Bastian Kresser – Als mir die Welt gehörte

Das Erstaunliche ist, dass es diesen Victor Lustig wirklich gab. Der 1890 geborene Lustig war österreich-ungarischer Herkunft, von großer Intelligenz und umfassender Ausbildung. Er sprach fünf Sprachen. Dass er mit 22 Jahren bereits 5x im Gefängnis sitzen, sich etliche fiktive Identitäten zulegen und auf Überseedampfern Geld mit Betrügereien bei Glücksspielen machen sollte, war in keiner Weise vorgezeichnet oder vorhersehbar. In die Geschichte ging er schließlich ein als „der Mann, der den Eiffelturm verkaufte“. Und das gleich zwei Mal. Seine überraschende Geschichte erzählt der österreichische Autor Bastian Kresser auf so unterhaltsame wie spannende Weise in seinem Roman Als mir die Welt gehörte. Weiterlesen „Bastian Kresser – Als mir die Welt gehörte“

Patrick Modiano – Unsichtbare Tinte

Die Sache mit mir und Modiano läuft schon eine ganze Weile. Das erste Buch, das ich von ihm las, war Unfall in der Nacht – bis heute eines meiner liebsten. Erschienen ist der Roman auf Deutsch 2006, ob ich ihn da direkt gelesen habe, weiß ich nicht mehr. Wie sehr er mich aber verzauberte, das schon. Seitdem habe ich nicht nur jede Neuerscheinung sehnsüchtig erwartet, sondern mich auch tief in die Backlist hineingelesen. Es gibt kaum ein Werk, bei dem dies lohnender wäre. Denn Patrick Modiano, der für seine „Kunst des Erinnerns“ 2014 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, variiert darin stets die gleichen Motive. Das wurde und wird dem 1945 geborenen Franzosen immer wieder einmal vorgeworfen. Mehr und mehr wird aber von der Literaturkritik die Kunstfertigkeit, die darin liegt anerkannt und gewürdigt. Zumal der Autor frei bekennt, er schreibe stets „un peu le même livre“, ein bisschen das gleiche Buch. Einen neuen Roman von Patrick Modiano zu lesen, ist wie das Wiedersehen mit einem alten Freund: spannend, erwartungsvoll, ein wenig ängstlich – so auch mit dem neuesten Werk Unsichtbare Tinte. Weiterlesen „Patrick Modiano – Unsichtbare Tinte“

Hilmar Klute – Oberkampf

Auch wenn sich die westliche Welt seit den verheerenden Anschlägen des 11. September in den USA der allgegenwärtigen Gefahr von Terrorattacken bewusst geworden ist, gibt es doch bestimmte Ereignisse, Daten, Orte, die diese Fragilität der Gesellschaft noch einmal mit besonderer Wucht ins Gedächtnis holen, die die Menschen auf ganz besondere Weise erschüttern und sich deshalb ins kollektive Gedächtnis hineinbohren. Dazu zählen sicher die Zuganschläge von Madrid 2004, die Selbstmordanschläge im öffentlichen Nahverkehr von London 2005 und der LKW-Anschlag in Nizza 2016. Für Deutschland kommt noch der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz 2016 hinzu. Orte des öffentlichen Lebens, in dem man sich doch gemeinhin recht sicher wähnte. 2015 erschütterten die Anschläge in Paris – im Januar auf die Redaktion des Satire-Magazins Charlie Hebdo, im November auf die Konzerthalle Bataclan und umliegende Restaurants – die Welt. Waren dies doch Anschläge, die gegen die gesamte westliche Lebensauffassung, ihre Ideen von Meinungsfreiheit und persönlicher Freiheit gerichtet waren. Hilmar Klute siedelt in ihrem Umfeld seinen Roman Oberkampf an. Weiterlesen „Hilmar Klute – Oberkampf“

Sorj Chalandon – Wilde Freude

Der französische Autor Sorj Chalandon hat (nicht nur) mich im vergangenen Jahr mit seinem Roman Am Tag davor sehr begeistert, ein Grund für mich, mir auch sein neues Buch Wilde Freude anzuschauen. Und das, obwohl das in den Vorschauen annoncierte Cover, das vier Frauen von hinten/oben in pastellfarbener Umgebung zeigt, mich so gar nicht ansprach. Ein Cover, das so sehr nach „Frauenroman“ schreit, dass ich es ohne den Autor zu kennen, sicher nicht angeschaut hätte. Dem Verlag scheinen auch Bedenken gekommen zu sein, denn nun liegt das Buch mit einem gänzlich anderen Titelbild – reine Schriftgestaltung in starken, feurigen Farben – vor.

Eine gute Entscheidung. Denn wenn die Hauptprotagonisten auch vier Frauen sind, die sich mit typisch weiblichen Krebserkrankungen herumschlagen müssen, die Männer hier meist ein äußerst armseliges Bild abgeben und es um weibliche Selbstermächtigung und Solidarität geht, handelt es sich um alles andere als einen sentimentalen oder gar trivialen Roman. Weiterlesen „Sorj Chalandon – Wilde Freude“