Andreas Moster – Der Silberriese

Patrik ist ehemaliger Leistungssportler, Olympiazweiter im Diskuswurf, und nun in der Logistikbranche tätig und alleinerziehender Vater einer zwölfjährigen Tochter. Leistung, Disziplin, Ehrgeiz – das hat er aus seinem harten Training mit hinüber genommen in seine Erziehungsarbeit. Nachdem die Mutter Kara, auch sie erfolgreiche Spitzensportlerin, die beiden Knall auf Fall eines Nachts verlassen hat, lebt Patrik nur noch für Ada. Andreas Moster schreibt intensiv und empathisch von dieser allzu engen Vater-Tochter – Beziehung in seinem neuen Roman Der Silberriese.

Fast sein ganzes Leben hat Patrik dem Leistungssport gewidmet. Harte Trainings, Verzicht, häufige Auslandsreisen. Wie er seiner Tochter Ada einmal beichtet, gab es da keine Freundschaften, höchstens Kameradschaft und viel Konkurrenz. Auch seine Liebe findet er im Leichtathletikstadion. Kara ist Amerikanerin, Läuferin und eines Tages schwanger. Patrik denkt an eine Abtreibung, aber Kara will das Kind. Elternschaft und Spitzensport – schwer vereinbar. Aber wie es meistens ist, Kara pausiert, bleibt beim Kind. Patrik trainiert derweil weiter für die Olympiade in Peking.

Allein mit Kind

Eines Nachts verlässt Kara für Patrik völlig überraschend ihn und das Kind und kehrt nach Amerika zurück. Die beiden Zurückgelassenen hören lange nichts mehr von ihr. Für Patrik bedeutet das, dass er sich nun völlig allein um die vier Monate alte Tochter kümmern muss, neben den harten Trainingseinheiten und offenbar völlig ohne Unterstützung. Von Familie um ihn herum ist nie die Rede, für Freundschaften war nie Zeit. Patrik ist überlastet, Verletzungen bei den Trainingseinheiten häufen sich. Bald wird klar, dass sich Leistungssport und Baby nicht vereinbaren lässt. Dazu kommt die Kränkung, die das Verlassenwerden dem erfolgsverwöhnten Silberriesen zufügt.

Sein Geld verdient sich Patrik nun in der Logistikbranche. Seine Identität, die bislang gänzlich auf den Sport fixiert war, muss er völlig neu aufbauen. So wie er sich auf seine Sportlerkarriere konzentriert hat, konzentriert es sich nun auf das Vatersein. Patrik und Ada – eine symbiotische Beziehung, die immer mehr Spannungen unterworfen ist, je älter das Mädchen wird. Dann tritt Carla in Adas Leben. Carla turnt. Also möchte Ada das auch. Für Patrik eine neue Möglichkeit, über den Sport noch näher an seine Tochter heranzukommen. Aber Ada distanziert sich zunehmend. Sie fragt nach ihrer Mutter, die Patrik immer aus ihrem Leben herausgedrängt hat. Einmal hat sich Kara bei ihnen gemeldet, wollte wieder Kontakt. Da war Ada ein Jahr alt, Patrik ließ es nicht zu.

Wie Andreas Moster in Der Silberriese die Nähe und Distanz in der Beziehung zwischen Vater und Tochter schildert, ist sehr empathisch und intensiv. Die emotionale Abhängigkeit, in die sich Patrik von Ada begibt, ist hoch. Die Mutter Kara völlig zu verdrängen, muss scheitern, das Schweigen sich nicht länger aufrechterhalten. Für Patrik ist das ein schmerzhafter Prozess. Psychologisch feinfühlig erzählt davon Andreas Moster in Der Silberriese.

 

Beitragsbild by JojoS7 (CC BY-NC-ND 2.0) via Flickr

_____________________________________________________

andreas-moster-der-silberriese.

.

Andreas Moster – Der Silberriese
Arche Verlag August 2024, 304 Seiten, gebunden, 24 €

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert