Mathijs Deen – Die Lotsin

2022 erschien Mathijs Deens erster Krimi „Der Holländer“ und war gleich ein großer Erfolg. Dabei wollte Deen eigentlich gar keine Krimis schreiben. Ein wenig ist das den Nachfolgebänden „Der Taucher“ und „Der Retter“ anzumerken. Denn auch wenn sie jeweils spannende Kriminalfälle schildern, ist ihnen die Charakterzeichnung und der Schauplatz – das Wattenmeer der Nordsee – wichtiger. Auch in Die Lotsin nähert sich Mathjis Deen ganz langsam seinen Figuren und lässt dem Meer viel Raum. Diesmal ist neben Schauplätzen in Kiel, Helgoland, Cuxhaven, Grönland und Texel das Schiff Anthropocene Schauplatz des Geschehens.

Das Buch startet mit einem Prolog, der im November 2012 die Mutter des den Deen-Leser:innen bekannten Ermittlers Liewe, Anna Cupido, zur Notarin führt. Sie will ihr Testament machen, um späteren Streit zwischen ihren beiden Kindern zu vermeiden. Man merkt hier bereits, dass neben dem Kriminalfall erneut die Familie von Liewe Cupido ins Blickfeld des Romans gerückt wird.

Danach geht es aber im August 2017 in Grönland weiter, direkt hinein in ein Ice-Core Projekt. Forschende aus aller Welt arbeiten hier an der Untersuchung von Eis-Bohrkernen, um Informationen über vergangene Klimaperioden zu erhalten. Es geht also direkt hinein in das neuerdings leider wieder umstrittene Gebiet der Klimaforschung.

Die Glaziologin Iona Grimbert-Tauber vom Kieler GEOMAR-Institut arbeitet in der Forschungsstation an Erkenntnissen für den UN-Bericht über den Zustand des Klimas, den IPCC-Report. Auf Social Media und in rechten Kreisen hat sie das bereits zum Ziel von Hasskampagnen gemacht, die sie und ihre Arbeit belasten. War das der Grund, weswegen sie während eines Whiteouts wider besseren Wissens die Station verlässt und fast erfriert? Der zuständige Arzt will kein Risiko eingehen und schickt sie nach Hause. Auf Island soll sie zusammen mit einem Fotografen an Bord der Anthropocene gehen, auf der Ionas Mann der Erste Offizier ist. Eine Entscheidung, die von keinem der Beteiligten gewünscht zu sein scheint. Und dann passiert das Drama: Iona verschwindet eines Nachts von Bord, das Schiff wendet in einem Mann-Über-Bord-Manöver, zögert aber sehr lange bis zum Absetzen eines Notrufs. Was geschah an Bord? Unfall, Selbstmord oder gar Mord?

Hier setzt Mathjis Deen mit Die Lotsin ein. Die Bad Bramstedt, das Patrouillenschiff der Bundespolizei See, eilt zur Anthropocene. An Bord Xander Rimbach, Bundespolizist und Kollege von Liewe Cupido. Tatsächlich tritt Cupido selbst erst nach über 100 Seiten in Erscheinung. Zunächst also Bühne frei für Xander Rimbach, der den Lesenden zunehmend sympathisch wird. Ihm erscheint so einiges merkwürdig an dem Fall.

Dann Auftritt Anne Kat. Sie ist die titelgebende Lotsin, die die freigegebene Anthropocene im aufgekommenen Sturm in den Hafen von Helgoland führen soll. Dafür wird sie in einem waghalsigen Manöver aus einem Helikopter auf das Schiff abgeseilt. An Bord bricht sie sich allerdings fast direkt eine Rippe – und verschwindet aus der Geschichte. Interessant, denn sie gibt dem Roman ja den Titel.

Langsam und leise nähert sich der Roman dem Geschehen, gibt den Figuren und dem Meer viel Raum. Es geht um Klimaforschung, das Verschwinden des Eises und des Kabeljaus, verletzte Eitelkeit und männliche Egos. Und um Cupidos Familie. Was vor vielen Jahren an Bord des Schiffs von Liewe Cupidos Vater geschah, als dieser von Bord ging und ertrank, etwas das sich Liewe sein Leben lang vorgeworfen hat, das große Geheimnis, wird auch diesmal nicht ganz gelöst. Das macht Hoffnung auf einen weiteren Fall der wunderbar atmosphärischen, ruhigen Krimis von Mathjis Deen.

 

Beitragsbild by Pedemann, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

 

Mathijs Deen - Die Lotsin.

Mathijs Deen – Die Lotsin
Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke
Mare verlag August 2025, gebunden, 368 Seiten, 23,00 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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