina reist mit leichtem Gepäck. Denn sie hat nicht vor zu bleiben. Was in ihrem Heimatort auf sie wartet, wiegt schwer. Und dabei weiß sie noch längst nicht alles. Doch weil es summt und leuchtet und duftet im Wald, geht sie nicht in die Knie, sondern weiter.
Selbstmitleid ist Lina fremd, denn sie hat reichlich Humor. Doch woher all die Wut kommt, die mitunter aus ihr herausbricht? Sie scheint dann ganz außer sich, völlig daneben. Weil wohl einfach zu viel zusammengekommen ist. Kein kleines Familiendrama, ein großes. Ihre Zwillingsschwester Luise ist spurlos verschwunden. Vor Jahren. Schon lange lebt Lina deshalb nicht mehr in Wildhof. Jetzt aber muss sie dorthin zurückkehren, um aufzuräumen, nachzuforschen, zu begraben und abzuschließen.
Gut dreißigjährig und frisch verwaist sucht sie nun einen Käufer für das Elternhaus und findet wieder, was auf immer versunken schien. Auch endlich eine Spur. Denn Luise hat ihr einen Wegweiser hinterlassen …
In einer Gegenwart, in der sie gehalten wird vom durchsonnten Wald und von alten Freundschaften, kratzt Lina beidhändig die vermooste Vergangenheit frei. Und damit ihre eigene Zukunft.
Ein sinnliches Buch, voller Gefühle, Gerüche und Geräusche, angespannt und spannend bis zum Schluss.
Wallstein
19. Februar 2025
Henning Ziebritzki – Brand
150 Seiten, gebunden, € 22,00
In den Erinnerungen eines im Dorf Brand aufgewachsenen Jungen werden Familie und Einwohner ebenso lebendig wie der Hintergrund der Zeitgeschichte und der norddeutschen Landschaft. Es sind die sechziger Jahre, von den Erwachsenen nur »die Zeit nach dem Krieg« genannt. Die Begegnung mit dem komischen August, der eine Art Dorftrottel ist, die erste erotische Empfindung, ausgelöst durch die Lehrerin auf dem Schulhof, die Urgroßmutter und der tote Großvater prägen das Kind ebenso wie das Spektakel des Schweineritts, die bedrohliche Begegnung mit einem Fremden auf dem Erntefest, Erfahrungen mit dem Übersinnlichen beim Milchholen und die erste Lektüre eines Gedichtes von Goethe. Eine besondere Rolle spielen die Erzählungen der Mutter vom Dorf und seinen Bewohnern, die den Jungen nachhaltig beeinflussen und zu seinen ersten poetischen Erlebnissen werden.
Henning Ziebritzki schildert in anschaulicher und poetischer Sprache eindrückliche Szenen einer Kindheit auf dem Land.
21. Mai 2025
Veronika Schuchter – Ernst Toller
Revolutionär – Schriftsteller – Antifaschist. Eine Biografie
376 S., ca. 20 Abb., gebunden, € 32,00
Er war der berühmteste Dramatiker der Weimarer Republik, seine Stücke spielte man von Moskau bis Sidney. In Ernst Tollers Lebensgeschichte ballen sich die zentralen Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Als Jude in der preußischen Provinz geboren, meldete er sich freiwillig im Ersten Weltkrieg an die Front. Von der grausamen Kriegserfahrung geläutert wurde er zum Pazifisten. Die Begegnung mit Kurt Eisner macht ihn zum Revolutionär, kurz steht Toller sogar an der Spitze der Münchner Räterepublik. Während einer fünfjährigen Festungshaft wird er zum gefeierten Schriftsteller, 1933 zwingt ihn die Machtübernahme zur Flucht. Schon früh hat er die Zeichen der Zeit erkannt und unermüdlich vor den Nationalsozialisten gewarnt. Das Exil führt ihn schließlich nach England, Hollywood und New York, wo er, zeitlebens unter schweren Depressionen leidend, 1939 seinem Leben ein Ende setzt.
Lange Zeit war der einst so berühmte Schriftsteller, Politiker und Aktivist fast vergessen. Veronika Schuchter erzählt das bewegte Leben Ernst Tollers als Spiegelbild seiner Zeit. Seine historische Weitsicht, sein Eintreten für die Schwächsten der Gesellschaft und gegen jede Form totalitärer Tendenzen machen sein Leben und Werk bis heute relevant.
Zsolnay
28. Januar 2025
Susanne Gregor – Halbe Leben
192 Seiten, gebunden, 23,00 €
Klara ist tot, beim Wandern abgestürzt. Bei ihr war nur Paulína, eine Slowakin, die Klara nach dem Schlaganfall ihrer Mutter eingestellt hat.
Endlich war die Mutter versorgt gewesen. Klara konnte sich wieder ihrer Karriere widmen, ihr Mann seine Freiheit genießen. Paulínas eigene Kinder wurden in der Zwischenzeit in der Slowakei von der Schwiegermutter betreut. Alles wunderbar organisiert, alles ganz einfach. Alle mochten Paulína, dankten ihr mit großzügigen Geschenken für Dienste und Extradienste. War man nicht eigentlich sogar schon befreundet?
In einer klaren, unprätentiösen Sprache widmet sich Susanne Gregor den großen Themen, die uns alle betreffen, und erzählt von der Ungleichheit – zwischen zwei Frauen, zwischen zwei Leben.
Viel Spaß beim Stöbern! Und lasst mir gern eure Favoriten in den kommentaren da.
Und falls ihr noch mal in die Herbstvorschauen 2024 blättern wollt, die findet ihr hier.