Sara Klatt – Das Land, das ich dir zeigen will

Sara Klatt, die Autorin von Das Land, das ich dir zeigen will, ist 1990 in Hamburg geboren und dort aufgewachsen. Ihr Großvater wanderte nach dem Krieg von Berlin nach Israel aus, wurde dort aber nicht heimisch. Schon früh erzählte er seiner Enkelin von dort. Sie stellt ein Motto aus der Bibel ihrem Roman voran, der unverhohlen Autobiografisches erzählt.

„Und der Herr sprach zu Abraham:
Gehe aus deinem Vaterland und von deiner
Freundschaft und aus deines Vaters Hause
in ein Land, das ich dir zeigen will.“

Früh zieht es auch die Erzählerin S. in dieses „verheißene Land“. Später übersiedelt sie ganz dorthin, pendelt zwischen Jerusalem und Tel Aviv, fängt die Atmosphäre beider dieser so unterschiedlichen Städte ein. Neben dem Bus ist ihre Fortbewegungsart im Land das Trampen. Das war zur der Zeit als der Vater noch jung war, sehr verbreitet, gerade auch unter Soldaten. Heute und auch in den Jahren vor dem 7. Oktober 2023, in denen dieses Buch geschrieben wurde, bereits undenkbar. S. aber fürchtet sich nicht, wenn sie ihren Daumen, anders als bei uns in Westeuropa, nach unten zur Straße hält und auf eine Mitfahrgelegenheit wartet. Ihr Instinkt hilft ihr bisher, die richtigen Wagen zu wählen.

„In Israel kann man nur nach oben oder nach unten fahren. Im Westen liegt das Meer, im Osten sind die Araber. Das Land ist zu klein, es gibt nicht viele Wege. Alles liegt auf dem Weg nach irgendwohin. Trampen ist eine natürliche Sache. Wie praktisch, sagte mein Großvater, so kann man sich nicht verlaufen. Im Westen ersäuft man, und überall sonst ist man nicht willkommen.“

Von Jerusalem nach Tel Aviv

So kommt S. nicht nur umsonst von Jerusalem, wo sie am Wochenende in der Küche eines Nachtclubs und bei Rafi in der Bar arbeitet, nach Tel Aviv, wo sie unter der Woche beim Fotografen Juri im Archiv arbeitet und mit Aviv in einer WG wohnt. So lernt sie, und wir mir ihr, eine Menge Menschen kennen, Juden und Araber, die im religiösen, eher etwas düsteren Jerusalem oder im hellen, lebenslustigen Tel Aviv leben, lieben und arbeiten. Oder irgendwo auf dem Weg dazwischen.

„In Jerusalem sind die Nachbarn fremd und können doch nicht voneinander lassen. Die Stadt ist offiziell ungeteilt. Inoffiziell ist sie geradezu zerstückelt in unzählige kleine Teile, die Wichtigeres zu tun haben, als sich zu verstehen, denn sie sind anderweitig beschäftigt. Man kann auch nebeneinanderher leben, ohne sich zu verstehen.

Die Welt außerhalb Israels sieht in Jerusalem Juden und Araber miteinander streiten. Die Welt hat keine Ahnung, wer sich in Jerusalem alles streitet.“

Mit S. fährt die Leserin durchs Land, hört unzählige Geschichten, wie die von Sam, dem Rettungssanitäter, der auch am Shabbat Auto fährt, denn wie er sagt, Shabbat ist für Terroristen ein ganz normaler Arbeitstag. Und deshalb muss auch er arbeiten. Man fährt an den ausgebrannten Lastern vorbei, die 1948 die durch eine arabischen Blockade von der Außenwelt abgeschnittenen, noch in Jerusalem verbliebenen 100.000 Juden versorgen sollten, meistenteils aber beschossen und verbrannt wurden. Ein ausgebrannter Konvoi als Mahnmal.

Reise in die Vergangenheit

Wir reisen mit Sara Klatt in Das Land, das ich dir zeigen will aber auch zurück in die Vergangenheit. Zu der Zeit in einem heißen Hamburger Juli, als ihr Vater im Sterben lag und noch weiter zurück in dessen Kindheit, als er 1944 aus Königsberg fliehen musste. Aber auch der Großvater, der Buchenwald überlebte, spielte eine große Rolle im Leben von S. und so wird auch an ihn und sein Leben erinnert. „Sie haben versucht, uns umzubringen, wir haben überlebt, lasst uns essen“ lautet ein jüdischer Spruch.

Sara Klatt bringt uns ganz nah heran an die Resilienz der Menschen in Israel und der Juden in der Diaspora. Wir lernen viel über das Land. Ihr Buch ist so wunderbar geschrieben, so berührend und atmosphärisch, dass ich es jedem gern ans Herz legen möchte.

 

Beitragsbild: rawpixel.com rawpixel, CC0, via Wikimedia Commons

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Sara Klatt - Das Land, das ich dir zeigen will.

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Sara Klatt – Das Land, das ich dir zeigen will 13,5×21,5cm
Penguin Mai 2024, Hardcover, 400 Seiten, € 24,00

 

 

 

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